„Das Geschäft läuft super“, sagt Ex-HSV-Profi Nigel de Jong über die kickende Kundschaft in seinem Hamburger Luxus-Autohaus. Woher rührt der Trend der Fußballer zum dicken Auto vom ersten Gehalt?

Köln. 160.000 Euro. 564 PS. 0 Bundesliga-Spiele. Donis Avdijaj, 18, Führerschein-Neubesitzer ist derzeit das Lehrbeispiel für die Liebe junger Fußballer zu unanständig motorisierten Luxusautos. Von seinem ersten Profigehalt bei Schalke 04 leistete sich der 18-Jährige in krasser Verkennung des Missverhältnisses zwischen Leistung und Selbstbild einen weißen Mercedes SL 63 AMG - und mit dem war er gleich in einen Unfall verwickelt.

Statussymbol PKW. Christian Heidel ist Manager beim Bundesligisten FSV Mainz 05, und er sieht das Problem von zwei Seiten - er war Gesellschafter eines Autohauses. „Wenn man einem 18-Jährigen eine Rennmaschine hinstellt, ist das sehr grenzwertig und gefährlich“, sagt Heidel. Junge Fußballer würden sehr früh mit Reichtum und Ruhm konfrontiert: „Ich musste auf mein erstes Auto noch mit dem Hammer hauen, damit es ansprang.“ Heute sehen Parkplätze am Trainingsgelände aus wie Showrooms von Edelherstellern.

Heidel selbst winkt niemals „Rennwagen“ für seine jungen Spieler durch. „Jeder Vertrag geht über meinen Schreibtisch. Wenn ein 18-Jähriger mit einem 550-PS-Wagen käme, wäre ich überhaupt nicht amused. Unsere Jungs wissen: Wenn sie 280 PS bestellen, wird das Auto plötzlich mit einem kleineren Motor geliefert.“

In der Bundesliga sind jüngst einige erschreckende Fälle bekannt geworden. Marco Reus (Borussia Dortmund) fuhr viele Jahre, ohne je einen Führerschein besessen zu haben - einen Aston Martin. Marco Russ von Eintracht Frankfurt wurde wegen Verkehrsdelikten vor Gericht bestellt, ließ sich attestieren, er sei verhandlungsunfähig - und spielte am selben Abend ein Testspiel. Die Folge: 160.000 Euro Strafe.

Uwe Harttgen, Ex-Profi, Psychologe und Vorsitzender der Kommission Leistungszentren der Deutschen Fußball Liga (DFL), sieht einen Grund im Wunschdenken. „Die Spieler wollen vielleicht zeigen: Ich gehöre dazu. Ich bin jetzt ein Großer“, sagt er.

Bei aller „Tragik und Bestürzung“ nach dem Tod des Wolfsburgers Junior Malanda, der nicht selbst am Steuer saß, warnt Harttgen davor, „ein generelles Problem zu konstruieren“. Er erlebe „wahnsinnig viele Jungs, die das richtig fantastisch machen und sehr zurückhaltend sind“. Dass sich junge Menschen mit Statussymbolen auseinandersetzten, sei normal: „Das Auto stellt ein Statussymbol dar, das wird je nach Reifestatus, Charakter oder Temperament aber sehr unterschiedlich behandelt.“

In Frankfurt nur Mittelklasse-Wagen

Die Frage aus Vereinssicht sei: „Was mache ich? Ist es sinnvoll, mit der PS-Zahl runterzugehen?“ Heidel glaubt: ja. „Es gibt aber einen Riesenunterschied, ob Spieler einen Wagen gestellt bekommen oder sich privat ein Auto kaufen. Das kann man nicht verbieten“, betonte er. „Bei uns wissen die Spieler aber sehr genau, was ich nicht gerne sehe.“

Sein Kollege Heribert Bruchhagen, Vorstandschef von Eintracht Frankfurt, macht den „PS-Wahn“ ebenfalls „nicht mit“. Die Spieler der Hessen bekommen einen Mittelklasse-PKW gestellt, mit dem sie zum Training zu erscheinen haben. „Das halte ich auch für angemessen“, sagte er dem Express. Wer aus der Reihe tanzt, wird zur Ordnung gerufen.

Nigel de Jong spielte für den Hamburger SV, er ist in Hamburg Co-Inhaber des Luxus-Autohauses Continental Cars, wo Fußballer ein und aus gehen. Ob Bentley, Ferrari, Aston Martin: De Jong verkauft die ganz großen Marken an nicht immer die ganz großen Spieler. „Das Geschäft läuft super“, berichtet er.

Automarken als wichtige Werbepartner

Die Bundesliga-Vereine haben meist Partner-Automarken. Die Bayern-Spieler fahren allesamt Audi, die Schalker und Wolfsburger - logisch - VW, die Mainzer und Dortmunder Opel. Die Nationalmannschaft wird schon seit 1972 von Mercedes-Benz ausgestattet.

Die Hersteller erfreuen sich an den Bildern der Stars - möglichst in Szene gesetzt in den neuesten Modellen. Privat darf es für die Top-Verdiener dann auch mal ein Lamborghini Murciélago sein.

Manchmal sind es Alltäglichkeiten, die auffallen. Matija Nastasic gab sein erstes Interview als Spieler von Schalke 04 in Doha auf dem Weg vom Flughafen ins Hotel - auf dem Rücksitz eines PKW. Angeschnallt war er nicht.