Das 23-jährige Supertalent hat nach langen Jahren des Leidens den Durchbruch in der Nationalmannschaft geschafft. Auch heute wird sie stürmen.

Frankfurt am Main. Die Sache mit den Socken ist geklärt. Bei der Europameisterschaft 2009 hatte Celia Okoyino da Mbabi unter den Stutzen welche mit schrecklichen Mustern getragen. Dünn sollten sie damals sein, und passende Ware war auf die Schnelle nur im Schrank ihrer Schwester aufzutreiben. Glücksbringer? "Nö", sagt da Mbabi, sie sei ja sowieso nicht "konsequent abergläubisch". Nur manchmal, aber nicht bei Socken. Bei dieser WM sind es ohnehin ihre eigenen Strümpfe. Eine dezente Variante. Und mit denen läuft es nun rund.

Die einstige Einwechselspielerin - nur bei elf ihrer 56 Länderspiel-Einsätze war sie von Beginn an dabei - hat sich zu einer Stammkraft entwickelt. Wie beim 2:1 gegen Kanada, wo sie das wichtige 2:0 schoss. Das Foto ihres unbändigen Jubels ging um die Welt.

Und da Mbabi? Locker, als wäre nichts passiert. Gestern turnte sie mit dem Baby einer Freundin auf der Terrasse vor dem Frankfurter Mannschaftshotel herum. Und heute (20.45 Uhr, ARD live), im zweiten Gruppenspiel gegen Afrikameister Nigeria, soll sie wieder hinter Birgit Prinz das Angriffsspiel beleben. Eine gestandene Aktrice wie Inka Grings, 32, muss für das gerade 23 Jahre alt gewordene Supertalent wieder weichen. "Bei uns gilt nun mal das Leistungsprinzip, deshalb musste man sie spielen lassen", sagte Bundestrainerin Silvia Neid.

Dabei ist die Geschichte der Spielerin des Bundesliga-Mittelklasseklubs SC Bad Neuenahr in erster Linie keine vom Höhenflug, sondern eine des Leids. Sie gab mit ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten immer Anlass zum Träumen, doch ihr eigener Traum platzte meist. 2005 sollte sie in England bei der EM-Titelverteidigung mithelfen, musste aber passen. Skiunfall, Knieverletzung. Bei der WM 2007 war sie fest eingeplant, aber ein Schienbeinbruch machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Insgesamt zwei Jahre fiel sie aus, zwei Jahre lang war eine der hoffnungsvollsten Karrieren im deutschen Frauenfußball ins Stocken geraten. In der Reha hielten sie einige Patienten für eine Angestellte der Klinik, so regelmäßig wie sie da war. Als sie dann 2009 auch noch am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankte, schien sich alles gegen sie verschworen zu haben.

Wer so was durchmacht, der zerbricht entweder daran oder er geht gestärkt daraus hervor. "Ich habe mich für die zweite Variante entschieden", sagt da Mbabi. Sie trainierte wie besessen und holte auf. Jeden Tag ein bisschen mehr. "Deshalb genieße ich jedes Spiel, das ich machen darf", sagt sie.

Da Mbabi gehört zu dieser Generation junger Spielerinnen, die das Image der Nationalmannschaft verändert hat. Sie ist jung, hübsch und keck. Die Fotografen lieben sie. Ihre Liebe zum Duisburger Trainersohn Marko Sasic, 30, wird nicht geheim gehalten. Und sie ist eine Frau, die sich ausdrücken und dem Team Ausdruck verleihen kann. Sie hat eine Lehre zur Marketing- und Kommunikationskauffrau abgeschlossen und studiert Kulturwissenschaften. "Für den Kopf, damit sich nicht alles um Fußball dreht", sagt sie. Da Mbabi sagt auch Sätze wie "Die Heim-WM ist für mich kein Rucksack, sondern ein Ballon an den Füßen." Und man glaubt ihr jedes Wort. Da Mbabi ist eine der authentischsten Spielerinnen des Nationalteams, deutscher Ehrgeiz gemischt mit afrikanisch-französischer Lässigkeit.

Sie selbst wurde in Bonn geboren. Ihre Mutter Marie-Françoise kommt aus Frankreich, zu Hause wird nur französisch gesprochen. Ihr Vater Elias ist Kameruner. Da Mbabi bedeutet "Tochter von", Okoyino ist der Name der Großmutter. Auf ihrem Nationaltrikot prangt der Schriftzug Okoyino da Mbabi unter der im Kragen eingestickten Textzeile "Blüh im Glanze dieses Glückes" der Nationalhymne.

So eine Frau ist vermittelbar. Als Integrationsbotschafterin des DFB. Und als Laienschauspielerin. Im "Tatort" durfte sie an der Seite von DFB-Präsident Theo Zwanziger am Grab einer ermordeten Mitspielerin schwören, den dritten WM-Titel werde das Team für sie holen. Ein Satz, zwei Sekunden.

Um überhaupt in den Mannschaftskreis vorstoßen zu können, waren Opfer nötig. Sie hatte nur einen französischen Pass; um für Deutschland spielen zu können, mussten sich ihre Eltern einbürgern lassen. Vor allem ihrem Vater fiel das nicht leicht - seine Familie lebt noch in Kamerun. Seiner Tochter zuliebe aber tat er den Schritt. Er habe es nicht bereut, sagt sie: "Mama und er sind so stolz auf mich." Heute werden sie wieder im Frankfurter Stadion sein. Ihre Tochter wird in weißen Strumpfstutzen spielen.

Deutschland: Angerer - Bresonik, Krahn, Bartusiak, Peter - Laudehr, Kulig, Garefrekes, Okoyino da Mbabi, Behringer - Prinz