Dortmund verliert nach schweren Fehlern des Schiedsrichters. Bei Schalke 04 gerät der Job von Trainer Huub Stevens in Gefahr.

Dortmund/Gelsenkirchen. Eine gewisse Häme konnte sich Thomas Müller dann doch nicht verkneifen. "Ich würde jetzt als Dortmunder Spieler mit 14 Punkten Rückstand nicht mehr von der Meisterschaft reden", spottete der Nationalspieler in Diensten des FC Bayern. In der Tat hat Dortmund kaum noch eine Chance auf eine erfolgreiche Titelverteidigung. Und angesichts der 2:3-Niederlage gegen Wolfsburg ist es wohl nur ein schwacher Trost, dass Erzrivale Schalke 04 durch das 1:3 beim VfB Stuttgart inzwischen richtig in die Krise rutscht.

In Dortmund nutzte am Ende auch ein Kniefall des verzweifelten Trainers Jürgen Klopp vor dem vierten Offiziellen nichts. In einer emotionsgeladenen Partie hatte Fifa-Schiedsrichter Wolfgang Stark mit folgenschweren Fehlern einen wesentlichen Beitrag zur Niederlage der Westfalen geleistet. Und während die Fans ihre Mannschaft nach der zweiten Heimniederlage der Saison demonstrativ feierten, musste Stark, mit Regenschirmen vor Bierduschen geschützt, in die Stadionkatakomben flüchten. Seinen "Wahrnehmungsfehler" gestand Stark, der den Ball bei Schmelzers Rettungsaktion auf der Linie an der Hand statt am Knie gesehen hatte (35.), anschließend ein und nahm ihn sich schwer zu Herzen. "Es war ein klarer Fehler von mir. Das tut mir natürlich leid", sagte der Schiedsrichter. Der DFB teilte mit, der Kontrollausschuss werde die Einstellung des Verfahrens beantragen - Schmelzer wird demnach wohl nicht gesperrt.

Klopp hatte die "Wende im Spiel und die entscheidende Szene" trotz viel Wut im Bauch mit fast schon demonstrativer Gelassenheit kommentiert. "Eine Niederlage zu akzeptieren ist nicht so schwer. Doch wie diese zustande gekommen ist, ist skurril und brutal hart für uns", erklärte der BVB-Coach. Wegen seiner Emotionsausbrüche an der Seitenlinie erst kürzlich von DFB-Schiedsrichter-Abteilungsleiter Lutz-Michael Fröhlich getadelt, ballte Klopp die Faust in der Tasche und lobte zugleich Opfer Schmelzer. "Wie der damit umgegangen ist, dafür müsste man ihn für den Friedensnobelpreis vorschlagen", sagte Klopp, zumal Fernsehbilder bewiesen, dass zuvor zu allem Überfluss auch noch der Wolfsburger Vieirinha im Abseits gestanden hatte.

"Tatsache bleibt, dass das Spiel ab der 35. Minute nicht mehr zu bewerten ist", resümierte Klopp, denn bis zu jener Szene hatten die Niedersachsen überhaupt keinen Zugriff auf die Begegnung gehabt. Nach dem Dortmunder Führungstreffer von Marco Reus (6.) schien es nur einen Sieger geben zu können. Doch als Diego (36.) jenen zweifelhaften Handelfmeter verwandelte und Naldo (41.) sogar die Wende schaffte, erkämpfte der BVB zumindest noch den Ausgleich durch einen umstrittenen Foulelfmeter von Jakub Blaszczykowski (61.). Bas Dost sorgte dann in der 73. Minute für die Entscheidung.

Beim FC Schalke 04 erhöht die vierte Auswärtsniederlage in Folge den Druck auf alle handelnden Personen des Traditionsvereins. Die Stimmung hat sich trotz der souveränen Vorrunde in der Champions League, wo sich die Mannschaft als Gruppensieger für das Achtelfinale qualifizieren konnte, weiter verschlechtert. Auf Schalke wird wieder einmal eine Trainerdiskussion geführt.

Der Schuldige ist offenbar ausgemacht: Ausgerechnet Huub Stevens, der von den Fans zum "Jahrhunderttrainer" gewählt und erst im Oktober 2011 als Nachfolger von Ralf Rangnick verpflichtet wurde, soll nun der Hauptgrund für die Krise sein. Vergessen ist nicht nur der Erfolg in der Champions League, sondern auch die starke Vorsaison, als er sein Team auf einen respektablen dritten Platz geführt hatte.

Mittlerweile gibt es sogar Gerüchte, dass Stevens, dessen Vertrag zum Saisonende ausläuft, in der Winterpause entlassen werden könnte. Daran ändert wohl auch wenig, dass Horst Heldt Stevens bei seiner kritischen Analyse ausdrücklich ausgenommen hatte.

"Der Trainer hat heute nicht auf dem Platz gestanden, sondern andere", sagte der Manager am Sonnabend auf die Frage, wie er denn die Chancen bewerte, dass die Zusammenarbeit mit Stevens über das Saisonende ausgeweitet werde. Doch auf Schalke regieren derzeit Indiskretionen und Halbwahrheiten.

Das Verhältnis zwischen Mannschaft und dem Trainer sei zerrüttet, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Aussagen von Spielern, die dies bestätigen, gibt es freilich nicht. Auch dies ist ein immer wiederkehrendes Phänomen: Ob Ralf Rangnick, Mirko Slomka, Felix Magath oder nun, zum zweiten Mal, Stevens - kein Trainer, der in den vergangenen Jahrzehnten länger auf Schalke gearbeitet hat, blieb von diesem schwer greifbaren Vorwurf verschont.

Dabei gibt es auch Gründe für die aktuelle Krise, die kaum etwas mit Stevens zu tun haben. Mit Torjäger Klaas-Jan Huntelaar und Spielmacher Lewis Holtby stecken zwei wichtige Leistungsträger seit Wochen im Formtief. Möglicherweise, weil beide mit Schalke um einen neuen Vertrag pokern. Es gibt Gerüchte, dass sie den Verein Richtung England verlassen wollen.

Diese Spekulationen belasten offenbar das Team. "Ich glaube, dass eine Lösung kommen müsste, damit wir wieder an einem Strang ziehen", sagt Benedikt Höwedes. Für den Nationalspieler steht fest: "Wir sind dabei, unsere gute Ausgangsposition zu verspielen. Das ist beschissen."