Vor einem Jahr wurde in letzter Minute dank eines 7:0 über den KSC doch noch der Uefa-Cup erreicht. Jetzt hoffen die Fans des HSV wieder. Und: Eintracht Frankfurt trennt sich von seinem Trainer.

Hamburg. Links hatte Martin Jol eine Frau um die 30 in den Armen, rechts den passenden Ehemann dazu, und dann lächeln; der Sohnemann fotografierte. Danach ging der HSV-Trainer zu einem kleinen Fan, nahm ihn ebenfalls in den Arm - und lächeln. Minutenlang ging es so. Mittendrin auch die Spieler. Paolo Guerrero ließ sich bereitwillig mit Kindern der HSV-Fußballschule ablichten. Volksfeststimmung beim HSV. Hunderte Anhänger waren gekommen, um das vorletzte Training der Saison zu erleben. Vergessen war die 0:1-Schmach gegen den 1. FC Köln, ganz offensichtlich ist auch die Tatsache, dass der Klub nun ohne Titel bleiben wird, kein Thema mehr. Zu den letzten 90 Minuten dieser Spielzeit, Sonnabend um 15.30 Uhr bei Eintracht Frankfurt, fahren sogar 10 000 Hamburger mit.

Die gute Laune des Trainers kann auch die Tatsache nicht kippen, dass mit Piotr Trochowski (Knöchel) und Marcell Jansen (Halsschmerzen) zwei Nationalspieler wahrscheinlich nicht gegen die Hessen werden spielen können. Alle nämlich hoffen auf ein neues Happy End. Wie 2008. Da standen vor dem letzten Spieltag vier Mannschaften mit jeweils 51 Punkten auf den Rängen vier bis sieben: Leverkusen, HSV, Wolfsburg, Stuttgart. Weil Leverkusen (0:1 gegen Werder) und Stuttgart (2:2 gegen Bielefeld) strauchelten und der HSV 7:0 gegen den KSC siegte, gab es doch noch ein nicht mehr für möglich gehaltenes Happy End, den Uefa-Cup-Start - nach einer vorausgegangenen Schwächeperiode.

Wie sich die Situationen gleichen. Zuletzt schwächelte der HSV auch in dieser Saison, und zwar gewaltig. Dortmund, Konkurrent um den fünften Platz, hat wie das Jol-Team 58 Punkte, aber das klar bessere Torverhältnis (plus 23, HSV plus 1). Wenn die Borussia in Gladbach gewinnen sollte, ist alles verspielt. Aber: "Unmöglich ist nichts", sagt Abwehrspieler Joris Mathijsen. Auch deshalb, weil der HSV endlich wieder einmal in der Woche pausierte. Angesagt waren Kraft schöpfen, durchpusten, Verletzungen auskurieren. Mathijsen: "Die kleinen Schmerzen sind jetzt weg." Gibt es deshalb einen versöhnlichen Saisonabschluss?

HSV-Trainer Martin Jol: "Es gibt nur eines für uns, wir müssen in Frankfurt gewinnen." Sollte es der HSV dennoch nicht schaffen, endet eine gute Saison total enttäuschend. Und damit auch schlecht? Jol: "Wenn man nicht alles gewinnt, kann man nicht sagen, dass es schlecht war. Es war ja keine schlechte Saison, wir haben nur den letzten Schritt nicht gemacht."

Das soll jetzt nachgeholt werden. Mit dem "Schrittmacher" Mönchengladbach. "Wichtig ist, dass wir gewinnen, dann bin ich mir sicher, dass wir es noch schaffen, denn Gladbach wird nicht verlieren", sagt HSV-Kapitän David Jarolim und begründet seine Zuversicht wie folgt: "Ich spüre wieder eine gewisse Spannung bei uns."

Unglücklich aber für den HSV, dass sich Eintracht Frankfurt nach dem Spiel am Sonnabend von Trainer Friedhelm Funkel trennen wird. Eine höchst ungewöhnliche Konstellation: 48 Sunden vor dem letzten Spieltag wird die Trennung bekannt gegeben, aber der Coach bleibt noch für einmal 90 Minuten. Konsequenz daraus: Die Eintracht-Profis, die bislang unzufrieden waren mit ihrem Trainer, könnten ihm nun beweisen wollen, wie es unter "normalen Umständen" gelaufen wäre - besser gelaufen wäre. So sieht es auch Dennis Aogo, der mit dem SC Freiburg und Trainer Volker Finke vor Jahren schon einmal Ähnliches erlebt hat: "Das ist sehr gefährlich, wir dürfen uns nicht überraschen lassen."

Für Jarolim steht indes fest: "Bringen wir unsere Leistung, nehmen wir auch die drei Punkte mit." Der Optimismus ist zum HSV zurückgekehrt. Ob dies auch für den Willen und das Glück gilt, wird sich am Sonnabend entscheiden.