Nach schwacher Hälfte dreht die Löw-Elf auf und fertigt Aserbaidschan ab. WM-Ticket kostet DFB 4,3 Millionen. Mustafi schwer verletzt.

Kaiserslautern. Weltrekord! Die unersättlichen deutschen Rekordjäger reisen mit perfekter Bilanz zu ihrer WM-Titelverteidigung nach Russland. Die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw feierte in der Europa-Gruppe C trotz großer Rotation ein 5:1 (1:1) gegen Aserbaidschan und damit den zehnten Sieg im zehnten Qualifikationsspiel. Das war zuvor nur Spanien vor der WM 2010 in Südafrika gelungen, allerdings mit schlechterer Tordifferenz.

"Der Anfang war etwas holprig. Man hat gesehen, dass viele Spieler noch am Anfang ihrer Entwicklung sind und manchmal ein bisschen Zeit benötigen, um in eine Partie hereinzufinden", analysierte Löw bei RTL.

Mit dem WM-Ticket in der Tasche und sieben Änderungen in der Startelf schien allerdings drei Tage nach dem 3:1 gegen Nordirland etwas die Luft raus. Leon Goretzka traf zwar noch zauberhaft per Hacke (8.), danach wurden jedoch Abstimmungsprobleme offenbar, die Ramil Scheydajew (34.) zum Ausgleich nutzte. Sandro Wagner (54.), ein Eigentor von Badawi Hüsejnow (64.), erneut Goretzka (66.) und Emre Can (81.) bewahrten die Weltmeister vor einem Fleckchen auf der weißen Weste. Am Ende standen 43:4 Tore.

Löws Augenmerk ist längst auf die WM gerichtet. Seinen Spielern schärfte er ein: „Alle 23 müssen auf den Punkt genau auf dem höchsten Niveau sein, um zu jeder Minute, zu jeder Sekunde des Turniers Topleistung abzurufen. Nur dann ist der Titel möglich!“

Löw wirbelte Startelf kräftig durch

Löw ermöglichte einigen Spielern ihre verdiente Pause. Nur zwei Weltmeister standen in Kaiserslautern noch in der Startelf: Shkodran Mustafi als zentraler Abwehrspieler und Thomas Müller, der in Abwesenheit des verletzten Torhüters Manuel Neuer (Mittelfußbruch) wieder Kapitän war.

Einzelkritik: Goretzka war der Beste

Sieben Veränderungen leistete sich der Bundestrainer vor 37.613 Zuschauern auf dem Betzenberg insgesamt. Torhüter Bernd Leno, Mustafi, Niklas Süle, Can, Julian Brandt und Leroy Sane auf den Außen, Lars Stindl im Sturm – alle kamen neu in die Mannschaft, die im 3-1-4-2-System mehr schlecht als recht spielte.

Größere Umstellungsschwierigkeiten blieben anfangs aus. Da Aserbaidschan ins Pressing ging, bot sich durch wenige kluge Pässe viel Raum, noch verstärkt nach Goretzkas Zaubertor. Doch stand der Gegner hinten und wartete, gestaltete sich der deutsche Aufbau zäh und behäbig. Löw zeterte. Überdies musste Süle (22.) mit muskulären Problemen raus, Mustafi folgte 14 Minuten später verletzt. "Er hat wohl einen starken Muskelfaserriss bis Muskelbündelriss", sagte Löw. Für Süle kam Antonio Rüdiger, der vor dem Ausgleich dreimal ausgetanzt wurde. Leno sah auch schlecht aus.

DFB-Elf zur Pause unzufrieden

Da zwischen dem einzigen „Sechser“ Can und der offensiven Reihe die Abstände zu groß waren, fehlte der Fluss im Spiel. Häufig ging der Ball unnötig in der Vorwärtsbewegung verloren, Aserbaidschan setzte dann zu Kontern an, die meist auch früh versandeten.

Das Spiel wurde unansehnlich, das Glück fehlte: Sandro Wagner traf nach einer guten Kombination frei den Pfosten (31.) und erwischte den Abpraller nicht. Auch Sane vergab eine Riesenchance kläglich (45.+2). „Wir bringen uns selbst in Schwierigkeiten“, analysierte Bierhoff bei RTL in der Halbzeitpause.

Can setzt fulminanten Schlusspunkt

Danach wurde es wieder schwungvoller, intensiver, der klare Favorit zog hart die Zügel an. Wagner köpfte sein 5. Tor im 5. Länderspiel und empfahl sich erneut für einen Platz im WM-Kader - Sane, für den es bei Manchester City glänzend läuft, vergab dagegen erneut (52.). Stindl schoss an den Pfosten (61.).

Danach fielen die Tore plötzlich fast im Minutentakt. Hüsejnow fälschte einen Rüdiger-Kopfball ins Tor ab, spätestens mit Goretzkas zweitem Treffer war das nun doch einseitige Spiel entschieden. Can ließ aus mehr als 20 Metern das fünfte Tor folgen.

WM-Ticket kostet DFB 4,3 Millionen

Nach dem WM-Ticket haben sich die Spieler auch stattliche Prämien vom DFB gesichert. Der Verband zahlt jedem Profi, der bei einem Ausscheidungsspiel zum Kader gehörte, 20.000 Euro pro Begegnung. Topverdiener sind Marc-André ter Stegen, Bernd Leno und Joshua Kimmich, die seit dem Start im September 2016 in Norwegen (3:0) immer dabei waren. Das Trio kommt damit auf die Maximalausbeute von 200.000 Euro.

Insgesamt lässt sich der DFB die Fahrkarte nach Russland 2018 rund 4,3 Millionen Euro kosten. 42 Kicker dürfen sich über Zuwendungen freuen, obwohl "nur" 37 eingesetzt wurden.

Die Statistik

Deutschland: Leno/Bayer Leverkusen (25 Jahre/6 Länderspiele) - Kimmich/Bayern München (22/24), Mustafi/FC Arsenal (25/20) ab 36. Ginter/Borussia Mönchengladbach (23/16), 6 Süle/Bayern München (22/7) ab 22. Rüdiger/FC Chelsea (24/20) - Can/FC Liverpool (23/18) - Brandt/Bayer Leverkusen (21/12), Müller/Bayern München (28/89) ab 69. Younes/Ajax Amsterdam (24/5), Goretzka/Schalke 04 (22/12), Sané/Manchester City (21/8) - Wagner/1899 Hoffenheim (29/5), Stindl/Borussia Mönchengladbach (29/9). - Trainer: Löw

Aserbaidschan: Agajew/Mladá Boleslav (31 Jahre/68 Länderspiele) - Mirsabekow/Neftci Baku (26/18), Badavi Hüsejnow/Qarabag Agdam (26/32), Abissow/Neftci Baku (29/50), Chalilsade/FK Zira (24/2) - Garajew/Qarabag Agdam (24/34) - Ismailow/Qarabag Agdam (29/37) ab 77. Qurbanow/FK Qäbälä (26/19), Amirgulijew/Qarabag Agdam (28/58), Richard/Qarabag Agdam(28/5), Javid Hüsejnow/FK Qäbälä (29/51) ab 69. Nasarow/Erzgebirge Aue (27/27)- Sheydajew/Qarabag Agdam (21/10) ab 87. Aleskerow/Neftci Baku (22/10). - Trainer: Prosinečki

Schiedsrichter: Andris Treimanis (Lettland)

Tore: 1:0 Goretzka (8.), 2:1 Wagner (54.), 3:1 Badawi Hüsejnow (64., Eigentor), 4:1 Goretzka (66.), 5:1 Can (81.)

Zuschauer: 37.613

Gelbe Karte: - Richard

Torschüsse: 21:8

Ballbesitz: 66:34 %