Nach Beiersdorfers Aus als Sportchef trat auch der Ex-Profi nach nur einem Jahr als Nachwuchschef zurück. Jetzt spricht er offen über die Gründe.

Abendblatt: Herr Todt, warum sind Sie nach Dietmar Beiersdorfers Aus als Sportchef als Nachwuchschef zurückgetreten?

Jens Todt: Es muss schon ein Grundvertrauen der Vereinsführung in die Arbeit geben. Gegen Ende der Saison war dieses Vertrauen wohl von beiden Seiten nicht mehr groß genug. Ich habe die Kritik an unserer Nachwuchsarbeit für zu undifferenziert gehalten. Dennoch finde ich es sehr schade, dass dieses Kapitel nun für mich beendet ist. Aber ich habe es für die beste Lösung gehalten.

Abendblatt: Vereinschef Bernd Hoffmann soll die Nachwuchsarbeit angesichts der hohen Kosten intern hart kritisiert haben.

Todt: Ich habe das so nie gehört, dafür umso häufiger gelesen. Ich muss eines hier mal klarstellen: Es ist doch ein völlig normaler Vorgang, dass Kosten hinterfragt werden. Damit habe ich überhaupt kein Problem. Ich bin weder empfindlich noch benötige ich eine Kuschel-Atmosphäre. Aber es sollte Einigung über einen gemeinsamen Kurs für die Zukunft geben. Diesen gemeinsamen Kurs gab es am Ende aber leider nicht mehr.

Abendblatt: Ihr Rücktritt als Nachwuchschef kam überraschend. Hätte man sich nicht früher an einen Tisch setzen und über die offensichtlichen Probleme reden können und müssen?

Todt: Solche Gespräche und Analysen hat es ja gegeben. Außerdem war ich täglich im Dialog mit Dietmar Beiersdorfer, teilweise sogar mehrmals täglich. Offene Baustellen gibt es immer, aber ich dachte, dass wir mit unserer Arbeit auf einem richtig guten Kurs sind und bin auch immer noch überzeugt davon. Leider sehen das offenbar nicht alle so.

Abendblatt: Der vermeintlich niedrige Ertrag bei sehr hohem Aufwand ist Hauptkritikpunkt.

Todt: Wie definieren Sie Ertrag? Es hat in der vergangenen Saison Angebote in siebenstelliger Höhe für Nachwuchsspieler gegeben. Müsste unsere Arbeit besser bewertet werden, wenn wir diese Spieler verkauft hätten? Wohl kaum. Im nationalen und internationalen Vergleich haben HSV-Talente noch nie eine solch gute Rolle gespielt wie derzeit. Ob diese Talente dann tatsächlich in den Profibereich vorstoßen, hängt neben vielen anderen Faktoren auch vom Selbstverständnis eines Vereins ab. Der HSV kann stolz auf seine Nachwuchsspieler sein; ich bin es auf jeden Fall. Im Übrigen betreibt der HSV finanziell einen ähnlich hohen Aufwand wie vergleichbare Konkurrenzvereine.

Abendblatt: Nach Ihnen, Dietmar Beiersdorfer und Scout Bernd Legien sollen noch weitere Mitarbeiter aus der Scoutingabteilung und aus dem Nachwuchsbereich das Weite suchen wollen. Was ist also noch zu befürchten?

Todt: Davon habe ich bislang noch nichts gehört, und ich erwarte auch von keinem Mitarbeiter der Nachwuchsabteilung, dass er sein Engagement beim HSV beendet. Im Gegenteil: Ich wünsche mir, dass meine Mitarbeiter ihre gute Arbeit fortsetzen.

Abendblatt: Und wie geht es für Sie weiter?

Todt: Zunächst einmal werde ich mit meiner Familie Urlaub machen. Sie ist im vergangenen Jahr ohnehin viel zu kurz gekommen. Darüber hinaus stehe ich meinem Nachfolger, wenn er denn gefunden ist, natürlich uneingeschränkt zur Verfügung, sollte es offene Fragen geben. Ich möchte einen geordneten Übergang garantieren, schließlich liegt mir viel am HSV. Was ich anschließend mache, wird man sehen. Ich möchte gern im Fußball bleiben.