Die Familie hatte HSV-Neuzugang Elia “körperliche Gewalt“ angedroht, wäre er zu Ajax Amsterdam gewechselt. Der Grund liegt Jahre zurück.

Hamburg. Schenkt man den Worten Eljero Elias Glauben, dürfen Hamburgs Offizielle heilfroh sein, dass ihr jüngster Transfercoup großen Wert auf seine große Familie legt. Die, so erzählte der 22-Jährige kurz nach seiner Ankunft im Trainingslager in Längenfeld freimütig, hätte ihm ernsthafte gesundheitliche Schäden zugefügt, wäre er statt zum HSV doch zu Ajax Amsterdam gewechselt. Der Klub vom früheren HSV-Trainer Martin Jol habe zwar bis zuletzt verbissen um seine Dienste gebuhlt, doch lehnte der Familienrat einen Wechsel zum niederländischen Topklub kategorisch ab. Der Grund hierfür ist in Elias' Jugend zu finden, als er als 14-jähriger Nachwuchsfußballer "wegen Perspektivlosigkeit" aus der Ajax-Schule flog.

Was für einen großen Fehler der holländische Hauptstadtklub da vor acht Jahren begangen hat, deutete der offensive Mittelfeldmann bereits beim ersten Get-together mit seinen neuen Kollegen auf dem gut gepflegten Trainingsplatz in unmittelbarer Nähe zum Mannschaftshotel Aqua Dome an. Äußerlich wirkte der Neu-Hamburger mit dem schwarzen Flaum über dem Kinn zwar mehr wie ein Balljunge denn ein Fußballstar - anders auf dem Rasen. Zwar gelang längst nicht alles, aber auch so hinterließ er einen guten Eindruck. Elia wirbelte über den Rasen, als ob er noch an seinem ersten Tag beweisen wollte, dass die knapp neun Millionen Euro Ablösesumme gut investiertes Geld sind. Elia: "Im Spiel mache ich gerne verrückte Sachen, laufe am liebsten die linke Seite rauf und runter."

Einen Vorgeschmack, was ihn in der Hansestadt erwartet, hatte Elia bereits vor einem halben Jahr bekommen. Auf Einladung des HSV guckte sich der niederländische Nationalspieler den Rückrundenauftakt gegen den FC Bayern München in der Nordbank-Arena an - und war restlos begeistert: "Als das Tor von Petric gefallen ist, hat mich mein Sitznachbar, ein älterer Herr, umarmt. Das war ein unglaubliches Erlebnis für mich." Der Stadionbesuch hinterließ einen so nachhaltigen Eindruck, dass Elia zunächst Enschedes Trainer Steve McClaren und anschließend seine mittlerweile hochschwangere Ehefrau Sanna, seine Eltern, die beiden Brüder und seine Schwester über den Entschluss, nach Hamburg zu wechseln, informierte. Nachdem ihn sowohl Trainer als auch Familie in seiner Entscheidung bestärkten, gab es für Elia kein Halten mehr: "Ich hatte auch mehrere Angebote aus der Premier League, aber ich wollte nur noch zum HSV."

Da passte es gut, dass auch die Hamburger ganz verrückt nach dem Jungstar von Twente Enschede waren. Labbadia traf sich am Rande des Länderspiels der Niederlande gegen Norwegen mit Elia in Rotterdam, um eventuelle Restzweifel seines Wunschstürmers zu beseitigen. "Er sagte mir, dass er mich schon beobachtet hatte, als er noch in Leverkusen tätig war. Und, dass er mich unbedingt nach Hamburg holen wolle." Labbadia hielt Wort und ließ das begehrte Toptalent, das in Den Haag aufgewachsen ist, nicht mehr von der Leine. "Eljero ist wahnsinnig schnell und kann im Spiel Eins-gegen-eins-Situationen lösen wie kaum ein anderer", schwärmt er.

In Längenfeld, wo sich Elia ein Hotelzimmer mit Kumpel Romeo Castelen teilt, soll sich der in den Niederlanden als bester Nachwuchsspieler der vergangenen Saison ausgezeichnete Fußballer zunächst einmal an alles gewöhnen. "Wir wollen keinen Druck auf ihn ausüben", sagt Labbadia. Schließlich habe der HSV viel Geld investiert, weil man in Elia einen hochveranlagten Perspektivspieler sehe. Eine Perspektive, die man in Elias Heimat wohl etwas zu spät entdeckte.