Wechselt der Schweizer Lucien Favre von Hertha BSC zum HSV? Hertha-Manager Dieter Hoeneß hat eine klare Meinung.

Hamburg. Das Trainerkarussell dreht sich immer rasanter. Nach dem überraschenden Abschied von Christoph Daum, der vom 1. FC Köln zu Fenerbahce Istanbul wechselt (siehe Bericht rechts), haben bereits sieben der 18 Bundesligaklubs für die Saison 2009/10 ihre Übungsleiter "verloren", genau wie die beiden Absteiger Cottbus und Bielefeld - und die Tendenz ist weiter steigend.

Nummer acht wird voraussichtlich noch in dieser Woche HSV-Kandidat Bruno Labbadia sein, auch wenn es beim gestrigen Krisengipfel in Leverkusen mit dem Trainer noch zu keinem offiziellen Ergebnis gekommen ist: "Wir haben am Montag und Dienstag zu teilweise unchristlichen Zeiten Gespräche geführt - und es besteht weiter Gesprächsbedarf", sagte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser. "Wir müssen auch mit den Gremien (dem Gesellschafter-Ausschuss, d. Red) sprechen. Vor Ende der Woche ist mit keiner Entscheidung zu rechnen. Wir haben keinen Zeitdruck. Es ist immer eine Option, dass Labbadia bleibt."

Wohl nur eine aus taktischen Gründen geäußerte Worthülse, schließlich sind die Gräben zwischen Trainer und Spielern zu groß. Tranquillo Barnetta hat verlauten lassen, dass er unter einem Trainer Labbadia nicht bleiben will, und kokettiert mit einer Anfrage aus Stuttgart. Das Verhältnis zu Nationalspieler Bernd Schneider, der nach dem Pokalfinale einen Rücktritt erwog, ist ebenfalls am Boden.

Dass die terminlichen Ankündigungen von Bayer mit denen des HSV korrespondieren, ist laut Holzhäuser "Zufall. Ich habe heute jedenfalls nicht mit Hamburg gesprochen."

Dass sich Bayer Zeit lässt, hat vermutlich zwei Ursachen: Einerseits kann die Klubführung in Verhandlungen mit möglichen Nachfolgern wie Dänemarks Nationaltrainer Morten Olsen treten, andererseits spielt das starke HSV-Interesse an Labbadia den Bayer-Verantwortlichen in die Karten. Mussten sie bis vor wenigen Tagen noch davon ausgehen, dass bei einer Trennung von Labbadia eine Abfindung fällig würde, könnten die Leverkusener nun sogar mit einer Ablösesumme spekulieren.

Die Identität aller Teilnehmer an dieser komplexen Pokerpartie war bisher noch nicht bekannt, doch nach Abendblatt-Informationen gehört auch Herthas Trainer Lucien Favre zum Kandidatenkreis beim HSV.

In der Hauptstadt ist die Erwartungshaltung sehr hoch, nachdem die Berliner bis zum Saisonende um die Meisterschaft mitspielen konnten. Doch Favre glaubt offenbar, dass er bei Hertha das Maximum erreicht hat. "Wenn Hertha um Rang drei bis acht spielen kann, ist das ein Wunder", sagte der Trainer der "Sonntags-Blick" (Schweiz). Laut "BZ" müssen die Personalkosten in der kommenden Saison von 33 auf 28 Millionen Euro gesenkt werden und ein Transferüberschuss von fünf Millionen Euro erwirtschaftet werden.

Zwar steht Favre in Berlin noch bis zum Juni 2011 unter Vertrag, doch wie wenig Kontrakte wert sind, hat Martin Jol vor wenigen Tagen eindrucksvoll bewiesen. Und noch ein Schweizer ist ein Wechselkandidat: Der Bochumer Marcel Koller soll beim FC Basel Nachfolger von Christian Gross werden, der in der Vorwoche entlassen wurde.

Dieter Hoeneß, Manager von Fußball-Bundesligist Hertha BSC, hat einem vorzeitigen Abgang von Trainer Lucien Favre derweil eine Absage erteilt. „Ob nun Hamburg oder irgendein anderer Club anfragt, Lucien Favre besitzt in Berlin einen Vertrag bis 2011. Wir haben zusammen noch sehr viel vor“, sagte Hoeneß der „B.Z.“ (Mittwoch).

DFB-Sportdirektor Matthias Sammer sieht die aktuelle Kündigungswelle von Trainern mit Sorge. Für die Vorbildwirkung habe der Vertragsbruch von Trainern wie Christoph Daum oder Martin Jol "verheerende" Folgen, sagte Sammer der dpa.

Für Spieler und Berater sei künftig "Tür und Tor geöffnet, sich nicht mehr moralisch an Vereinbarungen zu halten". Zudem befürchtet Sammer einen Schaden für das Traineramt in der Bundesliga. "Was jetzt passiert, trägt nicht zur Stärke, Autorität und Kontinuität auf der Trainerposition bei."