Hamburgs Coach Bruno Labbadia lässt offen, wie er in der morgigen Partie (18.30 Uhr) die Ausfälle seiner Stürmer kompensieren will.

Hamburg. Die Spuren des Vorabends waren gestern Mittag an der Nordbank-Arena nicht zu übersehen. Überall klebten Arbeiter Nationalmannschaftsposter über, tauschten DFB- und HSV-Logos aus und hingen Deutschlandflaggen ab, um an gleicher Stelle die schwarz-weiß-blauen Fahnen zu hissen. Die Folgen des blamablen Unentschiedens der deutschen Nationalelf gegen Finnland sollten möglichst schnell bereinigt, die Vorfreude auf das Topspiel Hamburgs gegen Leverkusen dafür geschürt werden. Und auch HSV-Trainer Bruno Labbadia war äußerst bemüht, verbal die Werbetrommel für das Spiel seines neuen gegen seinen ehemaligen Klub zu rühren: "Man muss sich einfach auf so eine Partie freuen, wenn der Tabellenführer auf den Verfolger trifft."

Ähnlich wie die vielen fleißigen Arbeiter an der Arena steht auch Hamburgs Trainer vor dem Topspiel des Wochenendes vor umfassenden Auf- und Umräumarbeiten. Durch die verletzungsbedingten Ausfälle seiner Abteilung Attacke (Paolo Guerrero und Mladen Petric), die es noch mindestens bis zur Rückrunde zu ersetzen gilt, erwägt Labbadia erstmals sein bislang bewährtes 4-4-2-System in eine 4-2-3-1-Taktik mit nur noch einer Spitze, dafür aber drei offensiven Mittelfeldspielern zu ändern. "Ich habe mich noch immer nicht entschieden", beantwortet der 43-Jährige die Systemfrage mehr oder weniger befriedigend.

Fragt man bei Stürmer Marcus Berg nach, der nach seinem Treffer in der WM-Qualifikation für Schweden gegen Albanien gestern mit breiter Brust aus Stockholm zurückkam, stellt sich die Systemfrage vor dem Bayer-Spiel nur bedingt: "Als alleinige Spitze ist es für einen Angreifer natürlich schwieriger. Außerdem darf man nicht vergessen, dass wir im 4-4-2-System eingespielt sind." Und obwohl sich Labbadia bis zum Anpfiff alle Optionen offen lassen möchte ("Wir müssen taktisch variabel sein"), gilt es als wahrscheinlich, dass der Taktiker doch wieder auf sein Lieblingssystem 4-4-2 setzt, um mit Bayer Leverkusen die beste Abwehr der Liga (fünf Gegentore) zu knacken.

Spätestens seit 1993 ist Taktik für Labbadia nicht nur Mittel zum Zweck, sondern eine Art Passion. Damals sah sich Labbadia, der heutzutage für den Systemfußball des FC Barcelona schwärmt, wie andere von einem Opernbesuch, das Europapokalfinale zwischen dem AC Mailand und Olympique Marseille im Münchner Olympiastadion an. Die Partie, die durch ein Tor Basile Bolis 1:0 für die Franzosen endete und als eins der langweiligsten Endspiele in die Europapokalgeschichte einging, faszinierte den damals 27-Jährigen nachhaltig. "Ich war begeistert von der taktischen Disziplin, mit der beide Mannschaften zu Werke gingen", erklärt er seine damalige Begeisterung heute.

Seinen Spielern versucht Labbadia seit seinem ersten Tag als HSV-Trainer diese Passion für taktische Spielsysteme in der täglichen Trainingsarbeit näherzubringen. Kaum ein Bundesligatrainer lässt derart häufig Rasenschach trainieren wie Labbadia. "Nur Bundestrainer Joachim Löw ist taktisches Training ähnlich wichtig wie Labbadia", staunte Piotr Trochowski im Sommer bereits nach wenigen Tagen unter Labbadia. Der Nationalspieler, der in den vergangenen beiden Spielen wegen einer Grippe zunächst auf der Bank Platz nehmen musste, ist in Labbadias taktischen Überlegungen ein Schlüsselspieler. Gegen Bayer Leverkusen könnte der 25-jährige ähnlich wie zuletzt in der Nationalmannschaft im zentralen Mittelfeld hinter der einzigen Spitze oder doch wieder auf dem Flügel zum Einsatz kommen. "Ich spiele gerne hinter den Spitzen. Gegen Leverkusen könnte ich mir das schon vorstellen, zumal es mir entgegenkommt, dass Bayer im Gegensatz zu Finnland auch selbst offensiv spielt", sagt Trochowski.

Endgültig für ein System und eine Startaufstellung festlegen will sich Labbadia erst heute Abend. Schließlich hat sich auch Marseilles früherer Trainer Raymond Goethals nicht für die Taktik, mit der er Mailand im Landesmeisterfinale 1993 zur Strecke brachte, an nur einem Tag entschieden. Um aber ähnliche Erfolge wie der 2004 verstorbene Belgier zu feiern, bedarf es natürlich mehr als nur einer wohl überlegten Taktik. Ein Sieg im morgigen Spitzenspiel gegen Bayer Leverkusen wäre aber schon mal ein Anfang.

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