Ein Kommentar von Carsten Harms

Im Eishockey ist es eine fast alltägliche Szene. Der Hauptschiedsrichter deutet mit seinen Zeigefingern ein Rechteck an und verschwindet kurz im Kabinengang. Der Zuschauer weiß sofort: Videobeweis - Tor oder kein Tor. Der Unparteiische schaut sich die strittige Szene auf dem Bildschirm an und entscheidet, Spieler und Trainer beider Teams nehmen sein Urteil klaglos an. Auch im Tennis und Hockey sind bei internationalen Großereignissen ähnliche elektronische Hilfsmittel längst akzeptiert.

Nach jahrelangen Diskussionen führt jetzt auch der mächtige und als träge verrufene Fußballweltverband Fifa zur WM 2014 in Brasilien die Torlinientechnologie ein - endlich. Sicher werden Fußballnostalgiker bedauern, dass sie nun künftig nicht mehr stundenlang darüber diskutieren können, ob der Ball nun gerade noch auf oder doch schon hinter der Torlinie war. Aber ernsthaft kann ein Zuwachs an Objektivität und damit auch Gerechtigkeit kein Anlass zur Trauer sein.

Historische Fehlentscheidungen wie das Wembleytor im WM-Finale von 1966 oder Thomas Helmers Phantomtor für den FC Bayern wird es künftig nicht mehr geben. Voraussetzung ist allerdings, dass die neue Technologie zuverlässig funktioniert - und nicht nur bei der kommenden WM ein einmaliges Gastspiel geben wird. Im diesem Punkt sind leider Zweifel angebracht, denn der von Michel Platini geführte Europaverband Uefa sträubt sich weiter gegen die Torlinientechnologie. Es zeichnet sich ein weiterer Machtkampf zwischen Platini und Fifa-Präsident Blatter ab - auf dem Rücken des Sports.