Und dann war es ganz still. Kein Raunen des Entsetzens, keine feiernden gegnerischen Anhänger, keine enttäuschten Pfiffe. Für einen Moment nur Stille. Ein Team, ein Traum. Geplatzt. Als das Publikum versuchte mit hilflosem Applaus das redliche Mühen der deutschen Mannschaft im Kampf gegen die emsigen Japanerinnen zu würdigen, suchten ungläubige Spielerinnen auf dem Platz ausdruckslos nach demjenigen, der sie aus dieser Szenerie befreit.

Es war alles vorbereitet für die erneute Eroberung der Weltmeistertitels. Die Dramaturgen des Turniers hatten ideale Voraussetzungen geschaffen für den von Fußballdeutschland eskortierten Triumphzug zum dritten Titelgewinn in Folge. Zur optimalen Vorbereitung wurde die Bundesliga-Saison im Schnelldurchlauf absolviert und die Nationalspielerinnen der Bundestrainerin zur Weiterbildung überlassen. Ähnlich präzise wie das japanische Passspiel waren die zahlreichen Vorbereitungslehrgänge geplant und absolviert.

Doch als das Turnier begann, fehlte der deutschen Mannschaft der Plan. Erklärungsversuche wird es nun zuhauf geben. Der Druck der überbordenden Erwartungen und die ungeahnte mediale Wucht haben die Gedanken und Beine beschwert. Doch mehr noch als mit den Umständen rang das Team mit dem eigenen Spiel. Das Ausmaß der Erleichterung, die aufblitzende Unbekümmertheit nach dem überzeugenden Sieg gegen Frankreich haben gezeigt, wie groß die eigenen Zweifel gewesen sein müssen.

Sie waren berechtigt. Während des gesamten Turniers hat die deutsche Mannschaft nur selten zu Sicherheit im Kombinationsspiel und überzeugenden Angriffslösungen gefunden. Ohne Mut und Entschlossenheit fehlte die spielentscheidende Offensivqualität. Brachial störende Nigerianerinnen waren so noch mit Mühe zu besiegen. Gegen körperlich frappierend unterlegene Japanerinnen, die mit stoisch präzisen Ballzirkulationen nervten, waren Engagement und die Hoffnung auf das erlösende Kopfballtor am Ende zu wenig.

Doch diese Reduktion der Mittel war selbstgewählt. Mit Birgit Prinz und Lira Bajramaj verzichtete Silvia Neid auf zwei Spielerinnen, die mit ihren herausragenden Qualitäten die Statik einer Begegnung jederzeit zu verändern imstande sind. Dass beide während dieser WM nur eine, gleichwohl viel beachtete Nebenrolle spielten, mag in Formschwäche begründet sein, spricht aber auch für eine Überhöhung des Kollektivs. Wo Individualität in Konformismus aufgehen muss, fehlen dem Spiel die Überraschungsmomente. Lira Bajramajs Kreativität und Spielwitz, vor allem aber Birgit Prinz' Durchsetzungsstärke und Führungsqualität hätten von Beginn des Turniers an Vertrauen verdient gehabt.

Was Birgit Prinz anbelangt, so wird sich dieses Thema in Zukunft nicht mehr stellen, sie hat ihre einzigartige Nationalmannschaftskarriere beendet. Und doch wird der deutsche Frauenfußball auch in Zukunft von Persönlichkeiten leben, die das Spiel und den Sport insgesamt prägen. Zumal um Aufmerksamkeit fortan wieder nach Kräften geworben werden muss.