Der Ex-Münchner soll Chef im Mittelfeld werden. Bei seiner Ankunft im Trainingslager sprach er über seine Ziele. Die sind ambitioniert.

Längenfeld. Um kurz nach 18 Uhr wurde auch Guy Demel so langsam unruhig. "Und, ist der neue Superstar noch nicht da?", fragte der HSV-Defensivallrounder scherzhaft die seit Stunden in der Lobby des Mannschaftshotels Aqua Dome wartenden Medienvertreter. Aber der auch von knapp 20 Fans sehnlich erwartete Neuzugang Zé Roberto ließ sich weiter nicht blicken. Im regelmäßigen Abstand klärte HSV-Pressechef Jörn Wolf die bereits unruhig werdenden Journalisten über den aktuellen Autobahn-Aufenthalt des Brasilianers auf: 200 Kilometer vor Längenfeld um 16 Uhr, noch 70 Kilometer um 18.30 Uhr. Als die meisten Anhänger bereits enttäuscht von Dannen zogen, kam er dann doch noch. Um 19.37 Uhr fuhr Zé Roberto gemeinsam mit Berater Christian Butscher im weißen Audi Q7 vor das Hotel und grinste die erleichterten Fotografen mit einem spitzbübischen Lächeln an. Ein echter Brasilianer kommt eben gerne später.

Dass sich das lange Warten auf den neuen Hoffnungsträger - gestern ganz leger in schwarzem T-Shirt, grauer Jeans, weißen Turnschuhen und mit Brille - gelohnt hat, will der ehemalige Bayernstar in der kommenden Saison unbedingt unter Beweis stellen. "Ich habe noch viel mit dem HSV vor. Mein Ziel ist es, möglichst innerhalb der nächsten zwei Jahre den Uefa-Cup zu gewinnen und in die Champions League einzuziehen", sagte Zé Roberto, kurz bevor er sich erstmals ausführlich mit Trainer Bruno Labbadia austauschen konnte. Der 84-fache Nationalspieler, der in den ersten acht Jahren seiner Bundesligakarriere für Bayer Leverkusen und Bayern München auf der linken Abwehr- und Mittelfeldseite spielte, soll der neue Chef im defensiven HSV-Mittelfeld werden. "Zé ist ein herausragender Fußballer, der gerade unsere jungen Spieler führen kann", lobte Labbadia seinen Neuzugang noch vor dessen erster Trainingseinheit mit der Mannschaft.

Heute will der tiefgläubige Brasilianer erstmals mit seinen neuen Kollegen, von denen er Marcell Jansen, Piotr Trochowski und Paolo Guerrero noch aus gemeinsamen Bayern-Tagen kennt, auf dem Platz stehen. "Ich mag Saisonvorbereitungen sehr gerne. Ich brauche diese Zeit für mein Spiel", sah Zé Roberto mit Vorfreude seiner ersten Einheit im HSV-Dress entgegen. Überhaupt scheint der am vergangenen Montag 35 Jahre alt gewordene Fußballer seiner Zeit in Hamburg entgegenzufiebern: "Ich habe so viel Positives über die Stadt gehört, dass ich mich darauf freue, sie endlich auch zu entdecken." Ehefrau Luciana und seine drei Kinder werden bis zum Ferienende in Brasilien bleiben, im August dann in der früheren Wahlheimat in München Zwischenstation machen und nach erfolgreicher Haussuche schnellstmöglich dem Familienoberhaupt in die Hansestadt folgen. "Meine Familie ist mir sehr wichtig. Sie gibt mir die nötige Kraft", erklärt der Oldie das Geheimnis seiner scheinbar ewigen Jugend. "Auch wenn ich noch nie ernsthaft verletzt war, will ich nicht spielen, bis ich 40 Jahre alt bin", sagte er lächelnd und klopfte dabei dreimal auf den Holztisch - in der Hoffnung, dass er auch weiterhin verletzungsfrei bleibt. Nun müsse der Neu-Hamburger aber los, mahnte Pressechef Wolf zur Eile, schließlich sei Zé mit Trainer Labbadia verabredet. Und den Trainer sollte selbst ein waschechter Brasilianer nicht zu oft warten lassen. Länger warten müssen Hamburgs Fans auch auf den ebenfalls gesuchten und womöglich bereits gefundenen neuen Stürmerstar.

Wunschkandidat Marcus Berg absolvierte zwar gestern bereits seinen Medizincheck in Hamburg, verabschiedete sich anschließend allerdings in den Angelurlaub nach Schweden anstatt zum HSV nach Längenfeld zu fliegen. Obwohl sich der 22-Jährige mit den Hamburgern über einen Fünfjahresvertrag grundsätzlich einig ist, könnte das Geschäft immer noch platzen. Zum einen fordert Groningens sportliche Leitung, die über die sportärztliche Untersuchung Bergs nach eigenen Angaben nicht informiert war, mehr als die zunächst kolportierten zehn Millionen Euro Ablöse, zum anderen will HSV-Chef Bernd Hoffmann gerne erst mal einen Ersatz für den verletzen Silva (siehe Artikel unten) finden. Berg selbst will zunächst mit Trainer Labbadia sprechen, was ebenfalls noch gewisse Zeit dauern könnte. Das Mobiltelefon des Schweden war nach dessen Medizincheck jedenfalls den restlichen gestrigen Tag ausgeschaltet. Aber sich in Geduld zu üben, hat Labbadia beim HSV schon längst gelernt.