Schweden besiegelt durch 3:1 gegen Australien das “doppelte Aus“ der deutschen Fußballerinnen bei der Heim-WM. Kritik an Neid nimmt zu.

Frankfurt/Main. Die Olympischen Spiele 2012 in London werden ohne die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft stattfinden. Einen Tag nach dem eigenen WM-Aus im Viertelfinale gegen Japan (0:1) besiegelten Schwedens Fußball-Frauen durch ihren Halbfinaleinzug am Sonntag gegen Australien (3:1) das vorzeitige Olympia-Aus für die DFB-Damen.

Nach dem überraschend frühen Scheitern bei der WM im eigenen Land lässt die Kritik an Bundestrainerin Silvia Neid nicht lange auf sich warten. Massive Wechselfehler, eine zu lange Vorbereitung und die öffentliche Demontage von Rekord-Nationalspielerin Birgit Prinz: Die 47-jährige Neid steht nach dem sensationellen Viertelfinal-Aus der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft bei der Heim-WM gegen Außenseiter Japan am Pranger.

"Warum wurde der Vertrag mit Silvia Neid ohne Not vor der WM verlängert? Ein Vertrag, der nun nicht mal mehr die Buchstaben auf dem Papier wert ist. Die Spielerinnen waren mental platt. Die monatelange Vorbereitung von Neid hat sich nicht ausgezahlt. Ganz im Gegenteil. Mannschaften wie Japan und Frankreich, die sich nur eine Woche auf die WM vorbereiten konnten, sind während des Turniers an uns vorbeigezogen“, sagte Trainer Bernd Schröder vom deutschen Meister Turbine Potsdam am Sonntag dem Sport-Informations-Dienst (SID).

Laut Schröder haben die zahlreichen Lehrgänge und Teambuilding-Maßnahmen dem deutschen Frauenfußball am Ende nur geschadet. "Wir sind bei der WM vorzeitig gescheitert und haben das Finale der Champions League verloren. Also haben wir in der Vorbereitung alles falsch gemacht. Der deutsche Frauenfußball steht nun mit leeren Händen da“, sagte der 78-jährige Schröder, der zudem einen Image-Schaden für den Frauenfußball befürchtet: "Das ganze Theater und Gerede von einer Euphorie und einem Boom, der sich auch auf die Bundesliga auswirken wird, ist jetzt erst einmal verstummt. Auf das Ausscheiden der deutschen Mannschaft war niemand vorbereitet. Jetzt herrscht Erklärungsnot.“

Kein Verständnis zeigte Schröder auch für die Wechsel von Neid bei der Niederlage gegen Japan. Warum in der zweiten Halbzeit weder Alexandra Popp noch Birgit Prinz das lange Zeit nicht vorhandene Offensivspiel beleben durften, blieb das taktische Geheimnis von Neid. "Alexandra Popp ist unberechenbar. Aber eine Viertelstunde vor Schluss kann sie auch nicht mehr viel bewegen. Da muss aber ohnehin irgendwas passiert sein. So kenne ich Alex nicht“, sagte Schröder, der zudem die Taktik kritisierte: "Im Mittelfeld hatten wir kein kreatives Spiel nach vorne, unsere einzige Antwort auf das Spiel der Japanerinnen waren Standardsituationen. Doch bei den 25 Versuchen standen unsere Angreiferinnen im Strafraum alle auf einem Haufen und haben sich gegenseitig den Ball weggeköpft. Das hatte alles keine Struktur.“

+++ 0:1 gegen Japan: Der Spielbericht +++

Massives Kopfschütteln löste zudem der Umgang mit Prinz aus. "Jahrelang hat Birgit Prinz immer 90 Minuten durchgespielt, auch wenn sie mal nicht so gut war. Bei der WM wird dann die Kapitänin gegen Nigeria als erste nach 53 Minuten ausgewechselt und damit vor der ganzen Mannschaft demontiert. Damit hat man mitten im Turnier dokumentiert, dass Prinz der Mannschaft nicht mehr helfen kann. Das hätte man auch schon früher feststellen können und damit viel Unruhe von der Mannschaft weggehalten“, sagte Schröder im SID-Gespräch.

Zudem sei es äußerst unglücklich gewesen, den Auftritt von Prinz bei der Pressekonferenz als vorbildlich zu bezeichnen. „Damit hat man auch noch dafür gesorgt, dass der Männerfußball mit Schadenfreude auf das WM-Aus der Frauen blickt. Den Eindruck zu erwecken, nur eine Frau könnte eine so souveräne Pressekonferenz abhalten, war kontraproduktiv. Und der Umgang mit Birgit Prinz insgesamt war an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten“, sagte Schröder.

Kritik am Umgang mit Prinz übte auch Frankfurts Manager Siegfried Dietrich: "Das ständige Hin- und Her um Birgit hat der Mannschaft geschadet. Es hat sich gewiss nicht ausgezahlt, Birgit außen vor zu lassen.“

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