Die Trainer liefern sich vor dem Halbfinal-Hinspiel einen verbalen Schlagabtausch. Özil hofft auf Einsatz bei Madrid, Iniesta fehlt bei Barca.

Madrid. Verbaler Schlagabtausch der Tariner, Diskussionen um die Schiedsrichteransetzung: Im Marathon der "Fußball-Klassiker" zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona schlägt die Stunde der Wahrheit. Nachdem Barca sich die spanische Meisterschaft praktisch gesichert und Real den Pokal gewonnen hat, spielen die Erzrivalen nun um den Einzug ins Finale der Champions League. Vor dem heutigen Halbfinalhinspiel (20.45 Uhr, Sky live, im Liveticker auf abendblatt.de ) im Bernabeu-Stadion, dem dritten von vier "Clásicos" innerhalb von zweieinhalb Wochen, herrscht in der spanischen Fußballwelt höchste nervliche Anspannung.

Das trifft vor allem auf die Trainer der Erzrivalen zu. Josep Guardiola preschte als erster mit einer Provokation nach vorn. Der Barca-Coach befeuerte die ewige Feindschaft zwischen den beiden spanischen Spitzenklubs mit der Aussage, sein Gegenüber Jose Mourinho wäre "überglücklich“, sollte dessen portugiesischer Landsmann Pedro Proenca als Schiedsrichter für das Duell zwischen den Erzrivalen ausgewählt werden. Es kam anders, Wolfgang Stark aus Ergolding wird das Spiel im Bernabeu-Stadion leiten.

Reals Startrainer konterte umgehend und zog Guardiola einen Tag vor dem Halbfinal-Hinspiel ins Lächerliche. Der Spanier gehöre zu einer ganz neuen Gruppe von Trainern, die "richtige Entscheidungen der Schiedsrichter kritisieren“, sagte Mourinho auf der Pressekonferenz vor Spiel.

Mourinho: Guardiola begründet neue Trainer-Gruppe

"Abgesehen von der Nominierung des Schiedsrichters und der Tatsache, dass sie Druck ausgeübt haben, damit es nicht Proenca wird, ist das Wichtigste, dass wir uns in einem neuen Zyklus befinden“, führte Mourinho aus. Anschließend stellte der egozentrische Coach seine ganz eigene Klassifizierung vor.

"Bislang hatten wir zwei Arten von Trainern. Eine ganz kleine Gruppe, die niemals mit dem Schiedsrichter spricht. Dazu kommt eine wesentlich größere Gruppe, zu der auch ich gehöre, die Kritik übt, wenn schwerwiegende Fehler gemacht werden. Diese Gruppe lässt es sich allerdings auch nicht nehmen, gute Leistungen der Schiedsrichter zu loben. Und nun, nach der Aussage von Pep, starten wir in eine neue Äre mit einer dritten Gruppe, die korrekte Entscheidungen kritisiert“, sagte Mourinho: "Derzeit besteht die Gruppe allerdings nur aus ihm.“

Guardiola, der sich nach dem verlorenen Pokalfinale gegen die Königlichen (0:1 n.V.) über ein nicht gegebenes Tor seiner Mannschaft beschwert hatte, wollte Mourinhos Ausführungen nicht unkommentiert lassen. "Wir haben vier Jahre zusammengearbeitet. Er kennt mich und ich kenne ihn, darauf kommt es an. Es bleibt ein bitterer Beigeschmack, wenn so jemand das, was er liest, lieber glaubt als das, was du gesagt hast“, sagte Guardiola, der in den 90er Jahren als Barca-Profi unter Co-Trainer Mourinho gespielt hatte. Guardiola bestritt vehement, den Schiedsrichter kritisiert zu haben. Aus gutem Grund: Die Fernsehbilder hatten klar belegt, dass die Abseits-Entscheidung richtig war.

Sportpresse kritisiert Ansetzung Starks

Unterdessen empörte sich auch die mit Real sympathisierende Madrider Sportpresse über die Ansetzung von Schiedsrichter Stark: "Ein Fan von Barcelonas Star Lionel Messi pfeift Real-Barca", protestierten sich "Marca" und "As". Sie erinnerten daran, dass sich der Deutsche einmal positiv über den Argentinier geäußert hatte ("Es ist ein Vergnügen, ihn spielen zu sehen"), und erweckten damit den Anschein, als wäre der Unparteiische zugunsten der Katalanen voreingenommen.

Der Schiedsrichter aus Ergolding pfiff in der Champions League bisher fünf Barça-Spiele – davon gewannen die Blau-Roten nur eines. Laut „Marca“ will Real seinem deutschen Profi Mesut Özil den Auftrag erteilen, den Landsmann Stark in strittigen Situationen unter Druck zu setzen.

Özil hofft auf Rückkehr, Iniesta fehlt

Der Ex-Bremer hofft derweil auf seine Rückkehr in die Stammelf von Real. Dazu müsste Trainer José Mourinho allerdings - wie beim 1:0-Sieg im Pokalfinale gegen Barca - auf einen Mittelstürmer verzichten und Özil als "verkappte Sturmspitze" einsetzen. Diese Entscheidung dürfte dem Coach schwerfallen nach dem Torfestival, das Gonzalo Higuain, Kaká und Karim Benzema beim 6:3-Sieg in Valencia gefeiert hatten. Özils Landsmann Sami Khedira fällt wegen eines Muskelrisses aus. Die Madrilenen waren nach der 0:5-Pleite gegen Barca im November 2010 als Außenseiter in den "Klassiker-Marathon" gegangen. Der 1:0-Sieg im Pokalfinale vor einer Woche hat jedoch das Blatt gewendet. Während bei Real Cristiano Ronaldo & Co. in der Schlussphase der Saison zur Höchstform auflaufen, scheinen Barcas Ballkünstlern wie Messi und Xavi die Kräfte auszugehen.

Das 6:3-Schützenfest in Valencia zeigte auch, dass die Ersatzbank der Madrilenen stärker besetzt ist. Bei den Katalanen muss Trainer Josep Guardiola improvisieren. In der Abwehr fallen in Eric Abidal, Adriano und Maxwell gleich drei Spieler aus, zudem fehlt Offensiv-Ass Andres Iniesta. Dagegen kurierten Carles Puyol und Gabriel Milito ihre Blessuren gerade rechtzeitig aus.

Die Erzrivalen treffen zum dritten Mal im Halbfinale des Europacups der Landesmeister bzw. der Champions League aufeinander. Bei den spanischen Duellen in den Jahren 1960 und 2002 zog beide Male Real ins Endspiel ein. Der FC Barcelona kann für sich in Anspruch nehmen, der erste Club in der Geschichte des Europapokals gewesen zu sein, der Real aus dem Rennen warf: In der Saison 1960/61 schaltete Barça im Achtelfinale die legendäre Elf um Alfredo di Stéfano und Ferenc Puskas aus, die die ersten fünf Europacups der Landesmeister nach der Schaffung des Wettbewerbs gewonnen hatte. (sid/dpa)