Der überragende Mario Götze führt die deutsche Nationalmannschaft zu einem überzeugenden 3:2-Erfolg gegen den fünfmaligen Weltmeister.

Stuttgart. Am Ende feierten 54.767 Zuschauer im neuen Stuttgarter Stadion, als habe die deutsche Mannschaft soeben den ersten Titel seit dem EM-Triumph 1996 gewonnen. Und es war ja auch ein Erfolg, der das Prädikat historisch verdient. Das Team von Bundestrainer Joachim Löw bezwang Brasilien durch Tore von Bastian Schweinsteiger (Elfmeter, 61.), Mario Götze (67.) und André Schürrle (80.) mit 3:2 - der erste deutsche Sieg über den fünfmaligen Weltmeister seit 1993. Damals, beim 2:1 in Köln, hieß der Bundestrainer Berti Vogts, Jürgen Klinsmann und Karl-Heinz Riedle stürmten, Bodo Illgner stand im Tor. Knapp zwei Jahrzehnte später bejubelte das Publikum eine Mannschaft, die mit Jugendstil zu einem großen Sieg stürmte. Die Tore fielen zwar in der zweiten Halbzeit, aber schon vor dem Wechsel hatte die deutsche Elf mit ihrer Passgenauigkeit und 70 Prozent Ballbesitz überzeugt. 11,5 Millionen Deutsche fieberten vor den TV-Geräten mit, was der ARD einen Marktanteil von 37,8 Prozent bedeutete. In 190 Ländern wurde das Spiel zudem übertragen.

Obwohl Kapitän Philipp Lahm mit gerade mal 27 Jahren der älteste Deutsche in einer mit sieben Bayern gespickten Startelf war, bot Deutschland zumindest phasenweise eine fast schon beängstigend reife Leistung. Die zuvor hochgelobten Ballzauberer aus Brasilien durften zwar zwischendurch immer mal wieder mitspielen, waren aber ansonsten mehr Sparringspartner als ernst zu nehmender Angstgegner. Nicht vergessen sollte man noch die Tatsache, dass Bundestrainer Löw sich sogar den Luxus erlaubten durfte, seine Real-Madrid-Legionäre Sami Khedira und Mesut Özil gar nicht erst zu nominieren.

"Wenn man sieht, mit welcher Freude und mit welcher Lust die Spieler agiert haben, das war schon stark", wirkte Löw denn auch nach dem Abpfiff für seine Verhältnisse geradezu euphorisiert. Und sagte dann: "Jetzt heißt es: weiterarbeiten."

Löws Widerpart auf der brasilianischen Bank, Mano Menezes, dürften dagegen rauere Tage bevorstehen. Die nicht zimperlichen Medien aus der Heimat haben mit Unmut registriert, dass der 49-Jährige auf den Tag genau ein Jahr nach seinem ersten Spiel als Nationaltrainer noch immer kein Spiel gegen eine sogenannte Fußballnation gewonnen hat. Und als echte Fußballnation, das betonte Bastian Schweinsteiger noch einmal nachdrücklich, wird Deutschland international schon lange wieder wahrgenommen. "Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Spanien und wir die besten Mannschaften der Welt sind", sagte Schweinsteiger, der zudem daran erinnerte, dass weitere talentierte Spieler bereits auf ihr Debüt warten.

Der Druck aus der Talentschmiede Bundesliga ist derart hoch, dass selbst Talente wie Dortmunds Kevin Großkreutz, der am vergangenen Freitag den HSV mit zwei Toren regelrecht auseinandergenommen hatte, zurzeit keine Berücksichtigung finden. Dessen Mannschaftskollege Mario Götze bot eine regelrechte Zaubervorstellung. "Mario Götze ist überragend. Er wählt auch unter Druck immer die richtige Entscheidung", lobte ARD-Experte Mehmet Scholl, der sich besonders über das Traumtor des 19 Jahre alten Ausnahmefußballers (68.) gefreut haben dürfte. Götzes Geniestreich, der die brasilianische Deckung beim 2:0 narrte, war der Schlüssel zum Sieg über Brasilien, der auch durch Robinhos 1:2-Anschlusstreffer vom Elfmeterpunkt (72.) nicht wirklich gefährdet wurde.

Ebenfalls vom Punkt hatte zuvor Bastian Schweinsteiger getroffen. Es war in der 61. Minute das hochverdiente 1:0 nach einem Foul an Toni Kroos. Für das 3:1 sorgte der eingewechselte André Schürrle nach einer Balleroberung Schweinsteigers im gegnerischen Strafraum. Der Anschlusstreffer zum 2:3 in der Schlussminute durch den ansonsten enttäuschenden neuen brasilianischen Superstar Neymar blieb Ergebniskorrektur. Der überragende Akteur, darüber herrschte schnell Einigkeit, war an diesem Abend Mario Götze. Der Dortmunder, schon stark beim 3:1 in der Bundesliga über den HSV, spielte schlicht Weltklasse. "Er findet immer Lösungen. Es sind die einfachen Dinge, die ihn stark machen", lobte Löw. Götze selbst blieb ganz bescheiden: "Ich muss mich bei der Mannschaft bedanken, die insgesamt sehr gut gespielt und mir sehr geholfen hat. Ich habe jeden Moment genossen." Giovane Elber, ehemaliger brasilianischer Bundesliga-Stürmer, ist jetzt überzeugt: "Wer 2014 in Brasilien Weltmeister werden will, muss diese deutsche Elf schlagen."

Deutschland: Neuer - Träsch, M. Hummels (88. J. Boateng), Badstuber, Lahm - Schweinsteiger (85. Rolfes) - T. Müller, Götze (88. Cacau), T. Kroos, Podolski (46. Schürrle) - Gomez (46. Klose).

Brasilien: Julio Cesar - Dani Alves, Lucio, Thiago Silva, André Santos - Ralf, Ramires (86. Luiz Gustovo) - Fernandinho (86. Ganso), Robinho (69. Renato Augusto) - Neymar, Pato (77. Fred).

Tore: 1:0 Schweinsteiger (61., Foulelfmeter), 2:0 Götze (67.), 2:1 Robinho (71., Foulelfmeter), 3:1 Schürrle (80.); 3:2 Neymar (90.+2). Schiedsrichter: Viktor Kassai (Ungarn). Zuschauer: 54 767 (ausverkauft). Gelbe Karte: Ganso