Aufsichtsratsmitglied Debatin stellt sich vor Hoffmann und kritisiert Transferpolitik.

Hamburg. - Nach der Trennung von Sportchef Dietmar Beiersdorfer gab es scharfe Kritik außerhalb und innerhalb des HSV an dem Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann. Aufsichtsratsmitglied Prof. Jörg F. Debatin, Ärztlicher Direktor des UKE, hat dafür kein Verständnis: "In der Öffentlichkeit ist ein völlig falsches Bild entstanden." Gegenüber dem Abendblatt macht Debatin seine Sicht der Dinge deutlich: "Eigentlich wollte ich dies nicht. Aber es ist mir und vielen meiner Aufsichtsratskollegen wichtig, dass manches richtiggestellt wird."

Debatin sagt über ...

... die Gründe der Trennung von Dietmar Beiersdorfer: "Zunächst bleibt festzuhalten, dass Dietmar Beiersdorfer ein Super-Typ ist, der sehr viel für den HSV getan hat. Er ist aber nicht das Opfer, zu dem er sich in der Öffentlichkeit gemacht hat - vielmehr ist der HSV Opfer seiner Starrsinnigkeit zur Unzeit. Es ging gar nicht um die Frage, ob der Aufsichtsrat ihn rauswerfen will oder nicht.

Es ging um die Art, wie er seine Amtsführung definiert hat. Herr Beiersdorfer beharrte darauf, für den sportlichen Bereich exklusiv verantwortlich zu sein. Er wollte sich offenbar von seinen Vorstandskollegen nicht in die Karten schauen lassen. Das entspricht nicht meiner Vorstellung einer erfolgreichen Vorstandsarbeit. Ähnlich wie auf dem Fußballplatz geht es auch in einem Vorstand nur 'gemeinsam'. Da muss man auch die Kraft haben, sich kritischen Fragen zu stellen. Als klar wurde, dass er sich mit seiner Einstellung nicht durchsetzen konnte, hat Herr Beiersdorfer die Trennung forciert. Da hatte der Aufsichtsrat überhaupt keine Wahl mehr."

... die Transferpolitik: "Zwei Wochen vor dem Trainingsauftakt mussten wir im Aufsichtsrat feststellen, dass noch nicht ein einziger Transfer als perfekt gemeldet wurde. Damit wurden die Zielvorgaben verfehlt. Denn der Aufsichtsrat hatte den Finanzrahmen für Neueinkäufe dieses Mal bewusst bereits vor Wochen freigegeben, um zu verhindern, dass wir noch einmal in eine Situation wie im Winter kommen. Damals hatte der HSV in der letzten Minute, ja fast in der letzten Sekunde neue Spieler verpflichtet. Klar ist doch, dass Topspieler auf den letzten Drücker schwierig zu bekommen sind. Dennoch ist nichts geschehen. Dies verunsichert auch unsere jetzigen Spieler. Die möchten wissen, mit wem sie in der nächsten Saison die hochgesteckten Ziele erreichen sollen."

... den Vorwurf, Bernd Hoffmann habe Defizite in der Personalführung: "Es geht hier nicht um einen Beliebtheitswettbewerb. Als Aufsichtsrat messe ich den Vorstand an Ergebnissen. Und die waren in der letzten Saison gut, dennoch hat der Endspurt Fragen aufgeworfen, die beantwortet werden müssen."

... den Vorwurf von Sportchef Beiersdorfer, der HSV verliere ein Stück seiner Seele:

"Die Seele des HSV definiert sich über Tradition, Fans, Mannschaft und vor allem sportliche Erfolge. Insgesamt muss man für die letzten Jahre feststellen, dass der HSV an Seele deutlich gewonnen hat."

... die Kritik, der Aufsichtsrat bestehe mehrheitlich aus Jasagern: "Darüber kann ich nur schmunzeln. Glauben Sie ernsthaft, uns fehlt das Selbstbewusstsein, die Arbeit des Vorstands zu hinterfragen? Als Aufsichtsrat zählt für mich vor allem die Leistung in allen Vorstandsbereichen. Voraussetzung für Erfolg ist Transparenz und Kritikfähigkeit aller Beteiligten. Um es klar zu sagen: Wir verwenden die gleiche Messlatte für alle Mitglieder des Vorstands. Wenn Herr Hoffmann das gleiche Amtsverständnis wie Herr Beiersdorfer hätte, wäre er für mich ebenfalls nicht tragbar."