Ausgerechnet vor dem Top-Spiel am Sonnabend gegen die Bayern zeigte sich der HSV in Osnabrück von seiner schlechtesten Seite.

Hamburg. Die Worte klangen markant. "Unser Selbstvertrauen ziehen wir aus der Tabellenführung. Wir gehen als Erster in das Spiel gegen den FC Bayern München", sprach Bruno Labbadia gestern. So, als wolle der HSV-Trainer vor dem Gipfel-Duell gegen den Rekordmeister in der HSH-Nordbank-Arena (18:30, Sky live) die tiefe Frustration nach dem Pokal-Aus in Osnabrück (5:7 nach Elfmeterschießen) mit aller Macht wegreden.

Auch Mladen Petric, der den entscheidenden Elfmeter in Osnabrück an den Pfosten gesetzt hatte, versuchte sich in Optimismus: "Die Stimmung in der Mannschaft ist natürlich nicht gut. Aber wir wissen, dass wir vor ein paar Wochen guten Fußball gespielt haben. Und das macht uns zuversichtlich."

Es ist ein schwieriger Spagat. Zwischen großer Enttäuschung und dem Hoffen auf den nächsten Aufschwung. Und es ist vor allen Dingen ein Rätsel: Wie kann es sein, dass der Bundesliga-Spitzenreiter in der Dritten Liga ausscheidet - trotz einer 3:2-Führung in der Verlängerung?

Eine wirkliche Antwort hatte auch gestern beim HSV niemand. Während manche wie Dennis Aogo und Trochowski sich nicht mehr äußern wollten. haben andere keine Antworten mehr - sondern nur noch Fragen. "Was soll ich sagen?", ist alles, was beispielsweise Marcus Berg zu seiner erneuten Minusleistung erklärte. Klartext sprachen wie so oft nur Torwart Frank Rost und Vereinschef Bernd Hoffmann. Rosts Zorn zielte auf die Kollegen: "Auch bei uns wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Wenn man immer so viele Gegentore kassiert, wird es natürlich schwierig für uns. Man muss doch erst mal seine eigene Burg verteidigen." Und der Klubchef sorgt sich ums große Ganze: "Ich finde es absolut schrecklich, den Pokal so abzuschenken. Das sind Abende und Spiele, die nicht passieren dürfen. Das können wir nicht reparieren."

Rätsel HSV. Schließlich ist das Pokal-Aus symptomatisch für die Achterbahn-Saison. Konstant ist nur der Wechsel zwischen Glanzleistungen und enttäuschenden Auftritten. Dem enttäuschenden 1:1 in Freiburg folgte ein überragendes 4:1 gegen Dortmund in der Bundesliga, dem starken 3:1 über Stuttgart folgte die 0:3-Blamage bei Rapid Wien.

Die Ursachenforschung führt natürlich in Richtung Kader. Offensichtlich ist der HSV nicht in der Lage insbesondere die Ausfälle von Alex Silva, Collin Benjamin und insbesondere Paolo Guerrero zu kompensieren. Auf die Frage, ob seine Mannschaft nicht ausreichend breit aufgestellt ist, antwortete Labbadia nach dem Pokal-Aus: "Wenn man das Ergebnis sieht, muss man das leider annehmen."

Symptomatisch sind auch die Auftritte von Berg. Dem Tor gegen Dortmund und dem viel versprechenden Kurzauftritt beim VfL Wolfsburg in der Bundesliga konnte der junge Schwede nichts hinzusetzen und vergibt Hochkaräter in Massen. Allein Hoffmann beruhigt: "Marcus hat seine Anlaufprobleme, das kann man nicht kleinreden. Aber wir sind uns sicher, dass er die Kurve kriegt und zeigt, was er kann und warum wir ihn geholt haben. Vielleicht ja schon mit einem Treffer gegen die Bayern."

Das wäre morgen. Wenig Zeit für Petric und Co., die sich um ihren Teamkameraden bemühen. "Man spürt, dass er nicht vor Selbstvertrauen strotzt", sagt der Kroate, der seit der Verletzung Guerreros im Angriff den Alleinunterhalter gibt. Ob der HSV sogar ein Sturmproblem hat? "Nein", wehrt Petric kategorisch ab, "wir machen uns die Probleme nur selbst."

Und das vor dem Spitzenspiel Erster gegen Dritten. "Es kommt die Mannschaft mit dem besten Kader, den größten Ambitionen - der Meisterfavorit", fasst Labbadia zusammen. Welche Fehler abgestellt werden müssten? Labbadias Antwort: "Wir lassen Konsequenz vermissen."

Immerhin: Die Chancen für den Einsatz von Zé Roberto (Wadenprobleme) stehen gut. Sein Kommentar zum Osnabrück-Debakel: "Das war scheiße Spiel. Aber in Bundesliga sind wir Erster. Alles andere müssen wir vergessen." Niederlagen-Amnesie? Klingt auch wie des Rätsels Lösung.

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