Mittwoch beginnt das WM-Trainingslager der DFB-Auswahl in Südtirol. Neuer und Lahm erweitern Löws Sorgen. Deutschlands Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer beruhigt aber die Schwarzmaler.

München/Hamburg. Es war ein Bild, das Besorgnis auslöste. Die Schulter in eine dicke Armschlinge gelegt, verließ Manuel Neuer am Montagmittag mit bedrücktem Gesichtsausdruck die Praxis von Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Via Twitter verbreitete sich das Foto des bandagierten deutschen Nationaltorhüters in hoher Geschwindigkeit. Hat sich der Keeper der FC Bayern München einen Bänderriss zugezogen? Ist sogar die WM-Teilnahme in Gefahr? Erinnerungen wurden wach an die WM vor vier Jahren in Südafrika, als Stammtorwart René Adler kurz vor dem Turnier wegen einer Rippenoperation absagen musste.

Nur wenige Stunden nach der neuen Sorgenwelle gab es aber Entwarnung. Manuel Neuer, der 2010 erst durch die Verletzung Adlers die Nummer eins im deutschen Tor wurde, wird an der WM in Brasilien teilnehmen. „Er hat einen kleinen Einriss am Kapsel-bandapparat des rechten Schultereckgelenks und muss mit dem Training kürzertreten“, sagte Bayerns Mediendirektor Markus Hörwick. Neuer reist am Mittwoch mit in das Trainingslager der deutschen Nationalmannschaftdeutschen Nationalmannschaft im idyllischen St. Leonhard in Südtirol.

Auch Philipp Lahm wird dabei sein. Der Kapitän der DFB-Auswahl und des FC Bayern München hatte sich im Endspiel des DFB-Pokals gegen Borussia Dortmund am Sonnabend früh am Knöchel verletzt und musste ausgewechselt werden. „Er laboriert an einem Bluterguss im linken Sprunggelenk nach einem Kapseleinriss. Bänder und Knochen sind nicht verletzt“, teilte der Verein mit. Trotzdem muss Lahm fünf bis sieben Tage pausieren. Neuer, der sich gegen den BVB bei einer Rettungsaktion verletzte, als er ausrutschte und mit voller Wucht auf seine eigene Schulter prallte, soll erst einmal täglich behandelt werden. Wann der 28-Jährige wieder ins Training einsteigen kann, ist noch offen. Die Schlinge, die Neuer nach seinem Praxisbesuch in München trug, diene ausschließlich zur Entlastung des Gelenks.

Auch wenn sich die Diagnosen der beiden deutschen Stammkräfte letztlich als nicht so schlimm wie befürchtet herausstellten, dürften sie Bundestrainer Joachim Löw weitere Sorgen bereiten. Der vorläufige Kader für das Turnier in Brasilien befindet sich zu einem großen Teil im Krankenstand. Lahms Stellvertreter Bastian Schweinsteiger plagt sich mit einer Entzündung der Patellasehne herum, und Torjäger Miroslav Klose sucht nach vielen Verletzungspausen seine Form. In Südtirol ist zunächst mal die medizinische Abteilung des DFB-Teams gefordert, um die Spieler für die anstehende Vorbereitungstortur bis zum 31. Mai fit zu bekommen.

Muskuläre Probleme wie bei den Bayern-Profis Thomas Müller und Toni Kroos, die beim Pokalfinale gegen Dortmund mit Wadenkrämpfen zu kämpfen hatten, sind für die drei Ärzte und vier Physios noch das geringste Problem. Und so ganz nebenbei soll noch Mittelfeldspieler Sami Khedira, der am kommenden Sonnabend mit Real Madrid das Champions-League-Finale in Lissabon gegen Stadtrivale Atletico bestreitet, nach seiner langen Verletzungspause und seiner verspäteten Anreise von kommender Woche an wieder WM-tauglich gemacht werden.

Deutschlands Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer beruhigt aber die Schwarzmaler: „Jogi Löw hat bis zur WM vier Wochen Zeit, die Spieler regenerieren zu lassen. Ich bin sicher, Fitness wird kein Problem sein in Brasilien“, so der 68-Jährige in der „Bild“.

Lahm hatte dem Bundestrainer schon vor der Untersuchung am Montag Hoffnung gemacht. „Es hat sich ein bisschen was verschoben im Sprunggelenk. Die Kapseln haben vielleicht ein bisschen was abbekommen. Aber wir sind alle zuversichtlich“, sagte der 30-jährige Lahm, der am Sonnabend wegen einer Verletzung am Wadenbeinkopf mit schmerzverzerrtem Gesicht vorzeitig vom Platz gehumpelt war.

Schweinsteiger, ebenfalls einer von Löws Schlüsselspielern, konnte wegen einer Reizung der Patellasehne gar nicht erst auflaufen. „Ich habe mit Bastian und Dr. Müller-Wohlfahrt telefoniert. Beide waren sehr optimistisch, dass Bastian am Montag oder Dienstag schmerzfrei sein müsste und ab Mittwoch bei uns im Trainingslager vollumfänglich trainieren kann“, sagte Löw. „Ich bin zuversichtlich, dass ich Mitte oder Ende der Woche wieder trainieren kann“, sagte Schweinsteiger selbst.

Ähnlich wie der 29-Jährige, Neuer und Lahm wird es auch DFB-Rekordtorjäger Klose in Südtirol langsam angehen lassen. Der 35 Jahre alte Italien-Legionär machte Löw angesichts des Stürmernotstands in der DFB-Auswahl aber ebenfalls Hoffnung. „Ich bin zwar nicht in absoluter Topform, um morgen eine WM spielen zu können. Aber es gibt keinen Grund zur Beunruhigung. Ich brauche die zehn Tage Vorbereitung sowie die zwei Testspiele, um in den Rhythmus zu kommen. Dann bin ich 100 Prozent fit und voll da“, sagte er der „Welt am Sonntag“.