Matthias Sammer verlässt den DFB und tritt die Nachfolge von Christian Nerlinger an. Der Verband erteilte Sammer die sofortige Freigabe.

München. Nach zwei Jahren ohne Titel beginnt der FC Bayern München die neue Saison mit einem Paukenschlag. Matthias Sammer (44) wird als neuer Sportvorstand bereits zum Trainingsauftakt am Dienstag die Geschicke beim deutschen Fußball-Rekordmeister in die Hand nehmen. Der Europameister von 1996 hatte seit 1. April 2006 als Sportdirektor für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) gearbeitet. Der Verband erteilte Sammer die sofortige Freigabe.

Beim FC Bayern wird Sammer Nachfolger von Christian Nerlinger (39), der intern schon seit längerer Zeit in der Kritik stand. „Bei der Aufarbeitung der Saison 2011/12 zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Christian Nerlinger wurden deutliche Unterschiede in der Auffassung für die Visionen und die Zukunft des FC Bayern deutlich“, sagte Präsident Uli Hoeneß.

Nerlinger hatte am 1. Juli 2009 für den sportlichen Bereich die Nachfolge von Manager Hoeneß angetreten, konnte sich aus dessen großen Schatten aber nie lösen. Seine Ablösung war bereits vor der EM beschlossene Sache, man habe aufgrund der zu erwartenden Unruhe aber vereinbart, die Trennung erst nach der EURO bekannt zu geben, erklärte Hoeneß. Erst am vergangenen Wochenende seien die abschließenden Gespräche mit Sammer geführt worden.

Der DFB legte Sammer keine Steine in den Weg. Präsident Wolfgang Niersbach, am Montagmorgen informiert, betonte aber: „Wir lassen Matthias Sammer nur sehr schweren Herzens gehen.“ Sammer, dessen Vertrag mit dem DFB bis 31. März 2016 gelaufen wäre, sei ein „Querdenker, ein unbequemer Geist im positiven Sinne, den wir sehr vermissen werden“, ergänzte Niersbach, der nun selbst einen neuen Sportdirektor braucht.

Die Bayern gehen nun mit einem „Vorstand für Lizenzspielerangelegenheiten“ namens Sammer in eine zweite und letzte Saison unter Trainer Jupp Heynckes. Als dessen möglicher Nachfolger im Sommer 2013 wird unter anderem Pep Guardiola gehandelt, jahrelang erfolgreicher Coach des FC Barcelona. Beim Saisonstart am Dienstag muss Heynckes noch ohne die EM-Verlierer und Neuzugang Mario Mandzukic auskommen, dafür mit hohen Erwartungen und vielen Problemen fertig werden.

Heynckes steht vor einer schwierigen Aufgabe. Eine drittes Jahr ohne Titel würde die Welt des deutschen Rekordmeisters endgültig aus den Angeln heben. Sollte die Saison nicht nach Wunsch laufen, könnte Sammer notfalls sogar als Trainer einspringen. Mit Borussia Dortmund wurde er 2002 als jüngster Trainer der Bundesliga-Geschichte deutscher Meister. Darüber hinaus trainierte er ein Jahr lang auch den VfB Stuttgart.

Erschwert wird die Aufgabe von Heynckes, weil Präsident Uli Hoeneß unlängst schon eine Trainerdiskussion begonnen hat. „Erst einmal tun wir alles dafür, dass Jupp Heynckes mit der Mannschaft erfolgreich ist. Und danach schauen wir: Holen wir einen Neuen oder nicht? Höchstwahrscheinlich holen wir einen“, sagte Hoeneß. Doch zunächst einmal gilt es für den aktuellen Münchner Trainer den Alltag zu meistern. Mit Sammer.

Für Heynckes sind die Voraussetzungen, Borussia Dortmund national wieder vom Thron zu stoßen und in der Champions League erneut dem FC Barcelona oder Real Madrid Paroli bieten zu können, nicht gerade günstig. In den kommenden Wochen ist er mehr als Psychologe denn als Trainer gefragt. Inklusive Mandzukic muss sich der 67-Jährige um zwölf „EM-Problemfälle“ kümmern - allein acht deutsche Nationalspieler muss er wieder aufrichten.

Erst einmal fehlen Heynckes die meisten Stars. Seine acht deutschen EM-Fahrer haben nach ihrer Halbfinal-Enttäuschung drei Wochen Urlaub bis zum 22. Juli, ebenso wie Franck Ribery. Bereits am 15. Juli werden dagegen Arjen Robben, Anatoli Timoschtschuk und Torjäger Mandzukic, der für 13 Millionen Euro Ablöse vom VfL Wolfsburg verpflichtet wurde, zum Start des Trainingslagers am Gardasee erwartet.

Sammer hatte den neugeschaffenen Posten des DFB-Sportdirektors im April 2006 gegen den Widerstand des damaligen Bundestrainers Jürgen Klinsmann übernommen. Klinsmann und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff hatten dem ehemaligen Hockey-Bundestrainer Bernhard Peters favorisiert. Beim DFB war Sammer seit 2010 auch als Nachwuchskoordinator des Verbandes für den Ausbau der Talentförderung zuständig.

Im Januar 2011 war Sammer, der seit Jahren in München wohnt, vom Aufsichtsrat des Hamburger SV für den Posten des Sportdirektors auserkoren. Ihm soll zu diesem Zeitpunkt ein ausgehandelter Vertrag vorgelegt worden sein. Sammer entschied sich dann trotzdem dafür, beim DFB zu bleiben.

(sid)