Trotz der Niederlage darf sich der Debütant aus Leverkusen über seine Länderspiel-Premiere freuen. Vor ein paar Monaten sprach nicht viel für eine Karriere in der Nationalmannschaft.

Warschau. Die Frage, was er denn nun mit seinem Debüttrikot machen würde, hatte Karim Bellarabi schnell beantwortet. „Das bekommt meine Mama, die freut sich schon darauf“, sagte der 73. Debütant in der Ära Joachim Löw, der trotz der 0:2-Niederlage durchaus zufrieden sein konnte. „Natürlich freue ich mich über mein erstes Länderspiel, auch wenn das Spiel der Mannschaft im Vordergrund steht. Trotzdem: Ein Traum ist in Erfüllung gegangen“, sagte der Deutschmarokkaner, „vor ein paar Monaten hätte ich nicht gedacht, dass das alles so schnell gehen könnte.“

Vor ein paar Monaten hätte man den 24 Jahre alten Fußballprofi, der gerade erst mit Eintracht Braunschweig in die Zweite Liga abgestiegen war, wohl eher in die Sportabteilung von Karstadt geschickt, wenn er tatsächlich ein Trikot der deutschen Nationalmannschaft hätte haben wollen.

In Braunschweig, wo Bellarabi einst seinen Zivildienst bei der Lebenshilfe absolviert hatte, wurde der gebürtige Berliner gar von Trainer Torsten Lieberknecht aus dem Kader geworfen, weil er einmal zu spät zum Mannschaftsfrühstück kam. Und obwohl der im schwierigen Bremer Stadtteil Huchting aufgewachsene Offensivmann gerade einmal drei Tore in der vergangenen Saison erzielen konnte, stand es für Leverkusens Neu-Trainer Roger Schmidt außer Frage, den 24 Jahre alten Spätstarter Bellarabi ein weiteres Mal zu verleihen. „Er ist zwar nicht mehr der Jüngste, kann aber noch einen richtigen Sprung machen“, prophezeite der Coach.

Wie recht Schmidt mit seiner Einschätzung hatte, konnten 12,03 Millionen deutsche Zuschauer am späten Sonnabend im Fernsehen verfolgen. „Man hat gesehen, was Karim für Fähigkeiten hat“, lobte Mario Götze. Spritzig sei er gewesen, meinte Thomas Müller, und auch Christoph Kramer und Toni Kroos waren sich einig, dass der Neuling „ein sehr gutes Spiel“ gemacht habe. Da wollte auch Joachim Löw in den Kanon mit einstimmen: „Karim ist immer besser ins Spiel gekommen. In der zweiten Halbzeit war er wahnsinnig aktiv. Er war ständig präsent“, lobhudelte der Nationaltrainer, der nun überlegen muss, ob er den Aufsteiger der Saison auch am Dienstag in Gelsenkirchen gegen Irland (20.45 Uhr/RTL) wieder von Anfang an bringt.

Dass Bellarabi durchaus lernfähig ist, hat er direkt nach dem 0:2 gegen Polen bereits bewiesen. „Ich bin schon ein wenig traurig“, sagte der Debütant, der einst nach dem 1:7 Leverkusens gegen Barcelona von einem „großen Moment“ gesprochen hatte, als er den Ehrentreffer beim peinlichen Auftritt seiner Mannschaft erzielt hatte. Wirklich große Momente in der Nationalmannschaft, das hoffen auch Mama Bellarabi (eine Deutsche) und Papa Bellarabi (ein Marokkaner), sollen ja schließlich jetzt erst kommen. „Ich habe mir vor der Saison vorgenommen, in diesem Jahr anzugreifen – denn so viele Chancen bekommt man nicht im Leben“, hatte der Junior noch vor Kurzem gesagt. Seine erste Chance im Nationalteam hat er jedenfalls genutzt.