Jungnationalspieler Thomas Müller (FC Bayern) vom Ammersee besticht nicht nur mit Vorlagen und Toren, sondern auch mit seinem Humor.

Bloemfontein/Erasmia. In der 2500-Seelen-Gemeinde Pähl in Oberbayern ging nichts mehr. Bürgermeister Klaus Pfeiffer war außer sich vor Freude. Über seinen berühmtesten Bewohner Thomas Müller, 20, sagte er, wie toll es sei, dass "dieser Komet am Fußballhimmel aufgegangen" sei. Am Ammersee hatten Mutter Klaudia, Vater Gerd und auch der Bruder Simon Tränen in den Augen, als der "Man of the Match" (Mann des Spiels) über das Fernsehen die Großeltern grüßte. Eine herzliche Geste, die eigentlich bei TV-Mitarbeitern nicht gern gesehen wird. Doch selbst danach waren noch nicht alle Grußaufträge abgearbeitet. Später schickte Müller sogar noch eine privat erstellte Videobotschaft an seine größten Fans in der bayerischen Heimat.

Einsam fühlen muss sich Müller allerdings nicht in der Einöde vor den Toren Pretorias. Seine Ehefrau Lisa Müller, ebenfalls 20 Jahre jung, reiste vor einigen Tagen zu ihrem Mann nach Südafrika und verfolgte die großen Taten ihres Mannes in Bloemfontein auf der Tribüne. Über die letzte Ansage Joachim Löws nach dem England-Spiel freute sie sich besonders: Der Bundestrainer gab den Spielern von Montag, 16 Uhr bis Dienstagnacht um 23 Uhr frei. So kann auch der Bayern-Profi, der mit seinen starken und unbekümmerten Auftritten die Fußballwelt in Erstaunen versetzt, einmal durchatmen und loslassen vor den nächsten Aufgaben.



"Ich liebe seinen Humor, mit Thomas kann man den ganzen Tag lachen", bestätigt Frau Müller in einem "Welt"-Gespräch den Eindruck, den der Stürmer nicht nur auf dem Platz vermittelt. Bestes Beispiel war die offizielle Pressekonferenz nach dem 4:1-Sieg gegen England, als Müller mit durchgeschwitztem Trikot, schmutzigen Stutzen und Fußballschuhen vor der Weltpresse erschienen war und auch dort seine Schlagfertigkeit unter Beweis stellte. Als sich sein Mikrofon nach einiger Zeit absenkte, stellte der Bayer fest: "Meine Güte, ich muss ja wirklich stinken ..."

Gut möglich, dass Müller bald nicht nur den Titel des besten Spielers einer Partie verliehen bekommt. Nach seinen ersten Auftritten hat er beste Chancen, vom Weltverband zum besten Nachwuchsspieler dieses Turniers gewählt zu werden. Sein "vorbelasteter" Name entpuppt sich gerade bei der internationalen Aufmerksamkeit als zusätzlicher Beschleuniger. "Trauriges England wird von Deutschland vermüllert", titelte beispielsweise die englische Tageszeitung "Evening Standard". Eine für die Engländer schmerzhafte Erinnerung an die WM 1970, als der frühere Münchner Torjäger Gerd Müller im Viertelfinale zum 3:2 nach Verlängerung traf. Im Grunde ähnelt Thomas Müllers Spielstil dabei gar nicht dem seines Namensvetters. Der Rasen ist seine Spielwiese, wie ein Raubtier wandert er teilweise unbeobachtet durch die Räume auf seinem Beutezug, um dann plötzlich aus der Unsichtbarkeit heraus loszulegen.

Für Thomas Müller scheint die Verknüpfung mit seinem berühmten Vorgänger, der mit 68 Toren in 62 Länderspielen noch immer der erfolgreichste deutsche Stürmer ist, sowieso keinerlei Belastung zu sein. "Er hat noch nicht den Schädel, sich darüber Gedanken zu machen", beschrieb Miroslav Klose seinen Klubkollegen, der trotz eines "wahnsinnigen Glücksgefühls" völlig gelassen angesichts der Lobeshymnen blieb: "Das nützt mir alles nichts, wenn wir im Viertelfinale gegen Argentinien ausscheiden." Ob er denn überhaupt keinen Respekt am Ende seines ersten Profijahres vor den großen Namen habe? "Es nutzt ja nichts, wenn du den Lampard anschaust wie einen Gott."

In Pähl laufen, egal, was noch im Verlauf des Turniers passieren mag, jedenfalls schon die Planungen für das Wiedersehen. "Wir würden ihn gerne mit unserer wirklich guten Trachtenkapelle möglichst schon am Flughafen abholen", kündigte Bürgermeister Klaus Pfeiffer an.