Madrid/Hamburg. Nach dem Aus gegen Atlético Madrid geht Spaniens Presse mit dem gestürzten Titelverteidiger und seinem Superstar hart ins Gericht.

Als der Titelverteidiger-Fluch auch die Superstars des FC Barcelona heimgesucht hatte, waren die Fußball-Giganten um Lionel Messi plötzlich auf Zwergenformat geschrumpft. Der überraschende Königsklassen-K.o. gegen Atlético Madrid stürzt Barça in eine handfeste Krise, die Kritik in der Heimat fällt vernichtend aus.

"Der Untergang von Barcelona", titelte die spanische Sportzeitung Marca am Tag nach der 0:2-Niederlage des großen Favoriten in Madrid und verglich den uninspirierten Auftritt des spanischen Meisters im Calderon-Stadion "mit der Einweisung eines Patienten in die Notaufnahme. Die Situation des Kranken ist kritisch."

Selbst die sonst eher zurückhaltende und seriöse El País ging mit der Barça-Mannschaft und Trainer Luis Enrique hart ins Gericht: "Die Depression hat Barca erreicht. Es war keine Spielanlage lesbar und der Trainer hatte keine Antworten." Bereits 2014 hatte Atlético im Viertelfinale der Champions League Barça ausgeschaltet.

Atletico Madrid wirft Titelverteidiger Barcelona aus Champions League

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    Enrique: "Das Team ist traurig"

    Tatsächlich agierte Barcelona am Mittwochabend wie ein Schatten seiner selbst. Das System Barca mit dominantem Offensivfußball und Chancen am Fließband, wie es das Team noch vor wenigen Wochen im Drei-Tages-Rhythmus zelebrierte, kollabierte regelrecht. "Das Team ist traurig. Die Champions League war unser oberstes Ziel", sagte Enrique konsterniert.

    Der giftigen und schnörkellosen Spielweise der Madrilenen von Atlético-Trainer Diego Simeone hatten die Katalanen nichts entgegen zu setzen. Das gefeierte Offensiv-Trio Messi, Neymar und Luis Suárez, der im Hinspiel beide Treffer für Barcelona geschossen hatte, brachte kaum etwas zustande.

    Messi völlig neben der Spur

    "Kein Messi, kein Neymar, kein Suarez. Die Superstars waren unsichtbar", titelte die Barcelona nahestehende El Mundo Deportivo. Die katalanische Tageszeitung Sport zeigte Messi und Co. vor stürmischer See, darüber in dicken Lettern die Schlagzeile: "Verlierer."

    Trauriger Weltfußballer: Lionel Messi schlich nach dem 0:2 geknickt aus dem Vicente Calderon
    Trauriger Weltfußballer: Lionel Messi schlich nach dem 0:2 geknickt aus dem Vicente Calderon © Imago/VI Images

    Vor allem Messi (As: "Messi irrte über den Platz.") agiert zurzeit vollkommen neben der Spur - und steht damit sinnbildlich für das Barcelona der vergangenen Wochen. Seit fünf Spielen - so lange wie seit April 2010 nicht mehr - wartet der Argentinier auf einen Torerfolg. Fünf Spiele, in denen Barças Vorsprung auf Atlético auch in der Liga von acht bis auf drei Punkte geschmolzen ist. Weitere Negatvimarke: Zuletzt war Barça vor acht Jahren in zwei Pflichtspielen hintereinander ohne eigenen Torerfolg geblieben (der Pleite gegen Atlético war eine 0:1-Niederlage in der Liga bei San Sebastian vorausgegangen).

    Ter Stegen appelliert an seine Kollegen

    "Wir müssen das jetzt ganz schnell vergessen und positiv bleiben", appellierte Barças deutscher Nationaltorhüter Marc-André ter Stegen an seine Teamkollegen: "Jetzt gilt es, den Fokus auf die Liga zu legen."

    Durch das Ausscheiden Barcelonas bleibt es dabei: Seit der Einführung der Champions League in der Saison 1992/93 konnte keine Mannschaft den Titel zweimal hintereinander gewinnen. Barca verpasste sogar schon zum vierten Mal die Chance, seinen Titel zu verteidigen.

    Bei Atlético herrschte unterdessen Hochstimmung. Nach den beiden Treffern von Antoine Griezmann (36. und 88./Handelfmeter) fiebern die Rojiblancos der Halbfinal-Auslosung am Freitag entgegen. "Den einzigen Wunsch, den wir haben, ist: Kein Duell mit Real Madrid", sagte Linksverteidiger Filipe Luis.