In vier Wochen Weltmeisterschaft wurden neue Stars geboren und alte Stars vom Himmel geholt. Es gab Enttäuschungen, Überraschungen und auch das Ende einiger großer Karrieren.

Neymar krümmt sich vor Schmerzen, Neymar weint, Neymar wird vom Platz getragen, mit dem Helikopter in eine Klinik geflogen. Der Verlust ihres Superstars im Viertelfinale gegen Kolumbien war für die Mannschaft von Gastgeber Brasilien nicht zu kompensieren. Die Bilder von Neymars Leiden prägen den WM-Auftritt der Selecao mehr, als die Bilder seiner Tore in der Vorrunde. Brasilien war Neymar, ohne Neymar war Brasilien nichts.

Der Weltfußballer 2013 gehörte zu den größten Enttäuschungen. Portugals Stürmerstar Cristiano Ronaldo war offenbar noch nicht vollständig von einer Knieverletzung genesen, schleppte sich über den Platz, wollte, aber konnte nicht. Nach dem Vorrundenaus kämpfte der 29-Jährige mit den Tränen, er ahnte, dass ihm nach all seinen Erfolgen im Vereinsfußball der ultimative Triumph auf Weltebene wohl für immer versagt bleiben wird.

Niemand kann nach dieser Weltmeisterschaft den Schiedsrichtern Konstanz absprechen: Vom Auftaktspiel mit geschenktem Elfmeter bis zum Finale mit eigenwilliger Zweikampfauslegung waren die Unparteiischen überwiegend schwach. Auch der Münchner Felix Brych pfiff nicht fehlerfrei. Schon vor vier Jahren erreichten die Schiris nicht das Niveau der Spiele, geändert hat sich nichts. Der Kontinentalproporz bei der Berufung spielt dabei eine Rolle. „Es waren nicht die 25 besten Schiedsrichter hier“, sagte der frühere Fifa-Referee Urs Meier.

45 Millionen Euro hat der AS Monaco schon vor einem Jahr an den FC Porto für James Rodríguez bezahlt. Jetzt weiß die Welt, warum. Der 22 Jahre alte Kolumbianer wurde mit sechs Treffern Torschützenkönig des Turniers und glänzte auf dem Weg ins Viertelfinale als Spielmacher seines starken kolumbianischen Teams. Jetzt träumt er von Real Madrid – und 45 Millionen für ihn werden nicht mehr reichen.

Streit um Prämien und Unterküfte, interner Zoff in den Teams, Stars, die die Mannschaften aufstellten, Funktionäre, die Trainer angingen – die Teams aus Schwarzafrika erwiesen sich erneut als unerfülltes Versprechen. Kamerun verabschiedete sich mit drei Niederlagen und unrühmlichen Szenen. Die Elfenbeinküste verpatzte das Entscheidungsspiel gegen Griechenland. Ghana überzeugte nur beim 2:2 gegen die DFB-Elf. Selbst Afrikameister Nigeria, der es ins Achtelfinale schaffte, konnte fußballerisch nicht überzeugen. „Einen Albtraum vom ersten Tag der Vorbereitung bis hin zum Ende“, nannte der Berliner Kevin Prince Boateng seine WM-Erfahrungen mit Ghana.

Mit nur einem Punkt nach der Vorrunde ausgeschieden, erstmals nach 1958. England setzte die Reihe seiner Enttäuschungen bei WM-Turnieren fort, auch wenn Wayne Rooney sein erster Treffer in einer Endrunde gelang. Das Fußball-Mutterland bleibt international ein Scheinriese. Trotz einer spielerisch guten Leistung verloren die „Three Lions“ ihr Auftaktspiel gegen Italien. Uruguay zeigte den größeren Willen, und beim 0:0 gegen Costa Rica war nichts mehr zu retten.

Sogar Präsident Barack Obama hat seine Leidenschaft für „Soccer“ entdeckt. Das Team der USA mit seinem deutschen Trainer Jürgen Klinsmann hat mit seinem unglaublichen Kampfgeist und mutigem Spiel begeistert. Auch die eigenen Landsleute, die in nie gekannter Zahl die TV-Geräte einschalteten, sich zum Public Viewing versammelten und auch bunt gewandet in Brasilien in den Stadien standen. Vor der WM wurde „the German“ Klinsmann teilweise noch in US-Medien angegriffen, nach dem Viertelfinaleinzug ist der Coach unantastbar.

Joell Campbell, Christian Bolaños, Keylor Navas und die anderen. Kaum jemand kannte sie vor dem Turnier, doch diese Mannschaft aus Costa Rica hat sich bei der WM einen Namen gemacht. Das Team aus der mittelamerikanischen Musterdemokratie war die große Überraschung. Als klarer Außenseiter in einer Gruppe mit den ehemaligen Weltmeistern Uruguay, England und Italien gestartet, schaffte es die Mannschaft bis ins Viertelfinale und scheiterte erst im Elfmeterschießen an den Niederlanden.

Der alte Mann mit dem Bart, der scheinbar schlurfend den Ball streichelt, der nicht laufen muss, weil er richtig steht. Andrea Pirlo eben, Italiens Geist und Seele, hätte ein besseres Ende auf der großen Bühne verdient gehabt. Vorrundenaus, unwürdig für ihn und seinen langjährigen Weggefährten, Torwart Gianluigi Buffon. Aber Italien heute, das war wohl zu viel Mario Balotelli und zu wenig Pirlo.

Ein Pfiff und schwups, schon kommt die Dose aus der Hose. Ein energischer Sprüh, die Linie liegt, die Spieler parieren, die Entfernung zur Mauer stimmt. Das zunächst belächelte Freistoßspray hat sich als Volltreffer erwiesen, schon überlegt die Bundesliga die Einführung zur übernächsten Saison. Offen scheint noch, ob dann ein Rasierschaumhersteller als Sponsor auftritt oder doch ein Sprühsahnefabrikant.

Wie ein Irrwisch stürmte Arjen Robben die Außenlinie nach vorne, kurvte rein, ließ sich foulen, passte, schoss, nicht zu stoppen, ein Naturereignis. Nie sah man den Bayern-Angreifer bei einem internationalen Turnier besser, nicht wenige glauben, der Niederländer sei der stärkste Spieler der WM gewesen. Absolut fit konnte der 30 Jahre alte Stürmer in Brasilien antreten und sorgte insbesondere in der Vorrunde mit seinen Hochgeschwindigkeitssprints für Furore. Die Krönung aber blieb ihm wie vor vier Jahren im Endspiel versagt, Argentiniens Bollwerk konnte ihn im Halbfinale bremsen. Immerhin reichte es noch für Platz drei. Erstmals beendete Oranje damit eine WM mit einem Sieg. Und Arjen Robben, der das „kleine Finale“ am liebsten abschaffen würde, war dann doch ganz „stolz und zufrieden“.

Vier Monate Sperre lautete das drakonische Urteil der Fifa für Luis Suárez nach seiner Beißattacke im letzten Vorrundenspiel gegen Italiens Giorgio Chiellini. Der Stürmerstar aus Uruguay ist schließlich Wiederholungstäter, „knabberte“ schon zweimal an einem Gegner rum und fiel vor vier Jahren bei der WM durch sein absichtliches Handspiel auf der Torlinie im Viertelfinale gegen Ghana unsportlich auf. Der FC Barcelona holte ihn jetzt trotzdem aus Liverpool, für 75 Millionen Euro – aber erst einmal hat Suárez frei.

Torwart Iker Casillas und Regisseur Xavi, die beiden herausragenden Figuren der spanischen Erfolge in den letzten Jahren. Ihre Zeit ist bei dieser WM abgelaufen, vielleicht haben sie sogar ein Turnier zu viel gespielt. An ihrer „Lebensleistung“ ändert das nichts.

Das Last-Minute-Aus der Schweiz im Achtelfinale gegen Argentinien brachte noch einmal alles, was ein Fußballspiel so dramatisch macht. Ein würdiges Karriereende für Trainer Ottmar Hitzfeld, wenn auch ein unglückliches. Der 65-Jährige war stolz auf sein Team, so konnte er nach über 30 Jahren im Beruf aufhören, einer der erfolgreichsten deutschen Trainer überhaupt. Sieben deutsche Meisterschaften konnte er erringen und zweimal die Champions League. Am Ende seiner Laufbahn standen dem großen Mann die Tränen in den Augen, aber auch, weil sein Bruder kurz vor dem Spiel gestorben war.