Uefa-Präsident Michel Platini plant die große Revolution: Ab 2020 sollen “12 oder 13 Städte“ in ganz Europa die kontinentalen Fußballspiele ausrichten.

Kiew. Michel Platini plant die EM-Revolution. Der Präsident der Europäischen Fußball-Union (Uefa) will die Endrunde 2020 nicht mehr nur in höchstens zwei Ländern ausrichten, sondern an "12 oder 13 Städte“ in ganz Europa vergeben. Von der Uefa-Exekutive erhielt der Franzose grünes Licht, seine ungewöhnliche Idee den Landesverbänden zu unterbreiten. Im Dezember oder Januar soll eine Entscheidung fallen.

"Wir können in zwölf Städten in einem Land spielen, aber auch in zwölf Städten in ganz Europa. Es ist bislang nur ein Vorschlag, aber ich halte das für eine großartige Idee und freue mich auf die Diskussion darüber“, sagte Platini, der hervorhob, dass der Vorschlag von ihm stammte. "Wir bräuchten keine Stadien oder Flughäfen zu bauen, sondern könnten auf bestehende Infrastruktur zurückgreifen. Das wäre wichtig in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.“

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach sagte: "Der DFB ist offen für solche Planspiele, über die mich Michel Platini vorab informiert hatte. Aber ein endgültiges Urteil ist erst möglich, wenn die von der Uefa eingesetzte Kommission bis ins letzte Detail eine Konstruktion entwickelt hat.“

Bedenken wegen der zu bewältigenden weiten Wege wischte derweil Platini beiseite: In Zeiten fallender Flugpreise sei der Vorschlag umsetzbar, und es "ist doch einfacher, von London nach Paris oder Berlin zu kommen als von Cardiff nach Danzig“.

Bislang gibt es drei offizielle Bewerber um die EM 2020: Die Türkei sowie die Bündnisse Wales/Schottland/Irland und Georgien/Aserbaidschan. Ein Hintergrund für Platinis Vorschlag könnten auch die Probleme sein, die vor allem der aktuelle Co-Gastgeber Ukraine im Vorfeld der EM bereitet hatte.

Platini: "Hatten lange Zweifel an der Ukraine"

Platini räumte am Sonnabend ein, dass die Uefa im Vorfeld der EM erwogen hat, der Ukraine die Endrunde wegen organisatorischer Mängel zu entziehen. "Wir hatten nie Zweifel an Polen, aber wir hatten eine Weile lang Zweifel an der Ukraine. Wir haben über acht Spielstädte in Polen nachgedacht“, sagte Platini, der betonte, dass Deutschland als Ersatz-Gastgeber nie in Betracht gekommen sei.

Der Türkei, die bislang als aussichtsreicher Kandidat für die EM 2020 galt, gab Platini eine klare Ansage mit auf den Weg. "Wir werden nicht auf die Entscheidung des IOC warten, auf keinen Fall. Wir haben viele potenzielle Kandidaten“, sagte Platini mit Blick auf die Tatsache, dass sich die Türkei mit Istanbul auch noch für die Olympischen Spiele 2020 bewirbt. Gegner sind Tokio und Madrid, die Entscheidung fällt im September 2013.

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Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) erwägt eine Kandidatur für die EM 2020, falls Istanbul den Olympia-Zuschlag erhält. Nach Platinis Aussagen am Samstag könnten nun die Karten völlig neu gemischt werden.

Zudem gingen Platini und seine Exekutive, der auch der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger angehört, in puncto Torlinientechnik mehr denn je auf Konfrontationskurs mit dem Weltverband Fifa und dessen Präsidenten Joseph S. Blatter. Das Gremium sprach sich einstimmig dafür aus, künftig das schon während der EM-Endrunde praktizierte System mit einem Schiedsrichter, zwei Assistenten und zwei Torrichtern anzuwenden.

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"Ich bin absolut gegen die Torlinientechnik. Was ist, wenn es ein Handspiel auf der Linie gibt, dann sieht das keine Technik der Welt. Wo sollen wir eine Grenze ziehen? Ich bin nicht nur gegen Torlinientechnik, sondern gegen Technik an sich“, sagte Platini und ergänzte: "Sepp Blatter weiß genau, wie ich darüber denke.“ Die Uefa-Exekutive forderte die Fifa und deren Regelhüter vom International Board IFAB zu einer "offenen Diskussion über technische Hilfe“ auf. Am kommenden Donnerstag (5. Juli) entscheiden Blatter und die IFAB bei einer Sitzung in Zürich über die Torlinien-Technik.

Platini äußerte sich zudem am Tag vor dem Finale zwischen Titelverteidiger Spanien und Italien hochzufrieden mit dem Verlauf der EM. Polen und die Ukraine könnten "stolz“ sein, sagte Platini. Der 57-Jährige hob hervor, es habe "keine großen Rassismusvorfälle in Polen und der Ukraine“ gegeben.

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Die bislang verhängten Strafen gegen die Teilnehmerverbände wegen rassistischer Beleidigungen durch Fans waren relativ gering ausgefallen - vor allem im Vergleich zu der Strafe in Höhe von 100.000 Euro, die der dänische Stürmer Nicklas Bendtner wegen unerlaubter Werbung erhalten hatte. Einen Kommentar dazu lehnte Platini ab: "Fragen Sie die Disziplinarkommission, das ist ein unabhängiges Gremium. Ich kann dazu nichts sagen.“

Platini hob zudem hervor, dass die insgesamt mehr als 1,3 Millionen Zuschauer in den Stadien einen EM-Rekord bedeuteten. Bislang hielt die Endrunde 1996 in England mit 1,29 Millionen Fans die Bestmarke. 100 Prozent der Tickets seien verkauft worden, die Auslastung liege laut Platini bei 98 Prozent: "Die zwei Prozent, die nicht gekommen sind - selbst schuld!“