Theo Zwanziger will vorzeitig sein Amt aufgeben. Der Generalsekretär des Verbandes zählt zu den Favoriten für die Nachfolge

Berlin. Wer von Theo Zwanziger erzählen will, sollte am 15. November 2009 beginnen, an jenem Tag, als der DFB-Präsident im Stadion von Hannover 96 vor einem Holzsarg stand. Robert Enke, der Nationaltorwart, hatte sich das Leben genommen, und das Land sehnte sich in seiner Trauer nach Trost. Zwanziger spendete ihn. Seine Stimme, brüchig und bewegt, streichelte die aufgewühlten Seelen. "Die Zeit wird vergehen. Das Leben wird wieder seinen Anfang nehmen", sprach er, und 35 000 Zuschauer tupften sich die Tränen ab.

Es war der größte, der beste Auftritt des 66-Jährigen. Es gab auch andere: Ein Jahr vor der Trauerfeier von Hannover stritt sich Zwanziger mit einem Journalisten, der ihn einen "unglaublichen Demagogen" genannt hatte, und unterlag vor Gericht. Eine Rücktrittsdrohung widerrief er später. Anfang 2010 überrollte die Welle der Sexaffäre um Schiedsrichterobmann Manfred Amerell und Michael Kempter den DFB und seinen höchsten Funktionär. Zwanziger positionierte sich früh auf Kempters Seite. Als sich die Anzeichen verdichteten, dass die Beziehung zwischen den beiden Unparteiischen auf Gegenseitigkeit beruht haben könnte, geriet er selbst in die Schusslinie, obwohl sein Handeln moralisch kaum anfechtbar war. "Der Problem-Präsident" titelte die "Frankfurter Allgemeine".

Nun langt es ihm: Am Freitag gab Zwanziger seinen Rücktritt bekannt. Nicht sofort, aber spätestens zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2013. Lieber aber schon im Oktober möchte er seinen Posten aufgeben, den er seit 2004, zunächst gemeinsam mit Gerhard Mayer-Vorfelder und ab 2006 alleine, innehat. Er sehe keine besonderen Herausforderungen mehr für sich, gab er bekannt. Die wahren Gründe liegen aber wohl eher in dieser Aussage: "Jedes Spannungsfeld wird medial gleich zu einer Krise hochstilisiert, das kostet schon eine Menge Kraft."

In der Tat hatte kein anderer DFB-Präsident vor ihm derart viele Krisen zu bewältigen wie er. Der Wettskandal um Robert Hoyzer fiel ebenso in seine Amtszeit wie das Hunderte Millionen Euro schwere Angebot vom Sportausrüster Nike, das der DFB zugunsten der schlechter dotierten Offerte des Partners Adidas ausschlug. Mit Bundestrainer Joachim Löw geriet er bei den Vertragsverhandlungen aneinander. Im Januar 2010 brach der Amerell-Skandal los, zuletzt machten steuerscheue Schiedsrichter und der versuchte Suizid des Unparteiischen Babak Rafati Negativschlagzeilen.

Zwanziger wird also Schluss machen, allerdings mit reinem Tisch. Er sei seit einigen Monaten mit einer Persönlichkeit im Gespräch, die er für "sehr geeignet" halte, sagt Zwanziger. Laut "Sportbild" könnte es sich dabei um den ehemaligen Vorsitzenden des VfB Stuttgart, Erwin Staudt, handeln. Im Gespräch mit dem TV-Sender "Sky" nannte er allerdings auch den Namen seines Generalsekretärs Wolfgang Niersbach. "Er wäre ein geeigneter Präsident", sagte Zwanziger, Niersbach habe "unglaubliche Stärken". Allerdings habe er ihn bereits 2010 auf eine mögliche Übernahme der Präsidentschaft angesprochen, und Niersbach sei "nicht sehr begeistert gewesen". Doch auch nach Ansicht von Franz Beckenbauer ist der ehemalige Journalist der beste Kandidat. "Niersbach ist einer, der alles kann, der bei der Fifa und der Uefa gerne gesehen ist. Dies ist sehr wichtig. Niersbach ist in meinen Augen der Beste", sagte Beckenbauer.

Niersbach wäre in der Tat die logische Lösung. Glänzend vernetzt, mit hoher Fachkompetenz - allerdings bisher im operativen Geschäft zu Hause und nicht mit den Fallstricken der Diplomatie vertraut, derer sich Zwanziger so oft erwehren musste. Dieses Metier beherrscht hingegen Reinhard Rauball par excellence. Ob der Präsident des Ligaverbandes und von Borussia Dortmund im DFB mehrheitsfähig ist, ist fraglich - Fußballbund und Bundesliga stehen sich skeptisch gegenüber.