1970 wurde der DFB mit dem 1:0 gegen Uruguay Dritter - Torschütze Wolfgang Overath erinnert sich

Hamburg. Natürlich kann er die Enttäuschung nachvollziehen. Wer Wolfgang Overath einmal im Einsatz für diverse Traditionsmannschaften erlebt hat, weiß, dass der 66 Jahre alte Präsident des 1. FC Köln bis heute das geblieben ist, was ihn in den 60er- und 70er-Jahren berühmt gemacht hat. Overath denkt wie ein Spieler, sein Ehrgeiz ist ungestillt. Und so löst die Frage, wie man sich nach dem Ausscheiden im WM-Halbfinale für das Spiel um den dritten Platz noch motivieren könne, beim 81-fachen Nationalspieler (17 Tore) pures Unverständnis aus. "Wenn man schon zu den vier besten Nationen im populärsten, meist beachteten und schönsten Sport der Welt gehört, sollte es ein großer Ansporn sein, die Chance auf den dritten Platz beim Schopfe zu packen", so Overath ganz Sportsmann.

Der Mittelfeldspieler weiß, wovon er spricht. 1970, bei der Weltmeisterschaft in Mexiko, war er mit der deutschen Nationalmannschaft in einem kräftezehrenden Halbfinale mit 3:4 nach Verlängerung unglücklich gegen Italien ausgeschieden. Das anschließende Spiel um Platz drei gewann die DFB-Elf dennoch mit 1:0. Wie am Sonnabend hieß auch vor 40 Jahren der Gegner Uruguay. Torschütze: Wolfgang Overath. "Gerd Müller hatte den Ball zurückgelegt, ich schoss ihn ins Tor. So einfach war das", erinnert er sich. "Motivationsprobleme hatten wir jedenfalls keine. Obwohl es uns viel härter getroffen hatte als unsere Jungs gegen Spanien. Unser Spiel stand die gesamte Spielzeit auf des Messers Schneide. Wir begegneten uns auf Augenhöhe. Dieses Jahrhundertspiel zu verlieren war brutal und wirklich hart, einfach furchtbar. Aber je näher das Uruguay-Spiel kam, desto größer wurde die Vorfreude."

Positives Denken, so Overath, sei auch nun im deutschen Lager gefragt. "Die Jungs sollten sich jetzt einfach sagen: Kommt, wir zeigen den Urus mal, was wir draufhaben, und werden Dritter. So haben wir das 1970 auch gemacht. Und es geht ja auch noch mal um etwas." Der Kölner befürchtet, dass sich die positive Stimmung bei dieser Endrunde mit zwei abschließenden Niederlagen verkehren könne. "Es war eine tolle WM, und so sollten wir sie auch in Erinnerung behalten. Aber das wird schwer fallen, wenn man jetzt verliert."

Dass in diesem Spiel auch traditionell Spieler aus der zweiten Reihe eingesetzt werden, spielt die Bedeutung für Overath nicht herunter. "Bei einer WM ist jedes Spiel eine große Bühne. Und ein Spiel um Platz drei sowieso. Wir sollten es als das verstehen, was es ist: ein kleines Finale. Die Partie ist eine große Chance für jeden Spieler zu zeigen, was er kann. Soviel sollte man erwarten dürfen."

Damals, 1970 in Mexiko-Stadt, hatte Nationaltrainer Helmut Schön die Startelf auch auf einigen Positionen verändert, tragende Säulen wie Uwe Seeler oder Gerd Müller aber im Team belassen. Auch Overath durfte erneut als Spielmacher ran, blieb die gesamten 90 Minuten auf dem Platz. "Und das war auch gut so. Ich wäre tierisch sauer gewesen, wenn der Schön gesagt hätte, dass ich draußen bleiben muss", sagt Overath und verzichtet auch 40 Jahre danach noch auf ein relativierendes Lachen. Es ist der Ehrgeiz, der ihn treibt. Eine Eigenschaft, die am Sonnabend entscheidend sein könnte.