DFB-Elf unterliegt Argentinien deutlich, wird aber trotzdem von den Fans gefeiert. Torhüter Zieler sieht nach einer Notbremse in der 30. Minute rot.

Frankfurt am Main. So richtig entscheiden konnte sich Joachim Löw am Ende eines kuriosen Abends nicht, was er von den vorangegangenen 90 Minuten halten sollte. Seine Mannschaft hatte nicht unverdient mit 1:3 gegen Argentinien verloren , wurde aber trotzdem von den eigenen Fans gefeiert. "Das Ergebnis ist schlechter als das, was wir gespielt haben. Der Wille war heute schon vorhanden, in vielen Situationen haben wir aber unglücklich agiert. Wir haben unsere Chancen nicht genutzt", meinte der Bundestrainer, der zwei Tage nach der als "Wutrede" bezeichneten Pressekonferenz gestern trotz der Pleite versöhnlichere Worte fand.

Immerhin das erste Duell des Tages konnte unmittelbar vor dem Anstoß mit 8:3 gewonnen werden. So durften aufmerksame Zuschauer beobachten, wie lediglich Mesut Özil, Jerome Boateng und Sami Khedira die Nationalhymne nicht mitsingen wollten. Ob dies tatsächlich das Ende der bizarren und vor allem überflüssigen Hymnen-Debatte war, die in den vergangenen Tagen fast schon hysterische Züge angenommen hatte, bleibt abzuwarten. Laut singen, das weiß jetzt ganz Deutschland, können die Nationalspieler jedenfalls.

Dass sie auch das Fußballspielen richtig gut beherrschen, war eigentlich schon länger bekannt, geriet nach dem enttäuschenden EM-Aus gegen Italien vor 48 Tagen zuletzt allerdings ein wenig in Vergessenheit. Wem es tatsächlich entfallen sein sollte, der konnte sich gestern Abend in der Frankfurter Commerzbank-Arena zumindest in der ersten halben Stunde eines Besseren belehren lassen. Ohne sechs Stammkräfte spielte Löws Mannschaft vor allem druckvoll, kreativ und intelligent nach vorne - also genau so, wie man es bei der EM zu oft vermisst hatte. Da störte es zunächst auch keinen der 48 808 Zuschauer, dass die bei der Europameisterschaft meist überzeugende Defensive nicht sattelfest wirkte.

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Zum Problem wurde die Wackelabwehr dann aber doch, als Boateng den früheren Münchner José Sosa entwischen ließ und dieser nur noch durch ein ungeschicktes Eingreifen von Torhüter Ron-Robert Zieler am Torschuss gehindert werden konnte (30.). Die Folgen der Notbremse waren hart, aber gerecht: Rote Karte und Strafstoß - der schwedische Schiedsrichter Jonas Eriksson kannte auch bei dem Freundschaftsspiel kein Pardon. Da mit Fug und Recht aber dasselbe von Zieler-Nachfolger Marc-André ter Stegen behauptet werden durfte, blieb es zunächst beim torlosen Remis. Mit seinem ersten Ballkontakt fischte der 20-jährige Gladbacher, für den Thomas Müller Platz machen musste, Lionel Messis schwach geschossenen Elfmeter aus der linken Ecke.

Da aber auch Deutschlands wahrscheinlich größtes Torwarttalent nicht unbezwingbar ist, musste die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes nach insgesamt 49 Minuten dann doch mit einem 0:1-Rückstand in die Kabine gehen. Nach einem von Real Madrids Angel di Maria scharf geschossenen Eckball konnten dessen Vereinskollege Sami Khedira und der für den angeschlagenen Mats Hummels eingewechselte Benedikt Höwedes nicht schnell gut ausweichen. Am Ende war es der ansonsten bärenstarke Khedira, dem der Treffer zum 0:1 kurz vor der Halbzeit gut-, beziehungsweise in diesem Fall schlechtgeschrieben wurde.

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Der zweite Durchgang begann für die deutsche Mannschaft ähnlich unglücklich wie der erste aufgehört hatte. Hüben traf Marco Reus lediglich den Pfosten, während drüben der ansonsten unauffällige Messi einen erneuten Boateng-Fehler zum 2:0 ausnutzte (52.). Dass damit die Partie bereits frühzeitig entschieden war, dürfte sowohl den trotzdem nicht unzufriedenen Zuschauern als auch dem zuletzt in der Kritik stehenden Bundestrainer klar gewesen sein. Löw nutzte die frühzeitige Entscheidung, und wechselte in der zweiten Halbzeit kräftig durch. Das dies nicht unbedingt zu einer höheren Spielqualität führte, schienen ihm die Frankfurter nicht übel zu nehmen. Selbst nach di Marias Traumtor aus 30 Metern zum 0:3 wurden sie nicht müde, das in Unterzahl nun immer erschöpfter werdende Team lautstark anzufeuern. Belohnt wurden die Anhänger zehn Minuten vor dem Ende, als Höwedes eine formidable Vorlage Mario Götzes zum hochverdienten Ehrentreffer vollendete. Die spannende Frage, ob sich das deutsche Team und vor allem die deutschen Fans nach dem EM-Aus von der schmerzhaften Niederlage gegen Italien erholt haben, konnte am Ende eines kurzweiligen Abends also trotz der 1:3-Pleite nur mit einem klaren Jein beantwortet werden.

Statistik:

Deutschland: Zieler - Boateng, Hummels (25. Höwedes), Badstuber, Schmelzer - Bender (74. Götze), Khedira (69. Gündogan) - Müller (32. ter Stegen), Özil (69. Kroos), Reus - Klose (62. Schürrle). Argentinien: Romero - Zabaleta (65. Campagnaro), Fernandez, Garay, Rojo - Mascherano (79. Brana), Gago - Sosa (46. Aguero), di Maria (73. Guinazu) - Messi - Higuain.

Tore: 0:1 Khedira (45.+1, Eigentor), 0:2 Messi (52.), 0:3 di Maria (73.), 1:3 Höwedes (81.). - ter Stegen hält einen Foulelfmeter von Messi (32.). Gelb: Zabaleta. Rot: Zieler (30./Notbremse). Schiedsrichter: Eriksson (Schweden). Zuschauer: 48 808.