FC gegen Borussia, Podolski gegen Reus: Das Rheinland fiebert dem Nachbarschaftsduell entgegen. Gästen winkt temporäre Tabellenführung.

Köln/Mönchengladbach. In den vergangenen Jahren war das Duell 1. FC Köln gegen Borussia Mönchengladbach zumeist mit "Abstiegskampf" überschrieben, doch bei der 79. Auflage des rheinischen Derbys schielt zumindest einer der Betiligten nach oben - und zwar ganz nach oben: Schier endlose 26 Jahre ist es her, als Mönchengladbach letztmals in einer vorgerückten Saisonphase im November die Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga anführte. Ein 3:2-Sieg bei Borussia Dortmund am 1. November 1985, unter anderem durch zwei Tore von Frank Mill, katapultierte die damalige "Fohlen-Elf“ von Trainer Jupp Heynckes an die Spitze. Am Freitag (20.30 Uhr) bietet sich für die Überraschungsmannschaft der Saison wieder die Chance zum "Gipfelsturm“ - ausgerechnet beim hassgeliebten Nachbarn aus Köln.

Die Tabellenführung – wenn auch nur für einige Stunden - hat der stets zurückhaltende Gladbacher Erfolgscoach Lucien Favre nicht im Sinn. "Wir haben 26 Punkte und wollen unseren Weg weitergehen“, sagt der Schweizer und überlässt das Träumen den Borussia-Fans. Derart bescheiden äußert sich Favre quasi Woche für Woche, während die Liga über den Fast-Absteiger der Vorsaison nur noch staunt.

"McKenna muss schnelle Füße haben“

Erst am Sonnabend fertigten die Gladbacher daheim Werder Bremen mit 5:0 ab. Garant für den Erfolg war wieder einmal der seit Wochen überragende Marco Reus , der drei Tore erzielte. "McKenna muss schnelle Füße haben“, sagte Kölns Trainer Stale Solbakken in Richtung seines Abwehrspielers, der den zehnfachen Gladbacher Saison-Torschützen stoppen soll.

Auch wenn die Favoritenrolle bei der Borussia liegt, ist der norwegische Coach zuversichtlich. "Gladbach ist momentan die Mannschaft der Stunde in der Bundesliga. Aber am Freitag ist es eine neue Situation. Es ist ein Derby, ich vertraue meiner Mannschaft, dass wir ein gutes Ergebnis erzielen werden“, sagte Solbakken, der in seiner Zeit in Dänemark nach eigener Aussage immer gute Erfahrungen mit Derbys gemacht hat.

+++ 1. FC Köln nach Overath-Rücktritt: Führungslos und gespalten +++

Einen Derbyheld kann der FC in der Tat gut gebrauchen. In der vergangenen Saison gab es bittere Niederlagen (0:4, 1:5) gegen den ungeliebten Westrivalen. Es waren die Gladbacher Siege Nummer 41 und 42 gegen den FC in der Bundesliga. 21 Erfolge erzielte die Borussia allein auf Kölner Boden.

Das soll sich nicht wiederholen. Ausgeruht, wenngleich durch die Ausfälle von Henrique Sereno, Martin Lanig (beide gesperrt), Ammar Jemal (Faserriss), Milivoje Novakovic (Hüfte), Andrezinho (Innenbandriss) und Adil Chihi (Kreuzbandriss) stark ersatzgeschwächt, gehen die Kölner in die Partie. Das letzte Pflichtspiel liegt bereits drei Wochen zurück, nachdem der FC wegen des des Suizidversuchs von Schiedsrichter Babak Rafati am Sonnabend ungewollt spielfrei hatte.

Besondere Vorkehrungen im Hochsicherheitsspiel

Das Drama um den Referee hatte auch die Kölner Polizei mit den Ermittlungen beschäftigt, am Freitag folgt ein richtiger Großeinsatz für die Ordnungshüter. Das Spiel wird vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) als eines der Hochsicherheitsspiele eingestuft. "Ich hoffe, dass die Emotionen auf dem Platz ausgetragen werden, ohne Jagdszenen drumherum. Zuletzt ist es ruhig geblieben. Das ist ein gutes Zeichen“, sagt Gladbachs Sportdirektor Max Eberl.

Trotzdem gibt es besondere Vorkehrungen wie verstärkte Einlasskontrollen, Flaschenverbot rund ums Stadion und großräumige Absperrungen. Die Gewaltszenen vor einigen Jahren im Zuge des Fahnendiebstahls durch Kölner Fans sind nicht in Vergessenheit geraten.

Vergessen hat Gladbachs Schlussmann Marc-Andre ter Stegen auch nicht das letzte Duell mit dem FC. Es war sein Bundesliga-Debüt und der Beginn einer bislang steil nach oben verlaufenen Karriere. "Für mich war es das Spiel schlechthin in der Saison. Ich war sehr dankbar für die Chance“, sagt ter Stegen. Ohne Gegentor will er in Köln bleiben, um Gladbach auf Platz eins zu führen, und sei es nur für 24 Stunden.

Das Spiel Köln gegen Gladbach bildet im übrigen den Auftakt zu einem Derby-reichen Spieltag: Am Sonnabend folgen der Ruhrpott-Klassiker Borussia Dortmund gegen Schalke 04 (15.30 Uhr) und am Abend das Nord-Duell Hannover 96 gegen den HSV (18.30 Uhr, im Liveticker auf abendblatt.de).