Was Hamburger Bundesligaklubs tun, um ihr Personal vor Burn-out zu schützen und wie sie ihren Trainerstab mit Mentalcoachs verstärken.

Hamburg. Als der Fußball-Lehrer Ralf Rangnick am vergangenen Donnerstag die Öffentlichkeit von seiner Burn-out-Erkrankung unterrichtete und seinen Job beim Bundesligaklub Schalke 04 quittierte, war die Bestürzung unter Spielern, Funktionären und Fans groß, und sie beschränkte sich nicht nur auf den Profifußball. Im gesamten Leistungssportbereich ist das Thema Burn-out durch Überforderung und zu hohe Stressbelastung präsent, der Umgang damit jedoch einem professionellen Rahmen längst nicht immer angemessen.

Die Vereinigung deutscher Vertragsfußballer (VdV) erneuerte nach Rangnicks Rücktritt ihre Forderung, dass alle Profiklubs einen Psychologen in ihr Trainerteam aufnehmen sollten. Das Abendblatt hat die Diskussionen zum Anlass genommen, die Situation bei einer Auswahl von Hamburger Bundesligavereinen zu überprüfen.

Hamburger SV: Nach dem Selbstmord von Nationaltorwart Robert Enke im November 2009 hatte sich das damalige Vorstandsduo Bernd Hoffmann und Katja Kraus für einen hauptamtlichen Vereinspsychologen ausgesprochen, ein gutes halbes Jahr später wurde Thorsten Weidig von der Universität Bochum eingestellt. Der 37-Jährige soll insbesondere bei den Nachwuchsmannschaften tätig sein. "Mein Angebot ist eine Dienstleistung zur Leistungsoptimierung", sagt Weidig, "das Wichtigste ist die Diskretion. Ich bin nicht der verlängerte Arm des Trainers." Der Sportpsychologe will helfen, die Persönlichkeit der Fußballer zu entwickeln. "So, wie Athletik, Taktik und Technik trainiert werden können, kann auch der Kopf trainiert werden", sagt Weidig, der die "Schulung der Willensstärke und der Konzentrationsfähigkeit", aber auch "Burn-out und Depressionen" als seine Kernthemen beschreibt.

FC St. Pauli: Beim Fußball-Zweitligisten schlug Ende 2009 der Fall Andreas Biermann hohe Wellen. Der mittlerweile 31-Jährige hatte sich zu seiner Depressionserkrankung und einem Suizidversuch bekannt. Auf Anraten seiner Familie und des Vereins begab er sich damals in stationäre Behandlung. Eine feste psychologische Betreuung der Spieler gab und gibt es beim Kiezklub dagegen nicht. "Wir setzen darauf, individuell auf einen möglichen Bedarf an Beratung oder Betreuung zu reagieren", sagt Sprecher Christian Bönig. Der Verein halte Kontakt zu mehreren Experten, die im konkreten Fall weitervermittelt werden können. Die Spieler könnten jederzeit auf die Vereinsverantwortlichen zukommen, die wiederum versuchen, die persönliche Situation der Spieler zu verfolgen, um selbst die Initiative ergreifen zu können. Laut Bönig habe es in der jüngeren Vergangenheit auch keine Konsultationen von Mentaltrainern oder Psychologen aus sportlichen Gründen gegeben.

HSV Handball: Der Verein verzichtet auf die Hilfe eines Mentaltrainers - zumindest im Bereich der Bundesliga-Mannschaft. "Wir sind gut aufgestellt", sagt HSV-Präsident Martin Schwalb. Erster Ansprechpartner für die Spieler sei immer Trainer Per Carlén. Anders sieht es im Bereich der HSV-Nachwuchsarbeit aus: Hier beschäftigt der Verein "von Zeit zu Zeit" eine Hamburger Mentaltrainerin, die sowohl mit den Mannschaften (ab der C-Jugend) als auch mit einzelnen Spielern arbeitet.

Hamburg Freezers: Der Klub aus der Deutschen Eishockey-Liga arbeitet nicht mit einem Psychologen zusammen. Die von Geschäftsführer Michael Pfad gewünschte Einstellung des Hamburger Mentaltrainers Heiko Hansen war im Sommer am Veto von Cheftrainer Benoît Laporte gescheitert, der den Bereich der mentalen und psychischen Präparation eigenständig abdecken möchte. Im Notfall, so die Vereinsführung, könne man allerdings auf Hansens Hilfe zurückgreifen. "Es gibt sicherlich Spieler, die in diesem Bereich professionelle Hilfe nötig hätten, gerade weil es im Eishockey wichtig ist, Stärke zu zeigen", sagt Pfad, "es ist aber auch klar, dass ich in dem Fall nicht gegen meinen Cheftrainer entscheide."

VT Aurubis: Auch bei den Volleyball-Bundesligadamen übernimmt der Cheftrainer das Mentalcoaching. Der Unterschied zu Freezers und Handballern ist, dass Jean-Pierre Staelens ein ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet ist, der seit Jahren eng mit einem niederländischen Experten zusammenarbeitet. Jede Spielerin wird vor dem Saisonstart umfangreichen psychologischen Tests unterzogen, deren Ergebnisse allen Teammitgliedern bekannt sind. Aus diesen Ergebnissen leitet Staelens ab, wie er das Team im Gesamten und Einzelne seiner Mitglieder ansprechen und führen muss. "Mentaltraining ist im Leistungssport, wo es auf Kleinigkeiten ankommt, ein ganz wichtiger Baustein", sagt der Niederländer.

Hockey: Die Bundesligaklubs Uhlenhorster HC, Harvestehuder THC und Club an der Alster sind gut aufgestellt. Der UHC arbeitete im vergangenen Jahr regelmäßig mit einem freien Mentalcoach, in dieser Saison wird dieser aus Budgetgründen nur im Bedarfsfall hinzugezogen. Alsters Herrentrainer Jo Mahn lässt sich regelmäßig coachen, wie beim HTHC steht Alsters Spielern im Bedarfsfall ein Experte zur Verfügung. Die Einstellung festen Personals scheitert lediglich am Finanziellen, die Bedeutsamkeit des Themas ist den Klubs bewusst.