Belgien galt als Favorit, doch die alten italienischen Herren bewiesen, dass sie es noch können. Belgien verzweifelte am Catenaccio.

Die ausgebufften Rekord-Oldies aus Italien haben der Goldenen Generation des belgischen Fußballs die Grenzen aufgezeigt. Mit der ältesten Startelf der EM-Geschichte besiegten die Azzurri die hochgehandelten Roten Teufel von Trainer Marc Wilmots nicht mal unverdient 2:0 (1:0). Emanuele Giaccherini vom FC Bologna traf in der 32. Minute, danach spielten die im Durchschnitt 31,5 Jahre alten Italiener ihre ganze Routine aus. Als es doch noch brenzlig wurde, erzielte Graziano Pelle in der dritten Minute der Nachspielzeit das Tor zum Endstand.

Das eigentliche Highlight ereignete sich allerdings erst nach dem Spiel. Während die italienischen Feldspieler bereits in der Fangruppe den Sieg feierten, stürmte Gianluigi Buffon auf das Tor zu. Dort versuchte er sich aus vollem Lauf, an der Latte festzuhalten. Allerdings gelang ihm das nur für wenige Sekunden, danach rutschte er ab und stürzte mit seinem Rücken auf den Boden. Sofort verbreitete sich im Netz ein Amateurvideo, das den kuriosen Vorfall zeigt.

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"Merke: Als alter Italiener hängst Du Dich auch nach einem Sieg nicht mehr an die Latte", gab Twitter-Nutzer Florian Gathmann Buffon mit auf den Weg, die meisten fanden aber großen Gefallen an der Aktion. Einer verglich die Flugeinlage mit Jérôme Boatengs spektakulärer Rettungsaktion vom Vorabend.

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Dennoch sorgten sich mehrere um seinen Gesundheitszustand. In einem ARD-Interview klärte Buffon aber auf, dass er nur leichte Schmerzen verspüre. "Die Latte war etwas rutschig, aber ich habe aufgrund des Adrenalins kaum etwas gespürt. Die Freude war einfach riesengroß."

Pirlo fieberte von New York aus mit

Vor dem ersten Duell zweier Schwergewichte bei der EM hatten die Belgier ihre vergangenen drei EM-Eröffnungsspiele nicht verloren, Italien seine letzten drei nicht gewonnen – vor 55.408 Zuschauern in Lyon rissen damit zwei Serien: Das lag auch daran, dass die belgischen Angreifer Romelu Lukaku (53.) und Divock Origi (83.) jeweils auf Vorlage des wenig überzeugenden Kevin De Bruyne Riesenchancen zum Ausgleich vergaben. In der Gruppe E, in der zuvor Irland und Schweden 1:1 gespielt hatten, ist einstweilen nur Italien der K.o.-Runde nahe.

Bei Italien, kaum zu glauben, war erstmals seit Ewigkeiten Andrea Pirlo nicht mit auf dem Feld. Der Mittelfeldregisseur saß in New York vor dem Fernseher, wie seiner Nachricht bei Twitter zu entnehmen war: „C’mon Azzurri!“ Auch ohne den 37-Jährigen, mittlerweile beim New York City Football Club beschäftigt, brachen die Italiener den Altersrekord.

Belgien verzweifelte am Catenaccio

Der älteste Italiener stand im Tor. Buffon ist 38, aber er macht immer noch eine gute Figur. Etwa in der in der 10. Minute: Da ließ der bunte Vogel Radja Nainggolan einen Volley-Fernschuss los, der „schöne Gigi“ zeigte in seinem 14. EM-Spiel (italienischer Rekord) eine gute Parade. Danach war er erstaunlich beschäftigungslos, was vor allem an seinen drei unmittelbaren Vorderleuten lag.

Die Routiniers Giorgio Chiellini (31), Leonardo Bonucci (29) und Andrea Barzagli (35), sonst alle in Diensten der „alten Dame“ Juventus Turin, versperrten den Weg zum eigenen Tor, und die Belgier wussten mit dem Catenaccio 2016 nichts anzufangen: Die Angreifer standen sich gegenseitig im Weg, allerdings kam auch aus dem Mittelfeld nichts Kluges, nicht von De Bruyne, nicht von Eden Hazard.

Bonucci leitet Tor mit Traumpass ein

Eine glänzende Idee hatte dagegen Bonucci: In der 32. Minute schlug er einen eleganten langen Pass in den Lauf von Giaccherini (31), Toby Alderweireld passte nicht auf - schon war der Ball im Tor. Nur drei Minuten später verfehlte Antonio Candreva von Lazio Rom um Haaresbreite einen weiteren Treffer. Die Italiener machten nach vorne nicht viel, aber wenn sie sich in Richtung des belgischen Tores aufmachten, wurde es auch gefährlich.

Das blieb auch in der zweiten Halbzeit so, allerdings wurden die Angriffe spärlicher, den Alten Herren ging ein wenig die Puste aus. Nach Lukakus Hundertprozentiger hatte Pellè das 2:0 für die Italiener auf dem Kopf (54.), doch jetzt war vor allem Buffon gefordert: Belgien öffnete das Visier, Hazard übernahm das Kommando, die Rotel Teufel drückten, es wurde mehrfach sehr brenzlig für die Oldies. Mehr aber auch nicht. Der eingewechselte Ciro Immobile hätte beinahe noch das 2:0 erzielt (84.), das besorgte dann Pelle.

Die Statistik

Belgien: Courtois/FC Chelsea (24 Jahre/38 Länderspiele) - Ciman/Montreal Impact (30/12) ab 76. Carrasco/Atletico Madrid (22/5), Alderweireld/Tottenham Hotspur (27/56), Vermaelen/FC Barcelona (30/54), Vertonghen/Tottenham Hotspur (29/79) - Nainggolan/AS Rom (28/20) ab 62. Mertens/SSC Neapel (29/47), Witsel/Zenit St. Petersburg (27/69) - De Bruyne/Manchester City (24/42), Fellaini/Manchester United (28/71), Hazard/FC Chelsea (25/66) - Lukaku/FC Everton (23/46) ab 73. Origi/FC Liverpool (21/21). - Trainer: Wilmots

Italien: Buffon/Juventus Turin (38/157) - Barzagli/Juventus Turin (35/57), Bonucci/Juventus Turin (29/58), Chiellini/Juventus Turin (31/85) - Parolo/Lazio Rom (31/21), De Rossi/AS Rom (32/104) ab 78. Motta/Paris St. Germain (33/27), Giaccherini/FC Bologna (31/26) - Candreva/Lazio Rom (29/39), Darmian/Manchester United (26/23) ab 59. De Sciglio/AC Mailand (23/23) - Pellè/FC Southampton (30/14), Eder/Inter Mailand (29/11) ab 75. Immobile/FC Turin (26/14). - Trainer: Conte

Schiedsrichter: Mark Clattenburg (England)

Tore: 0:1 Giaccherini (32.), 0:2 Pellè (90.+3)

Zuschauer: 55.408

Gelbe Karten: Vertonghen - Chiellini, Eder, Bonucci, Motta

Torschüsse: 19:12

Ecken: 8:6

Ballbesitz: 55:45 %