Hamburg. Bei vielen Fußball-Fans herrscht Unzufriedenheit über die Entwicklung der Bundesliga. Zuschauerzuspruch ist aber ungebrochen.

Was bleibt von dieser 55. Bundesliga-Spielzeit? Die sechste Meisterschaft der Bayern in Serie. Zum sechsten Mal in Folge sind es mehr als zehn Punkte Vorsprung, diesmal 21. Die Liga befindet sich im Umklammerungsgriff des Münchner Leviathans, und sie droht, von ihm erstickt zu werden. Die Bayern können den ältesten Kader aufbieten (27,75 Jahre). Sie können mit dem falschen Trainer in die Saison gehen. Sie brauchen nicht mal aufregenden Fußball zu spielen. Der Sport aber entwickelt seinen vollen Zauber nur dort, wo die Fantasie zu Hause ist, dass alles möglich ist. Ein anderer Meister als die Bayern wird auf absehbare Zeit jedoch kaum möglich sein.

Zweithöchster Zuschauerschnitt der Bundesliga-Geschichte

Ob die Langeweile an der Spitze auf den Zuschauerzuspruch ausstrahlt, kann nicht nachgewiesen werden. Fakt ist, dass von den 306 Partien 23 Spiele weniger ausverkauft waren als in der vergangenen Spielzeit. Zwar hat es nur einmal in der Geschichte der Bundesliga einen höheren Zuschauerschnitt gegeben als 2017/18 (44.193l): 2011/12 kamen 44.293. Doch das hat auch damit zu tun, dass mit Hannover (42.000) und Stuttgart (55.700) zwei Traditionsclubs mit großer Stadionkapazität auf- und mit Ingolstadt (2016/17: 14.500) und Darmstadt (16.500) zwei Vereine mit kleineren Arenen abgestiegen sind.

Irgendwann in dieser Saison entstand der Eindruck, dass die Unzufriedenheit der Fans nie so groß war wie aktuell. Vielleicht wurde der Konflikt zwischen Tradition und Moderne nie so sichtbar. Da war die Empörung über die fünf Montagsspiele. Da war die Debatte um die 50+1-Regel, die in Hannover zum Fanboykott führte. Stets ging es um das Gefühl, dass die Belange der Fans immer unwichtiger werden.

Videobeweis war das große Streitthema

Traditionalisten und Modernisten kämpften auch beim Videoassistenten miteinander. Er war das größte Aufregerthema dieser Spielzeit. Dem ursprünglichen Fußball wurde mit ihm etwas genommen – der uneingeschränkt, frenetische Torjubel zum Beispiel. Der Sport hätte durch den Videoassistenten dafür mehr Gerechtigkeit erhalten sollen. Aber das blieb lange nur Theorie. Für großen Frust sorgte die Neuerung vor allem in der Hinrunde, weil zunächst mehrfach geändert wurde, wann der Videoassistent eingreifen durfte. Erst in der Rückrunde stieg die Akzeptanz.

Aber diese Bundesligasaison hat auch Gutes gebracht: mit Bibiana Steinhaus die erste Schiedsrichterin der Bundesliga zum Beispiel. Und die Widerlegung von Mehmet Scholl. Der schimpfte auf die Generation der „Laptoptrainer“ um Domenico Tedesco und Julian Nagelsmann. „Studenten haben die Nachwuchsleistungszentren und unsere große Liebe, den Fußball, übernommen“, wetterte Scholl.

Tja, die Studenten Tedesco und Nagelsmann liefen mit Schalke und Hoffenheim als Zweiter und Dritter über die Ziellinie. Das dürfte Scholl zum Kotzen finden, aber für die Liga ist das ein gutes Zeichen. Vielleicht liegt ihre Rettung bei jungen, aufregenden Trainern. Und vielleicht können die dann auch irgendwann das Bayern-Monopol brechen.