London. Uli Hoeneß lächelte. Der Präsident nahm sich am Freitag vor dem Abflug nach London Zeit für Erinnerungsfotos, begrüßte Mitglieder seiner Reisegruppe mit Handschlag; wie gewohnt begleitete der Vereinschef des FC Bayern München seine Fußballer auch zum Champions-League-Finale gegen Borussia Dortmund nach London. Eigentlich alles wie immer - wenn da nicht die Steuer-Affäre wäre.

"Der Präsident ist einer von uns", hatte Arjen Robben schon vor dem Halbfinal-Rückspiel gegen den FC Barcelona betont. Rückendeckung aus seinem Club gab es jede Menge wie etwa durch Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge oder bei der internen Meisterfeier. Viel Kritik gab es dagegen aus der Politik oder von Aktionärsschützern am Umgang mit der brisanten Angelegenheit. Es ist jedoch ruhiger geworden, seitdem der Aufsichtsrat Anfang Mai mit einem 8:0-Votum für seinen Vorsitzenden Hoeneß stimmte. Im Amt darf der 61-Jährige also nun darauf hoffen, das erste Triple im deutschen Fußball zu feiern. Erst ein Triumph in Wembley, danach ein Sieg eine Woche später im DFB-Pokal-Finale in Berlin - es wäre die Krönung seines fußballerischen Lebenswerks. Und es wäre möglicherweise doch noch der richtige Moment, seine Ämter zur Verfügung zu stellen.

Tausende Fußballspiele hat Hoeneß miterlebt. Erst als Weltmeister auf dem Platz, dann 30 Jahre lang als erfolgreicher Manager - und jetzt als Präsident. Und als solcher will sich Hoeneß nicht zu früh gefreut haben. "Mit diesem Spiel haben wir die Vormachtstellung im deutschen Fußball zurück, die Verhältnisse sind geklärt", tönte er Ende Februar nach dem 1:0-Sieg im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen die Borussia. Wer hätte damals schon an eine ultimative Kraftprobe zwischen FCB und BVB um Europas Fußball-Thron geglaubt?

Enttäuscht hat Hoeneß mit seiner Steuerhinterziehung viele: Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit der es Sonnabend ein Wiedersehen auf der Ehrentribüne geben könnte. Redet sie mit ihm? Oder geht sie ihm demonstrativ aus dem Weg? "Ich würde mir wünschen, dass ich irgendwann die Gelegenheit bekäme, der Bundeskanzlerin in einem persönlichen Gespräch zu erklären, wie es so weit kommen konnte, der ganze Mist", hat Hoeneß unlängst gesagt. Ob dazu das Finale der richtige Zeitpunkt ist?