Mit einem überzeugenden 4:0-Sieg lassen die Münchner der Startruppe um Messi im Halbfinal-Hinspiel der Champions League keine Chance

München. Es war einer der größten Auftritte einer deutschen Fußballmannschaft in der Champions League. Dem FC Bayern München ist nach einem auch in dieser Höhe verdienten 4:0-Sieg gegen das Starensemble des FC Barcelona um Weltfußballer Lionel Messi der Einzug ins Endspiel kaum mehr zu nehmen. Thomas Müller (25. und 82. Minute), Mario Gomez (49.) und Arjen Robben (73.) sorgten im Halbfinal-Hinspiel für einen historischen Abend - und eine magische Nacht. Dem in eine Steueraffäre verwickelten Präsidenten Uli Hoeneß (lesen Sie auch Seite 3) zauberte das Spiel ein Lächeln ins Gesicht.

Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge schwelgte: "So einen Abend habe ich auch noch nicht erlebt, und das gegen die beste Mannschaft der Welt - das ist wie ein Traum hier." Die Aussichten untertrieb er allerdings: "Wir haben jetzt eine ganz gute Chance." Ein 0:4 hat noch nie eine Mannschaft in der K.-o.-Phase dieses Wettbewerbs aufholen können. In Sachen Hoeneß meinte Rummenigge: "Ich glaube, es ist in diesen Zeiten wichtig, dass man in diesen Zeiten auch loyal zu seinen Freunden steht. Das ist ein Zeichen auch der Stärke unseres Clubs."

Arjen Robben lobte den Geist seines Teams: "Wir haben alle zusammen gestürmt und zusammen verteidigt."

Seit dem 5. November 1997 hat der FC Barcelona in der Champions League nicht mehr so hoch verloren. Damals gab es in der Gruppenphase eine 0:4-Heimniederlage gegen Dynamo Kiew.

Auf dem Weg nach Wembley muss der deutsche Meister jetzt nur noch das heiße Rückspiel im Camp-Nou-Stadion von Barcelona in einer Woche meistern. Den Spaniern wird dabei der gelbgesperrte Jordi Alba fehlen, nachdem er Robben zornig den Ball ins Gesicht geworfen hatte.

In einer taktischen Klasse-Partie ließen die Münchner nur ansatzweise Chancen zu, dämmten die Gefahr durch Messi mustergültig ein und dominierten das Duell des künftigen mit dem ehemaligen Team von Trainer Pep Guardiola. Vier Tore gegen diese Bayern scheinen auch für die Katalanen unmöglich. Die Münchner legten los, als ob alle Nebengeräusche mit dem Anpfiff verstummt wären. Eingeleitet durch einen feinen Hackenpass des starken Spaniers Xavi Martínez tauchte Robben nach nur 98 Sekunden vollkommen frei vor Victor Valdes auf, scheiterte aber am Barça-Keeper.

Beiden Teams war der gegenseitige Respekt zunächst deutlich anzumerken. Bloß keine Fehler machen, hieß das Motto der anfänglichen Abtastphase. Barcelona agierte wie gewohnt mit mehr Ballbesitz - vor der Pause 62 Prozent -, ohne dabei gefährlich zu sein. Zwar hatte sich Weltfußballer Messi nach einer Oberschenkelverletzung rechtzeitig fit gemeldet, konnte die Angriffsreihe neben Rodriguez und Sanchez aber kaum dirigieren. Der omnipräsente Bastian Schweinsteiger stellte Messi mit seiner Präsenz und Übersicht klar in den Schatten.

Während sich die Katalanen an ihren Ballrotationen ergötzten, bewiesen die Bayern deutlich mehr Zielstrebigkeit und durften nach 25 Minuten das erste Mal jubeln: Nach einer hohen Hereingabe von Robben setzte sich Dante mit überragender Sprungkraft im Luftduell mit Dani Alves durch. Müller war gedankenschneller als Piqué und ließ Valdes aus kurzer Distanz per Kopf keine Abwehrchance. Als "Super Bayern" feierten die Heimfans ihre Mannschaft. Den sechsten Champions-League-Treffer des Nationalspielers bejubelte Hoeneß auf der Tribüne mit Rummenigge.

Dabei verweigerte der ungarische Schiedsrichter Viktor Kassai den Münchnern sogar noch einen möglichen Elfmeter, als Gerard Piqué einen Distanzschuss von Philipp Lahm (15.) mit dem Unterarm abwehrte. Noch klarer schien die Situation beim Handspiel von Dani Alves im Kopfballduell mit Dante (31.). Der Brasilianer war bei eigenen Standardsituationen stets gefährlich, dirigierte die Bayern und rettete bei der einzig brenzligen Situation vor dem einschussbereiten Messi (29.) die sehr verdiente Halbzeitführung.

Kurz nach der Pause raufte sich Martínez erneut die Haare, da Außenverteidiger Jordi Alba handverdächtig klärte. Wie vor dem 1:0 nutzten die Münchner die Ecke mit bestechender Präzision: Nach dem hohen Ball von Robben überflügelte Müller den indisponierten Dani Alves, Gomez drückte den Ball über die Linie. Dabei stand der Ersatz für den gelbgesperrten Mario Mandzukic allerdings im Abseits.

Beflügelt dominierten die Bayern endgültig, verpassten allerdings durch Müller (52.), Franck Ribéry (55.) und Robben (58.) zunächst den möglichen dritten Treffer. Nach einer kurzen spielerischen Dürreperiode sorgte der Niederländer endgültig für erste Final-Vorfreude. Müller blockte in Eishockey-Manier Alba zur Seite, sodass Robben lässig an Valdes vorbei in die lange Ecke schieben konnte. Acht Minuten vor dem Ende sorgte Müller für das endgültige Barcelona-Debakel. "Oh, wie ist das schön", sangen die Bayern-Anhänger.

Im zweiten Halbfinale stehen sich an diesem Mittwoch der deutsche Meister Borussia Dortmund und Real Madrid gegenüber (20.45 Uhr/ZDF, Sky und abendblatt.de). Lesen Sie dazu auch die Berichte auf Seite 28.

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