Am Ende blieb wieder nur der Applaus des Gegners: Regionalligaclub SC Victoria unterliegt Bundesligist Hannover 96 mit 0:2. Die Hamburger ließen 69 Minuten keinen Treffer zu.

Hamburg. Als die Spieler des Hamburger Regionalligisten SC Victoria 45 Minuten vor dem Anpfiff den Rasen an der Hoheluft betraten, um die Muskeln auf Betriebstemperatur zu bringen für das DFB-Pokal-Duell mit Bundesligist Hannover 96, erhielten sie freundlichen Beifall von der Tribüne. Auch ein paar Fans des großen Favoriten von der Leine, die sich über das feste Kontingent von 1200 Stehplatzkarten hinaus ein Ticket für die Partie hatten erwerben können, klatschten dem Außenseiter freundlich von ihren Sitzen aus zu. Nach der knappen 0:2-Niederlage drehten die Spieler in Blau und Gelb eine Ehrenrunde – und ernteten donnernden Applaus von allen 4784 anwesenden Fußballanhängern. Victoria hatte aus Sicherheitsgründen Plätze frei gelassen und die Stadionkapazität von 5200 Fans nicht ausgeschöpft.

„Dass unsere Fans auch geklatscht haben, ist erstens eine schöne Geste und zweitens absolut gerechtfertigt. Heute gebührt unserem Gegner ein großer Applaus“, lobte Hannovers Trainer Mirko Slomka die tapferen Amateurkicker. Wieder einmal hat der SC Victoria Hamburgs Amateurfußball würdig auf der großen Fußballbühne vertreten. Und wie dreimal zuvor in den vergangenen sechs Jahren langte es nicht ganz zur ersehnten Sensation. Das 1:0 gegen Oberhausen vom 15. August 2010 durch ein Freistoßtor von Stephan Rahn bleibt der einzige Erfolg der Victorianer im fünften Anlauf in dieser Zeit gegen ein Profi-Team im DFB-Pokal. Lange Zeit hatte es so ausgesehen, als könne der damalige Feiertag getoppt werden.

Victoria empfing eine von Beginn an uninspiriert wirkende Hannoveraner Mannschaft, in der nicht nur Ex-Nationalspieler Jan Schlaudraff einen rabenschwarzen Tag erwischte, gut gestaffelt im 4-2-3-1-System. Aggressiv und zweikampfstark verrichteten die Gastgeber so ihre Defensivarbeit. Viel entscheidender jedoch waren die Akzente nach vorne. „Ich bin wahnsinnig stolz auf die Jungs. Man hat unsere spielerische Weiterentwicklung sehen können“, lobte Victorias Trainer Lutz Göttling seine Mannschaft. Gelungene Ballstafetten, erstaunlich viele schnell ausgeführte indirekte Freistöße und lange Bälle auf die quirlige Sturmspitze Conrad Azong setzten Hannover zu.

Dennoch verzeichnete der Favorit die besseren Chancen, hätte in Halbzeit eins durch Stürmer Mame Diouf gleich zweimal (6., 27. Minute) in Führung gehen müssen. Victorias Keeper Tobias Grubba, der eine Top-Leistung bot, war jeweils zur Stelle. Auf der Gegenseite sorgte Benny Hoose mit einem abgefälschten Freistoß für die größte Gefahr für das Tor von Deutschlands Keeper Nummer drei, Ron-Robert Zieler.

Überhaupt Hoose. Er rannte, grätschte und passte, dass es eine Freude war, ihm zuzusehen. Ausgerechnet der Mann, dessen Profitraum in Hannover platzte, als er sich im Nachwuchsteam in zwei Jahren nicht durchsetzen konnte, ließ die Profis durch Technik und Spielintelligenz immer wieder alt aussehen. „Er war der beste Spieler auf dem Platz und hätte auch im roten Trikot spielen können“, adelte Manager Ronald Lotz seinen Spielmacher.

Victoria-Präsident Helmuth Korte freut sich schon auf nächstes Jahr

Zu Recht wurde Hoose genau wie die übrigen Victorianer mit „Standing Ovations“ in die Halbzeit verabschiedet. Gleich nach dem Wechsel verpasste er mit einer wunderbaren Einzelaktion nur knapp die Führung (51.), bevor Hannover etwas dominanter wurde. Einen Schuss aus 18 Metern von Lars Stindl (54.) und einen kraftvollen Kopfball aus drei (!) Metern von Karim Haggui (66.) konnte Grubba noch entschärfen, dann war er geschlagen. Artur Sobiech köpfte nach Flanke von Christian Pander das 0:1. Victoria machte auf, und kassierte in der Nachspielzeit noch das 0:2 durch Szabolcs Huszti (90.+2).

Dennoch überwog nicht nur bei Trainer Göttling der Stolz auf die eigene Leistung die Trauer, die ganz große Sensation nicht geschafft zu haben. „Wir haben Hannover 96 den Fight geboten, den wir ihnen angekündigt haben“, sagte Torwart Tobias Grubba. „Mit unseren langen Bällen auf Conrad Azong kamen die einfach nicht klar“, ergänzte Benny Hoose. Er selbst wolle sich nun „nur noch auf die Couch legen“, da er heute um 10 Uhr im Fach Sportmedizin an der Universität eine Klausur schreibe.

Den sportlichen Blick nach vorn überließ Hoose Manager Lotz und Trainer Göttling. Beide betonten, am Mittwochabend stünde wieder ein wichtiges Pokalspiel an – beim Kreisligaclub VfL Hammonia (19.30 Uhr, Sternschanze). Will Victoria im nächsten Jahr wieder im DFB-Pokal dabei sein, müsse schließlich erneut der Oddset-Pokal in Hamburg gewonnen werden. „Und dann wollen wir mal sehen“, sagte Victorias Präsident Helmuth Korte, „welcher Bundesligist nächstes Jahr zu uns kommt.“

SC Victoria Hamburg: Grubba - Brück, Keyser, Eybächer, Trimborn (79. Trimborn) – Cetinkaya (65. Ziller), Rabenhorst – Sachs (84. Schulz), Hoose, Lindener – Azong. Hannover 96: Zieler – Sakai, Haggui, Schulz, Pander – Andreasen (90.+4 Hoffmann), Stindl (79. Schmiedebach) – Bittencourt, Huszti – Schlaudraff (58. Sobiech) – Diouf. Tore: 0:1 Sobiech (69.), 0:2 Huszti (90.+2). Zuschauer: 4784 (ausverkauft). Schiedsrichter: Unger (Halle).