Niederlande-Bondscoach Louis van Gaal liefert sich vor dem Duell der Erzrivalen ein Wortgefecht mit Bundestrainer Joachim Löw.

Amsterdam/Noordwijk. Vielleicht lag es an der heimischen Luft, die Louis van Gaal vorübergehend etwas milde stimmte. Sein Haus im Seebadeort Noordwijk liegt nur 300 Meter entfernt. "Ich kann meine Frau Truus von hier sehen", sagte der Bondscoach der Niederlande gestern im Grandhotel Huis ter Duin (Haus der Dünen), dem Mannschaftsquartier der Elftal.

Vor der Partie gegen den Erzrivalen hatte der frühere Bayern-Trainer (2009-11) noch die angriffslustige Seite seines Charakters gezeigt und gestichelt, dass ein Fußballlehrer viel gewinnen müsse, um ein legendärer Trainer zu sein. Eine Anspielung darauf, dass Joachim Löw noch auf seinen ersten Titel als Bundestrainer wartet. Daraufhin entgegnete Löw gestern in Amsterdam, dass er sehr wohl wichtige von unwichtigen Dingen unterscheiden könne, um mit spitzer Zunge dann doch zu kontern: "Für einen Nationaltrainer ist es auch wichtig, dass er sich für ein Turnier qualifiziert. Das hat er beim ersten Mal, glaube ich, nicht getan." Hintergrund: Während seiner ersten Amtszeit als Bondscoach verpasste van Gaal die WM 2002 in Japan und Südkorea.

"Jogi Löw hat recht, das sind die Fakten", reagierte van Gaal mit demonstrativer Gelassenheit und wagte sogar einen Scherz: "Das ärgert mich und ist auch der Grund, warum ich ein zweites Mal Nationaltrainer geworden bin." Doch so ganz ohne eine zuweilen selbstgefällig wirkende Demonstration seines Fachwissens und Könnens kam der 61-Jährige dann doch nicht aus. Gut vorbereitet betete van Gaal die mutmaßliche Aufstellung der DFB-Auswahl herunter und fügte hinzu: "Ich glaube nicht, dass er (Löw, die Red. ) meine Aufstellung weiß. Sein Ersatz nach den vielen Absagen spielt in der Champions League, meine Spieler aber nicht."

Dass auch er durch seine Arbeit beim FC Bayern mit den vielen Nationalspielern einen gehörigen Anteil am deutschen Aufschwung habe, wollte er ebenfalls nicht verschweigen. "Joachim Löw ist verantwortlich für die Spielweise der deutschen Nationalmannschaft, aber natürlich ist es so, dass er erst im 4-4-2-System gespielt hat und jetzt in der Spielweise von Bayern München. Nicht nur die Bayern, mehrere deutsche Klubs spielen heute so."

Während es für Löw nach dem 4:4 gegen Schweden vor allem darum geht, die nötige Balance zwischen Angriff und Verteidigung zu finden und "Auflösungserscheinungen in der Defensive" (Löw) zu vermeiden, sieht van Gaal die Partie gegen den DFB als willkommenen Test für sein nach der EM stark verjüngtes Team. Großen Druck verspüren nach den vielen Ausfällen aber weder van Gaal noch Löw.