Die deutsche Nationalmannschaft tritt erneut in der Ukraine an – sieben Monate vor der EM aber deutlich entspannter als 2001

Hamburg. „Er war nicht zu sehen und dann ist er da“, rief Kommentator Werner Hansch euphorisiert ins Mikrofon. Die Rede war von dem Mann, der gerade per Grätsche mit der linken Fußsohle den Ball über die Torlinie befördert und damit das wichtige 1:1 gegen die Ukraine erzielt hatte. Sein Name: Michael Ballack, der in seinem 20. Länderspiel das bis dato „wichtigste Tor in meinem Leben“, wie er nach dem Spiel sagte, erzielt und damit auch das Tor zur Fußball-Weltmeisterschaft 2002 ganz weit aufgestoßen hatte. Es war vor exakt zehn Jahren, am 10. November 2001. Deutschland musste als Gruppenzweiter zwei Entscheidungsspiele gegen die Ukraine bestreiten.


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Damals befand sich der deutsche Fußball in einer Krise, war international allenfalls Mittelmaß und hatte, abgesehen von den Ausnahmespielern Ballack, Oliver Kahn und Bernd Schneider, nur wenig fußballerisches Talent zu bieten. Umso erfreulicher verlief die WM-Endrunde in Japan und Südkorea, als die DFB-Auswahl überraschend Vize-Weltmeister werden sollte. Ohne dabei allerdings fußballerisch zu glänzen.

Der Weg zum möglichen EM-Titel 2012 führt die DFB-Auswahl jetzt erneut in die Ukraine. Doch zittern muss der deutsche Fußball um die Endrunden-Teilnahme schon längst nicht mehr. Souverän, mit zehn Siegen aus zehn Spielen, qualifizierte sich die Mannschaft von Trainer Joachim Löw, und so kann dieser Tage munter experimentiert werden, während diesmal nur die anderen bangen. Superstars wie Cristiano Ronaldo, Edin Dzeko, Luka Modric oder Nuri Sahin zum Beispiel, die mit ihren Nationen in den ungeliebten EM-Playoffs antreten müssen.

„Das war ein absoluter Hexenkessel. Ich habe als Spieler schon viel erlebt, aber so etwas noch nicht“, sagte der damalige DFB-Teamchef Rudi Völler nach dem Hinspiel vor mehr als 80.000 fanatischen Zuschauern im Olympiastadion von Kiew. Und dann auch noch der frühe Rückstand durch Gennadi Zubow nach gerade einmal 18 Minuten. Deutschland stand kurz davor, erstmals in der Qualifikation zu einer WM-Endrunde zu scheitern. Doch dann kam Ballack, der zunächst den Ausgleich in Kiew erzielte und auch im Rückspiel vier Tage später in Dortmund der überragende Spieler war.

Zwei Treffer steuerte der Leverkusener zum souveränen 4:1-Sieg im Westfalenstadion bei. Bereits nach einer Viertelstunde stand es 3:0 durch die Tore des damals 25-Jährigen, sowie von Oliver Neuville und Marko Rehmer. Der damalige Torwart-Titan Oliver Kahn hatte schon vorher geahnt: „Wenn wir durchkommen, wird es der Mannschaft einen unglaublichen Schub geben.“ Er sollte recht behalten.

Mit der heutigen Mannschaft ist die Auswahl von damals wahrlich nicht zu vergleichen. Mit Mesut Özil, Bastian Schweinsteiger, Mario Götze, Andre Schürrle und den vielen anderen verheißungsvollen Talenten verfügt die Mannschaft über ein Potenzial wie vielleicht nie zuvor. Zudem kommt das Team nicht, wie damals, aus einer Krise, sondern hat sich bei den vergangenen Turnieren bereits Respekt und Selbstbewusstsein erarbeitet: 2000 bei der EM schied Deutschland in der Vorrunde aus, zwei Jahre zuvor bei der WM in Frankreich im Viertelfinale. Aktuell ist die DFB-Elf Vize-Europameister und WM-Dritter – der nächste Schritt soll nächsten Sommer folgen. Am besten durch einen Sieg im Final-Stadion. Natürlich in Kiew.