Viele Fans fühlen sich an den EM-Sieg von 2004 erinnert. Gegen Deutschland bietet sich die Chance auf einen weiteren „Nationalfeiertag“.

Danzig. „Wunder von Portugal“, „Geist von Lissabon“, „Helden von 2004“ – vor dem Viertelfinale gegen Deutschland am Freitag (20.45 Uhr/ZDF und im Liveticker auf abendblatt.de) in Danzig beschwören die Griechen ihre Vergangenheit. Acht Jahre nach dem sensationellen EM-Sieg in der portugiesischen Hauptstadt will der große Außenseiter einen weiteren Coup landen – mit ähnlicher Willensstärke und Taktik. Bei allem Respekt vor der vermeintlich übermächtigen DFB-Elf wähnt Verbandspräsident Sofoklis Pilavios die Hellenen erneut auf gutem Kurs Richtung Fußball-Olymp: „Wir sind alle wieder Halbgötter und Titanen.“

In der von einer Wirtschaftskrise gebeutelten Nation ist der Fußball-Stolz vergangener Tage zurück. Die jüngsten Auftritte der Nationalmannschaft sorgten zumindest kurzzeitig für ein wenig Ablenkung. Selbstbewusst stellte Angreifer Dimitrios Salpingidis seinen Landsleuten eine weitere Party im Anschluss an das Duell mit Deutschland in Aussicht: „Je mehr man isst, desto hungriger wird man. Es wird nicht unser letztes Spiel bei diesem Turnier. Wir wollen die Griechen glücklich machen.“ Und das auch ohne Kapitän Georgios Karagounis, der wegen einer Gelb-Sperre zuschauen muss.

Die Parallelen zur märchenhaften Erfolgsstory unter der Regie des einstigen Nationaltrainers Otto Rehhagel sind unverkennbar. Damals wie heute geht Effektivität vor Attraktivität, wie schon 2004 profitiert das Team vor allem von seiner Defensivstärke und Geschlossenheit. Auch Konstantinos Katsouranis, einer von drei im griechischem Kader verbliebenen EM-Helden, hält Vergleiche für naheliegend: „Der Mannschaftsgeist ist derselbe. Alle spielen für das Team, keiner für sich allein.“

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Mehr noch als damals, als Rehhagel dirigierte und der ehemalige Bremer Angelos Charisteas im Endspiel gegen Portugal traf, baut das Team auf Protagonisten mit Bundesliga-Erfahrung. Insgesamt sieben Profis standen und stehen bei deutschen Clubs unter Vertrag. Schalkes Manndecker Kyriakos Papadopoulos, neben dem Bremer Sokratis einer der Stützpfeiler der griechischen Defensive, hält das für einen Vorteil: „Wir wissen, wie Deutschland spielt. Möglicherweise hilft es uns, eine Runde weiterzukommen.“ Ähnlich sieht es der ehemalige Nationalspieler Charisteas. „Warum soll uns nicht ein vergleichbarer Siegeszug glücken wie 2004“, sagte er dem „Kicker“

Die politische Kontroverse zwischen beiden Ländern liefert zusätzlichen Gesprächsstoff. Seit dem 1:0 über Russland im letzten Gruppenspiel verging kaum ein Tag, an dem die griechischen Nationalspieler nicht nach den jüngsten Parlamentswahlen oder Aussagen von Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Spardisziplin befragt wurden. Für alle Bemühungen der Medien, dem Viertelfinale vor diesem Hintergrund zusätzliche Brisanz zuzuschreiben, brachten die Spieler jedoch wenig Verständnis auf. „Man sollte Fußball nicht mit Politik vergleichen. Das ist ein Spiel – nichts anderes. So einfach ist das“, kommentierte Angreifer Georgios Samaras.

Die Profis sprechen lieber über das drohende Terminproblem von Ioannis Maniatis. Der defensive Mittelfeldspieler will am 1. Juli heiraten. Für den Fall, dass der Höhenflug seiner Mannschaft auch gegen Deutschland anhält, könnte es eng werden. Dann wären die Griechen nur noch einen Sieg vom Endspiel entfernt. Und das steigt am

1. Juli in Kiew – dem Tag seiner geplanten Hochzeit. Mit schelmischem Grinsen stimmte Mannschaftskollege Katsouranis die künftige Braut auf das Fehlen des Bräutigams ein: „Wenn Sie mich fragen, ich glaube nicht, dass er an der Hochzeit teilnehmen wird.“