Die OK-Präsidentin der Frauen-WM will für ein neues Sommermärchen sorgen. Am Montag erfolgt die Auslosung der Gruppen live im ZDF (19.25 Uhr).

Frankfurt. Da passiert es wieder. Erst zucken die Mundwinkel, ein leichtes Glucksen ist zu hören. Dann lacht sie, laut und anhaltend. Steffi Jones lächelt nicht, sie lacht. Und das häufig, nicht nur an diesem Tag. "Ich bin ein positiv denkender Mensch", sagt sie. Es ist vermutlich vor allem diese Eigenschaft, die sie in den vergangenen drei Jahren angetrieben hat, in ihrem Amt als Präsidentin des Organisationskomitees der Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland.

Auch heute Abend wird sie es zeigen, ihr Lachen, das es schwer macht, sie nicht zu mögen. In Frankfurt findet die Gruppenauslosung der WM statt. Oliver Kahn hat sich als Lospate angekündigt, Franz Beckenbauer kommt ebenfalls. Der Kaiser und seine Kaiserin, auf einer Bühne. Seit dem Tag der Amtsübernahme ist da dieser Vergleich. Nervt das? "Nein. Ich nehme es als Kompliment", sagt Steffi Jones. Wobei es nach der WM heißen sollte: Unsere Steffi hat einen tollen Job gemacht, gemeinsam mit ihrem Team.

Die ehemalige Nationalspielerin investiert derzeit viel in eine erfolgreiche WM. Und dochbleibt es ein Kampf. Der Frauenfußball ist harten Vergleichen ausgesetzt. "Beim Hockey oder Handball fragt niemand, wie die Frauen gegen eine Männermannschaft bestehen würden", sagt die 37-Jährige. Sie hält nichts von erzwungener Gleichberechtigung. Die WM 2006, das oft zitierte Sommermärchen, das war einmalig. "Wir wollen auch ein tolles Fußballereignis, aber keine Kopie. Wir wollen unsere eigene Geschichte schreiben." Man müsse das realistisch sehen - und da helfen Vergleiche nicht. Mit einer Ausnahme: erfolgreichen Auftritten auf der internationalen Fußballbühne.

Zweimal in Folge wurden die Frauen Weltmeister, nun wollen sie im eigenen Land den Titel verteidigen. Steffi Jones wünscht es den Spielerinnen - und dem Frauenfußball im Allgemeinen. Die WM biete die Chance, aus dem Schatten hervorzutreten. "Die wollen wir nutzen." Der Druck ist also da, für die Mannschaft wie für die OK-Präsidentin. Angst vor einem Scheitern hat sie nicht. "Ich drücke mich nicht vor Verantwortung", sagt die Frankfurterin. Das war noch nie ihre Art. Nicht im Büro, nicht auf dem Platz.

Steffi Jones musste häufig für sich und andere eintreten. Im Kindergarten wollte sie mit den Jungs Fußball spielen. Sie trug die Haare kurz und interessierte sich nicht für Puppen und Pferde. "Ich fand es ungerecht, dass die Jungs einfach so kicken konnten, ich als Mädchen aber eher schief angeguckt wurde", sagt sie. "Deshalb gab es damals schon Situationen, in denen ich lieber ein Junge gewesen wäre." Zunächst lachte man sie aus, hänselte sie wegen ihrer Hautfarbe - ihr Vater ist US-Soldat, die Mutter Deutsche. Doch sie blieb hartnäckig. In der Schule war sie bereits Spielführerin beim SV Bonames, dem Verein des Stadtteils im Nordosten von Frankfurt. Ein Bezirk, in dem es viele Probleme und nur wenig Alternativen gibt. Der Fußball war ihr Auffangbecken, sagt sie heute.

Ihr Selbstvertrauen wuchs mit jeder Trainingseinheit. Steffi Jones hatte sich durchgesetzt - auch gegen ihre Mutter. "Sie wollte ein Mädchen, aber ich wollte Fußball spielen und keine Kleider tragen." Zu den Spielen begleitete sie ihre Tochter trotzdem regelmäßig, entwickelte sich zu ihrem größten Fan. Anfangs übertrieb sie es mit ihrer Leidenschaft. In einer Partie grätschte eine Gegenspielerin Steffi Jones in die Beine. "Da lief meine Mutter mit einem Regenschirm auf den Platz und drohte dem Mädchen", erzählt sie.

Der Vater stand nie am Spielfeldrand. Er verließ die Familie, als sie vier Jahre alt war. Ihre Mutter musste sie und ihre Brüder allein versorgen. Steffi Jones ist bis heute enttäuscht. "Er ist mein Erzeuger, mehr nicht", sagt sie. Sie lebe ihr Leben ohne ihren Vater, und das schon immer. Einmal möchte sie ihn noch sehen. Bevor er stirbt. "Weil ich vergeben kann, nicht weil er ein guter Mensch ist."

Es ist diese Willensstärke, die Steffi Jones dahin trägt, wo sie heute ist. Über die Stationen 1. FFC Frankfurt und Nationalmannschaft hin zur Präsidentin eines Fifa-Komitees. Natürlich sei sie stolz auf das Erreichte, in erster Linie jedoch dankbar. Denn sie weiß, dass es anders hätte laufen können. Sie sieht es an den Schicksalen ihrer Brüder: Der eine wird im Irak-Krieg schwer verletzt, verliert beide Beine. Der andere rutscht ins Drogenmilieu ab. Steffi, die kleine Schwester, übernimmt Verantwortung. Mal wieder. Woher diese Kraft kommt? Sie zuckt mit den Schultern. Sie versuche einfach, anderen zu helfen. "Dazu hat der Fußball beigetragen - und meine Mutter." Ist sie gläubig? "Nicht in dem Sinne, dass ich täglich bete. Aber ich denke, es gibt einen Gott, der mich und meine Familie beschützt."

Diese Überzeugung helfe ihr, die Dinge positiv zu sehen. So mag man kaum daran zweifeln, dass die WM ein Erfolg wird, wenn sie von den Spielen in Leverkusen, Frankfurt oder Augsburg spricht. Euphorisch, aber nicht ohne die Realität aus dem Blick zu verlieren. Der Frauenfußball ist auf einem guten Weg, die Ausbildung in Vereinen sei für Mädchen fast bundesweit möglich. "Darauf dürfen wir uns nicht ausruhen." Dafür wird sie beim DFB zukünftig mit verantwortlich sein. Sie übernimmt im September 2011 die Leitung einer neuen Frauenfußball-Direktion. Jetzt aber zähle nur die WM. "Dann mache ich mir über alles andere Gedanken." Pläne hat sie viele. Vielleicht gründet sie noch eine Familie. "Oder ich mache einen Kindergarten auf", sagt Steffi Jones. Ihre Mundwinkel zucken verdächtig.