Welt- und Europameister Spanien ist nach einem glücklichem 1:0 gegen Kroatien als Gruppensieger weiter. Auch Italien zieht in die K.o.-Runde ein.

Danzig. Titelverteidiger Spanien ist mit etwas Glück ins Viertelfinale der Fußball-Europameisterschaft eingezogen und hat Kroatien den Sprung in die K.o.-Phase verwehrt. Die Spanier setzten sich am Montagabend in der Gruppe C gegen Kroatien 1:0 (0:0) durch und stehen damit zugleich als Gruppensieger fest. Die Mannschaft von Trainer Slaven Bilic hingegen rutschte durch die Niederlage und den gleichzeitigen Sieg Italiens gegen Irland (2:0) auf den dritten Rang ab. Vor 39.076 Zuschauern in Danzig, darunter auch Bundestrainer Joachim Löw, erzielte Jesus Navas (88. Minute) den späten Treffer für Spanien. Der Welt- und Europameister trifft nun am Sonnabend (23. Juni) in Donezk auf den Tabellenzweiten der Gruppe D, der am Dienstag ermittelt wird.

„Wir sind sehr traurig“, sagte der Ex-Schalker Ivan Rakitic, der in der 59. Minute eine Riesenchance für die Kroaten vergeben hatte. „Wir haben ein gutes Spiel abgeliefert und können erhobenen Hauptes nach Hause fahren. Wer weiß, wie die Partie gelaufen wäre, wenn ich das Tor gemacht hätte.“ Spaniens Siegtorschütze Navas erklärte: „Wir haben alles gegeben und waren das auffälligere Team. Der Sieg war verdient. Jetzt wollen wir auch ins Finale.“ Der spanische Mittelfeldstar Andres Iniesta sagte: „Es war wichtig, dass wir ruhig geblieben sind. Jetzt wollen wir so weiter machen.“

Trainer Bilic hatte seine Mannschaft für das Duell mit dem großen Favoriten Spanien auf zwei Positionen im Vergleich zum Spiel gegen Italien geändert und auf ein etwas defensiveres 4-5-1 umgestellt. Für Dortmunds Ivan Perisic spielte Domagoj Vida, ebenso musste Stürmer Nikica Jelavic auf die Bank. Wolfsburg Mario Mandzukic agierte als einzige Spitze. Spaniens Trainer Vicente del Bosque vertraute hingegen der gleichen Elf, die Irland am zweiten Spieltag der Gruppe C souverän 4:0 geschlagen hat.

Die Partie begann verhalten, die Teams tasteten sich vorsichtig ab. Kroatien hatte im Vorfeld angekündigt, sich nicht verstecken zu wollen und trotz der etwas defensiveren Ausrichtung nahm Bilics Elf das Spiel zumindest in der Anfangsphase offen an, auch wenn die Iberer schnell die Passstatisken zu ihren Gunsten füllten. Die erste Torchance hatte dann auch der Weltmeister. David Silva passte in den Strafraum auf Andres Iniesta, der im Lauf per Außenrist Kroatiens Torwart Stipe Pletikosa überwinden wollte, doch sein Schuss geriet zu schwach.

Ab Mitte des ersten Abschnitts dann das gewohnte Bild von Spielen mit spanischer Beteiligung: Der Ball zirkuliert im Mittelfeld, der Gegner steht tief und wartet ab. Kroatien setzte kaum noch Akzente nach vorne, schlug in der Defensive gegen den spielerisch überlegenen Gegner eine ruppigere Gangart an. Die wählte in der 27. Minute auch Spaniens Innenverteidiger Sergio Ramos, als er übermotiviert Mandzukic im eigenen Strafraum per Grätsche zu Fall brachte. Doch der deutsche Schiedsrichter Wolfgang Stark, in seinem ersten EM-Einsatz bei Polen gegen Russland noch mit einer tadellosen Leistung, verwehrte den Kroaten einen berechtigten Elfmeter. Spanien hatte in der Folge durch Fernando Torres (23.) und zwei Fernschüssen von Ramos (23.) und Gerard Pique (24.) noch Gelegenheiten zur Führung, ließ es aber insgesamt an Zielstrebigkeit vermissen.

Zu Beginn des zweiten Abschnitts bot sich den Zuschauern zunächst das gleiche Bild: Spanien zwar optisch überlegen, aber mit teils ungewohnten Schwächen im Passspiel. Und Kroatien wurde angesichts des Zwischenstandes aus Posen vom Spiel Italiens gegen Irland offensiv mutiger und aktiver. Luka Modric brach eine halbe Stunde vor Schluss auf dem rechten Flügel durch, seine gefühlvolle Außenristflanke fand am zweiten Pfosten Rakitic, doch der köpfte aus kurzer Distanz genau auf Spaniens Schlussmann Iker Casillas, der mit seiner Parade den Titelverteidiger im Turnier hielt. Navas stellte schließlich mit seinem Treffer den Einzug ins Viertelfinale endgültig sicher.

Tutto bene – Italiens Minimalisten im Viertelfinale

Die italienischen Spieler rissen die Arme hoch, Trainer Cesare Prandelli atmete erleichtert auf und die Fans der bereits ausgeschiedenen Iren feierten spontan mit: Dank eines mühsamen 2:0 (1:0)-Sieges gegen Irland im letzten Spiel der EM-Gruppe C am Montag in Posen hat sich der viermalige Weltmeister Italien doch noch für das Viertelfinale qualifiziert. Milan-Stürmer Antonio Cassano (35) und Mario Balotelli mit einem Fallrückzieher kurz vor Schluss (90.) erzielten die so wichtigen Treffer für die „Squadra Azzurra“.

Mit einem Sieg, zwei Unentschieden und bislang wenig überzeugenden Leistungen beendeten die Italiener die Gruppe C als Zweiter hinter Titelverteidiger Spanien, der im Parallelspiel die Kroaten mit 1:0 bezwang. Damit treffen die Azzurri in der Runde der letzten Acht am Sonntag in Kiew auf den Sieger der Gruppe D. „Wir haben vor niemandem Angst. Das Wichtigste für uns ist, dass wir weiter nur unser Spiel spielen“, sagte Cassano. Prandelli, dem die Qualen der 90 Minuten ins Gesicht geschrieben standen, war erleichtert: „Wir mussten durch dieses Stahlbad gehen. Am Ende haben wir den Sieg unbedingt gewollt, und das hat man auch gesehen.“

Giovanni Trapattonis Iren schieden ohne Punkt aus. Der „Maestro“ kritisierte die Gegentore nach zwei Standardsituationen: „Das war nicht das erste Mal. Wir sind da ein bisschen zu naiv. “Trap„ will bei den Iren auf jeden Fall weitermachen und mit jungen Spielern eine neue Mannschaft aufbauen. Kapitän Robbie Keane war in Gedanken bei den wackeren und stimmgewaltigen Anhängern des Außenseiters: “Unsere Fans waren fantastisch, wenn jemand einen Erfolg verdient gehabt hätte, dann sie„, sagte er.

Prandelli begann mit einer verstärkten Abwehr und setzte auf eine Viererkette, zudem beorderte er vier Neue in die Startelf. Für Christian Maggio, Leonardo Bonucci, Emanuele Giaccherini und Mario Balotelli rückten Ignazio Abate, Andrea Barzagli, Federico Balzaretti und Antonio di Natale in die Startformation. Irlands Nationaltrainer Giovanni Trapattoni zeigte sich beim letzten EM-Auftritt der Iren spendabel. In seinem 100. Länderspiel übernahm Mittelfeldspieler Damien Duff die Kapitänsbinde von Keane.

Auf dem Platz wollten die Iren trotz der Konstellation keine Geschenke verteilen. Italien musste gewinnen, die Iren wollten sich anständig verabschieden. Während die eigenen Fans unter den insgesamt 38.794 Zuschauern nahezu pausenlos feierten, begann das Trapattoni-Team wie gehabt: mit viel Herz, spielerisch allerdings limitiert. Den Italienern war die Nervosität deutlich anzumerken. Einer kurzen Eingewöhnungsphase folgte zwar eine optische Überlegenheit, doch der viermalige Weltmeister fand nicht wirklich in das Spiel. Die Pässe von Andrea Pirlo waren zu ungenau, die Stürmer di Natale und Cassano hingen in der Luft.

Prandelli war schon nach 20 Minuten bedient. Wild gestikulierend tigerte er an der Seitenlinie entlang, schüttelte den Kopf und rief immer wieder Anweisungen aufs Spielfeld. Es half nichts, die “Squadra Azzurra„ spielte ideenlos, ohne Esprit und schaltete viel zu langsam von Abwehr auf Angriff um. Bezeichnenderweise fiel die Führung dann auch nach einer Standardsituation. Cassano traf nach einem Eckball von Pirlo mit dem Kopf, die Rettungsaktion von Duff knapp hinter der Torlinie kam zu spät (35.). Vor dem Eckball hatte Torhüter Shay Given einen eher harmlosen Schuss von Cassano nicht festhalten können, der zu der Ecke führte.

Das Spiel der Italiener wurde durch die Führung aber nur bedingt besser. Das Prandelli-Team drängte zu Beginn der zweiten Halbzeit zumindest auf die schnelle Entscheidung, während die Iren sich in jeden Schuss warfen und tapfer das 0:1 verteidigten. Bei einem Cassano-Versuch war Given auf dem Posten (49.). Nach einer Stunde gaben die Iren auch in der Offensive ein Lebenszeichen von sich, doch Gianluigi Buffon hatte bei dem Schuss von Keith Andrews keine Probleme (60.).

So ging das Vabanquespiel der Italiener weiter, und immer wieder wanderten ihre bangen Blicke hinauf zur Anzeigetafel, um einen Blick auf den Spielstand in Danzig zu erhaschen. In der 79. Minute musste Buffon bei einem strammen 23-Meter-Freistoß von Andrews erneut blitzschnell abtauchen. In der 89. Minute sah Andrews die Gelb-Rote Karte. Kurz darauf gelang Balotelli erneut nach einer Ecke das erlösende 2:0 für Italien.

Mit Material von dapd