Kaiserslautern und Hoffenheim streiten um die höchste deutsche Spielklasse. Ein Duell mit besonders starker Brisanz

Hamburg . Bevor in Kaiserslautern das letzte Saisonspiel gegen St. Pauli angepfiffen wurde, schickten die Fans einen ersten Gruß in Richtung Hoffenheim. "Tod und Hass dem Dietmar Hopp" brüllten sie in Richtung des Hoffenheimer Mäzens, der in der 100.000-Einwohner-Stadt besonders verhasst ist. Nachdem der 73-Jährige die Schmähgesänge beim Saisonfinale in Dortmund gescheut hat, droht ihm in der Relegation der nächste Spießrutenlauf.

Diese unflätige Episode zeigt sehr anschaulich, wie emotional es werden wird, wenn sich beide Mannschaften am Donnerstag (20.30 Uhr) zunächst in der SAP-Arena und fünf Tage später auf dem Betzenberg gegenüberstehen. Sechs Pflichtspielduelle gab es bislang - und stets ging es hoch her. Es gab Rote Karten, Rudel aus streitenden Spielern und hitzig diskutierende Trainer. Einen Sieg für Kaiserslautern gab es übrigens noch nie. Nur etwas mehr als 80 Kilometer Luftlinie liegen zwischen ihren Vereinsheimen. In Wahrheit trennen die beiden Klubs jedoch Welten.

Hier einer der traditionsreichsten Klubs des Landes, Verein des großen Fritz Walter und zweimaliger deutscher Meister. Beim letzten Titel anno 1998 kickten die anderen noch in der Verbandsliga gegen Mannschaften wie Pforzheim und Durlach. Seitdem haben sich die Kräfteverhältnisse verschoben. Hoffenheim setzte dank der Millionen von SAP-Gründer Hopp zum Durchmarsch durch die Ligen an, Kaiserslautern mutierte zu einem klammen Fahrstuhlverein, der für die Bundesliga oft zu schwach, für die Zweite Liga aber zu stark war. Zweimal stieg der Klub in den vergangenen sieben Jahren ab.

In der gleichen Zeit stieg Hoffenheim dreimal auf. Die Pfälzer haben diese Entwicklung stets kritisch beäugt - im wirtschaftsschwachen Südwesten der Republik müssen sie sich schon mit Mainz und Frankfurt um jeden Sponsor streiten, einen weiteren Konkurrenten konnten sie beim besten Willen nicht gebrauchen. Nach dem Hoffenheimer Aufstieg in die Zweite Liga zerlegten Rowdys aus Kaiserslautern beim ersten Aufeinandertreffen das damalige Dietmar-Hopp-Stadion.

In einem offenen Brief wandten sich FCK-Fanclubs wenig später an den Namensgeber persönlich: "Das Modell Hoffenheim ist ein künstliches Produkt aus Kommerz und Event. Während große deutsche Traditionsvereine finanziell und sportlich einen Überlebenskampf führen, beruht der sportliche Erfolg Ihres Heimatvereins einzig und alleine auf Ihren finanziellen Launen." So in etwa sehen sie das bis heute.

Umso intensiver hoffen sie nun in Kaiserslautern, die Verhältnisse wieder zurechtzurücken. Ein Sieg im Relegationsduell würde nicht nur den Aufstieg in die Bundesliga bedeuten. Besonders verlockend wäre es für die Pfälzer, das verhasste Hoffenheimer Fußballprojekt in die Zweitklassigkeit zurückzuschicken.

In Hoffenheim wollen sie davon nichts wissen. "Wir freuen uns, dass wir es geschafft haben, noch zwei Spiele vor uns zu haben", sagte Trainer Markus Gisdol: "Mehr aber auch nicht. Wir dürfen das nicht überbewerten und müssen fokussiert bleiben. Es ist noch ein steiniger Weg, den wir hier zusammen gehen" Dabei ist eine Last-Minute-Rettung wie beim dramatischen 2:1 in Dortmund natürlich hilfreicher als ein 1:2 im irrelevanten Schlussakkord der Lauterer gegen St. Pauli. "So ein Adrenalin" habe er noch nie im Körper gehabt, sagte Hoffenheims Stürmer Sven Schipplock. Das wird bis Donnerstag nicht gewichen sein.

Kaiserslauterns Sportdirektor Stefan Kuntz hatte schon vor dem letzten Spieltag klargemacht, dass Hoffenheim der unangenehmste aller möglichen Relegationsgegner sein würde. "Wenn sie in Dortmund gewinnen, kommen sie mit viel Rückenwind."

Das Momentum, jenes schwer in Worte zu fassende Gefühl, das im Sport so oft über Sieg und Niederlage entscheidet, spricht vor dem ersten Aufeinandertreffen klar für den Tabellen-16. der Bundesliga.

Im Gegensatz zur chaotischen Saison im Kraichgau, wo sich vier Trainer und drei Manager die Klinke in die Hand gaben, hat der FCK eine geradezu langweilige Spielzeit hinter sich. Von Beginn an lautete das Ziel Wiederaufstieg in die Bundesliga; nie fiel die Elf von Coach Franco Foda dabei weiter als auf Platz sechs zurück. Die Teilnahme an der Relegation machte sie schon einen Spieltag vor Saisonschluss klar, mit den beiden Top-Zweitligisten Hertha und Braunschweig konnte sie jedoch nicht mithalten.

Zuverlässiger Erfolgsgarant war das Sturmduo. Mo Idrissou und Albert Bunjaku erzielten zusammen 30 der 54 Saisontore, unterstützt wurden sie dabei zumeist von Alexander Baumjohann. Gerade der 26-Jährige ist ein gutes Beispiel für den eigentlichen Verdienst vom vor der Saison von Sturm Graz verpflichteten Trainer Foda. Der gebürtige Mainzer schaffte es, aus einem Ensemble ausgemusterter, aber nicht perspektivloser Bundesliga-Profis (Baumjohann, Idrissou, Chris Löwe, Mimoun Azaouagh) eine hungrige Mannschaft zu formen.

Hoffenheim hingegen wurde immer wieder erschüttert von den Querelen um Ex-Nationalkeeper Tim Wiese. Erst als Gisdol ihn endgültig abservierte, kehrte Ruhe ein. Drei Siege in den letzten sieben Spielen sicherten die Teilnahme an den Relegationsspielen. Im kommenden Jahr soll er eine neue Hoffenheimer Mannschaft aufbauen - egal in welcher Liga.

Womöglich sollte er sogar auf eine Niederlage gegen Kaiserslautern hoffen. In dieser Saison wurden die Verlierer der Relegationen des Vorjahres (Hertha und Karlsruhe) mit dem direkten Wiederaufstieg belohnt. Die Gewinner (Düsseldorf und Regensburg) stiegen sofort wieder ab.