Paderborn. Zwölf sieglose Spiele in Serie und die Proschwitz-Affäre wurden dem Coach zum Verhängnis. SCP-Boss Finke findet deutliche Worte.

Viel Unruhe, wenig Erfolg - Stefan Effenberg ist bei seinem Einstand in den Trainerjob krachend gescheitert. Nach nicht einmal fünf Monaten ging die von diversen Affären begleitete Arbeit des einstigen Weltklasse-Profis beim Fußball-Zweitligisten SC Paderborn zu Ende. Die Begründung von Wilfried Finke für die Trennung glich einer schonungslosen Abrechnung. „Wir drohten zum SC Effenberg zu degenerieren. Diese Hollywood-Welt steht uns nicht so gut zu Gesicht“, klagte der Vereinspatron am Donnerstag. Selbstkritisch räumte er ein: „Die Symbiose Effenberg-Paderborn hat nicht funktioniert. Es war im Nachhinein ein Fehler.“

Der Nachfolger war schnell gefunden. Schon zwei Tage nach dem tristen 0:0 beim Karlsruher SC beförderten die Ostwestfalen Rene Müller vom Leiter des Nachwuchs-Leistungszentrums zum Cheftrainer. Anders als 2013, als der ehemalige Zweitliga-Profi bei den Ostwestfalen kurze Zeit eingesprungen war, soll der 41 Jahre alte Müller diesmal keine Interimslösung sein. Allerdings gibt es noch keine vertragliche Vereinbarung über die Länge der Zusammenarbeit. „Wir werden jetzt doch nicht so naiv sein, entsprechende Regelungen zu treffen, ohne zu wissen, in welcher Liga wir künftig spielen“, sagte Finke.

Neben der desaströsen sportlichen Bilanz mit zuletzt 13 Pflichtspielen ohne Sieg gaben andere, für den Verein zunehmend imageschädigende Faktoren den Ausschlag für die Trennung von Effenberg. Spätestens nach der jüngsten Aufregung über die vom Trainer versäumte Fortbildung zur Verlängerung seiner 2012 erworbenen Lizenz war die Geduld von Finke endgültig aufgebraucht. „Ich habe gespürt, dass das Fass überläuft. Diese Nebenschauplätze waren am Ende unerträglich“, befand Finke.

Neuanfang nur ein Wunschdenken

Per Telefonat aus seinem Urlaubsdomizil Mallorca informierte die Paderborner Allmacht den Gellhaus-Nachfolger am Mittwochabend über die Trennung. Wie der bis 2017 datierte Vertrag aufgelöst wird, soll laut Finke in den kommenden Wochen geklärt werden: „Es dürfte nicht das Ziel von Stefan Effenberg sein, eineinhalb Jahre auf der Payrole des SC Paderborn zu stehen.“

Die mutige Wahl des Bundesliga-Absteigers, dem Champions-League-Sieger von 2001 zu seinem Trainerdebüt zu verhelfen, machte sich nicht bezahlt. Nur in den ersten beiden Spielen unter der Regie des am 13. Oktober 2015 angestellten und mit einem Vertrag bis 2017 ausgestatteten Fußball-Lehrers gab es Siege. Doch die Hoffnung der Ostwestfalen auf einen Neuanfang erwiesen sich als Wunschdenken. In den vergangenen zwölf Ligaspielen verbuchte das Team lediglich sechs Punkte.

Auch die Suspendierungen der Profis Daniel Brückner, Mahir Saglik und Srdjan Lakic im vergangenen Dezember konnten den Trend nicht stoppen. Zudem schürte die peinliche Affäre um Nick Proschwitz die Diskussion um Disziplinprobleme in der Mannschaft. Der mittlerweile zum belgischen Erstligisten VV St. Truiden gewechselte Angreifer hatte sich im Trainingslager in einer türkischen Hotelbar entblößt. Daraufhin forderte Finke den Coach auf, „zu liefern. Denn wenn er nicht liefert, steigen wir ab.“

Das ist Stefan Effenberg

Geburtsdatum

2. August 1968

Geburtsort

Hamburg

Spitzname

Tiger

Vereine als Trainer

SC Paderborn (13. Oktober 2015 - 2. März 2016)

Vereine als Profi

1987-1990 Borussia Mönchengladbach1990-1992 Bayern München1992-1994 AC Florenz1994-1998 Borussia Mönchengladbach1998-2002 Bayern München2002-2003 VfL Wolfsburg2003-2004 Al-Arabi Sports-Club (Katar)

Position

Offensives Mittelfeld

Größte Erfolge

2001 Champions-League-Sieger mit Bayern München2001 Weltpokalsieger mit Bayern MünchenDeutscher Meister: 1999, 2000, 2001 mit Bayern MünchenDFB-Pokal-Sieger: 1995 mit Borussia Mönchengladbach2000 mit Bayern München

Länderspiele

35

Größter Erfolg

1992 EM-Zweiter

1/9

Doch der Verein kam auch trotz dieser deutlichen Worte nicht zur Ruhe. Im Februar akzeptierte Effenberg einen Strafbefehl wegen Trunkenheit am Steuer nach einem Oktoberfestbesuch. Zuletzt wurde bekannt, dass er eine vorgeschriebene Fortbildung im Herbst nicht besucht hat. Deshalb war seine Trainerlizenz nicht mehr gültig. Das gab für Finke den Ausschlag: „Es war peinlich, weil ich so etwas gar nicht für möglich gehalten habe. Das ist eine Frage, wie ordentlich ich bin. Ich erwarte, dass ein ehrgeiziger Trainer diese Auflagen erfüllt.“

Effenbergs Nachfolger Müller ist zuversichtlich, die sportliche Talfahrt stoppen zu können. „Ich habe sofort Bereitschaft signalisiert, diese Herausforderung anzunehmen und bin absolut davon überzeugt, dass diese Mannschaft Qualität hat.“

So war Effenberg begrüßt worden:

Effenberg startet Trainerkarriere in der Provinz

Selfie ist der Mann: Stefan Effenberg ist der neue Local Hero in Paderborn
Selfie ist der Mann: Stefan Effenberg ist der neue Local Hero in Paderborn © Bongarts/Getty Images | Oliver Hardt
Der hoch dekorierte Ex-Kicker hat sich für den Start seiner Trainerkarriere den Bundesligaabsteiger SCP ausgesucht
Der hoch dekorierte Ex-Kicker hat sich für den Start seiner Trainerkarriere den Bundesligaabsteiger SCP ausgesucht © dpa | Friso Gentsch
Praktische Hilfestellung geben soll dem „Tiger“ Assistent Sören Osterland (l.)
Praktische Hilfestellung geben soll dem „Tiger“ Assistent Sören Osterland (l.) © Bongarts/Getty Images | Oliver Hardt
Der neue Paderborner Star wurde mit viel Tamtam vorgestellt
Der neue Paderborner Star wurde mit viel Tamtam vorgestellt © dpa | Friso Gentsch
Besondere Freude über den Coup verspürt Paderborns Macher Wilfried Finke (l.)
Besondere Freude über den Coup verspürt Paderborns Macher Wilfried Finke (l.) © Oliver Hardt
Effenberg muss die Ostwestfalen aus dem Keller der zweiten Liga führen - die erste Ansprache gab es für die Mannschaft schon kurz nach seiner Präsentation
Effenberg muss die Ostwestfalen aus dem Keller der zweiten Liga führen - die erste Ansprache gab es für die Mannschaft schon kurz nach seiner Präsentation © dpa | Friso Gentsch
Auch als Spieler nahm „Effe“ kein Blatt vor den Mund - wie hier als Gladbacher im rheinischen Derby gegen Kölns Toni Polster
Auch als Spieler nahm „Effe“ kein Blatt vor den Mund - wie hier als Gladbacher im rheinischen Derby gegen Kölns Toni Polster © dpa | Herbert Spies
Bei der WM 1994 in den USA endete Effenbergs (r., neben Oliver Bierhoff und Berti Vogts) Nationalmannschaftskarriere abrupt - Schuld war ein Stinkefinger im Spiel gegen Südkorea
Bei der WM 1994 in den USA endete Effenbergs (r., neben Oliver Bierhoff und Berti Vogts) Nationalmannschaftskarriere abrupt - Schuld war ein Stinkefinger im Spiel gegen Südkorea © dpa | Oliver Berg
Besser lief es für den gebürtigen Hamburger im Vereinsfußball - für den FC Bayern München stemmte der Rotblonde 2001 den Champions-League-Pokal in den Mailänder Himmel
Besser lief es für den gebürtigen Hamburger im Vereinsfußball - für den FC Bayern München stemmte der Rotblonde 2001 den Champions-League-Pokal in den Mailänder Himmel © dpa | Matthias Schrader
Deutscher Meister und Pokalsieger wurde Effenberg mit den Bayern natürlich auch
Deutscher Meister und Pokalsieger wurde Effenberg mit den Bayern natürlich auch © dpa | Bernd Weissbrod
Auch sonst fühlt sich der Lebemann zur bayerischen Metropole hingezogen - hier mit On-off-Partnerin Claudia 2015 auf dem Oktoberfest
Auch sonst fühlt sich der Lebemann zur bayerischen Metropole hingezogen - hier mit On-off-Partnerin Claudia 2015 auf dem Oktoberfest © dpa | Felix Hörhager
Seine Karriere in Deutschland ließ Effenberg beim VfL Wolfsburg ausklingen
Seine Karriere in Deutschland ließ Effenberg beim VfL Wolfsburg ausklingen © dpa | Roland Weihrauch
Es folgte ein Engagement als Experte beim Sender
Es folgte ein Engagement als Experte beim Sender "Sky" (hier mit Moderatorin Esther Sedlaczek) © Witters
In Paderborn hatte sich Effenberg (hinter dickem Glas beim Spiel gegen Bayern München) schon während deren Erstligasaison umgeschaut
In Paderborn hatte sich Effenberg (hinter dickem Glas beim Spiel gegen Bayern München) schon während deren Erstligasaison umgeschaut © dpa | Friso Gentsch
Am 13. Oktober signierte er schließlich seinen ersten Vertrag als Fußballlehrer
Am 13. Oktober signierte er schließlich seinen ersten Vertrag als Fußballlehrer © REUTERS | INA FASSBENDER
Seine Qualifikation hatte sich Effenberg (M., mit Matthias Sammer, l., und DFB-Voize Rainer Milkoreit) 2012 mit der Trainerurkunde geholt
Seine Qualifikation hatte sich Effenberg (M., mit Matthias Sammer, l., und DFB-Voize Rainer Milkoreit) 2012 mit der Trainerurkunde geholt © Witters
Der Star ist der Trainer: Stefan Effenberg beobachtet Paderborns österreichischen Abwehrmann Niklas Hoheneder
Der Star ist der Trainer: Stefan Effenberg beobachtet Paderborns österreichischen Abwehrmann Niklas Hoheneder © Bongarts/Getty Images | Oliver Hardt
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