Der dritte vorzeitige Trainer-Rückzug aus der Fußball-Bundesliga innerhalb einer Woche hat in der Branche heftige Kritik ausgelöst und das Personalkarussell auf Hochtouren gebracht.

Düsseldorf. Nach der unerwarteten Demission von Christoph Daum beim 1. FC Köln stehen sieben Clubs vor Beginn der neuen Spielzeit vor einem Neuanfang, möglicherweise kommt Bayer Leverkusen als achter Verein hinzu. Das ist die höchste Zahl seit über 20 Jahren. Vor der Saison 1978/1979 starteten gar elf Vereine mit einem neuen Coach in die Saison. Fündig wurden bislang lediglich Meister VfL Wolfsburg (Armin Veh), Bayern München (Louis van Gaal) und der FC Schalke 04 (Felix Magath).

DFB-Sportdirektor Matthias Sammer kritisierte den neuen Trend, dass sich Trainer nun plötzlich nicht mehr an Verträge gebunden fühlen. „Für die Vorbildwirkung hat es verheerende Auswirkungen auf die Spieler und deren Umfeld. Da ist argumentativ Tür und Tor geöffnet, sich nicht mehr moralisch an Vereinbarungen zu halten“, sagte Sammer der Deutschen Presse-Agentur dpa am Dienstag.

Auch der frühere Meistertrainer Ottmar Hitzfeld zeigte sich verwundert über die Entwicklung. „Ich bin gespannt, was Felix Magath einem Spieler antworten wird, der sagt: Ich habe einen Vertrag, will aber trotzdem weg“, sagte Hitzfeld in einem Interview der Tageszeitung „Die Welt“ (Dienstag-Ausgabe). Allerdings ist im Fall Magath unklar, ob der Erfolgscoach bei seinem Wechsel von Meister VfL Wolfsburg zum FC Schalke 04 tatsächlich vertragsbrüchig geworden ist.

Sammer erkennt eine deutliche Trendwende in der Beziehung zwischen Fußball-Lehrer und Arbeitgeber. „Früher hat man die Trainer mit Füßen getreten. Sie galten als das schwächste Glied in der Kette. Jetzt werden die Trainer in ihrer Denkweise selbstständiger, zeigen, dass sie Qualität haben und sich gewisse Dinge aussuchen können“, befand der DFB-Sportdirektor und sprach von einem Bumerang-Effekt. Beide Richtungen seien nicht gut. „Das, was jetzt passiert, trägt nicht zur Stärke und Autorität und Kontinuität auf der Trainerposition bei“, sagte Sammer.

Hitzfeld kritisierte auch die Personalplanungen vieler Clubs im Bereich der sportlichen Führung. „Das Rad dreht sich immer schneller. Jeder einzelne Vorgang muss differenziert gesehen werden, aber zu viele Aktionen scheinen mir von zu großer Panik dominiert“, sagte der ehemalige Bayern-Coach. Dabei zahle sich eine überschnelle Handlungsweise selten aus, betonte Hitzfeld.

Als bestes Beispiel hierfür gilt die hektische Trainerentlassung von Michael Frontzeck bei Arminia Bielefeld eine Woche vor Saisonschluss. Der als „Feuerwehrmann“ beauftragte Jörg Berger konnte den Abstieg der Ostwestfalen nicht mehr vermeiden. Auch das Ende der Zusammenarbeit zwischen Eintracht Frankfurt und Trainer Friedhelm Funkel nach fünf erfolgreichen Jahren wäre nicht zwingend notwendig gewesen. Beim Hamburger SV, bei Borussia Mönchengladbach und in Köln hingegen waren es die Trainer, die trotz laufender Verträge ihren vorzeitigen Rückzug nach dem Saisonfinale bekanntgaben.

„Es gab vorher keinerlei Anzeichen, dass Christoph Daum von seiner Kündigungs-Option Gebrauch machen möchte. Seine Entscheidung kam für uns völlig überraschend“, erklärte FC-Manager Michael Meier nach Daums Entschluss. Auch die Vereinsführung von Borussia Mönchengladbach wurde vom Rückzug Hans Meyers mehr oder weniger überrascht. Den Weggang von Martin Jol beim HSV hatten die Verantwortlichen ebenfalls nicht auf dem Plan.

Damit eröffnen sich für viele arbeitslose Trainer neue Job-Perspektiven. Gehandelt werden die branchenüblichen Namen wie Michel Skibbe, Mirko Slomka, Thomas von Heesen, Bernd Schuster und viele andere. Der frühere Schalker Slomka erklärte, er sei bereit. „Wir sind als Fußball-Lehrer dafür ausgebildet, in der Bundesliga zu arbeiten. Aber jetzt Spekulationen über andere Vereine zu eröffnen, macht keine Sinn“, sagte Slomka.