Bei England strahlten bisher nur die Torhüter Gefahr aus. Gegen Deutschland hofft das Team von Fabio Capello auf Wayne Rooney und fürchtet ein Elfmeterschießen

Hamburg. 1:1 gegen die USA, 0:0 gegen Algerien und ein 1:0-Sieg gegen Slowenien. England konnte seiner Rolle als Mitfavorit bislang nicht mal annähernd gerecht werden. Eine Formschwäche, die vor dem brisanten Duell gegen Deutschland aber nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Die Nummer acht der Weltrangliste fürchtet - wie immer ab der K.-o-Runde - ein Elfmeterschießen.

Der Trainer: 129 Jahre lang setzten die Engländer auf einheimische Trainer. Fabio Capello ist erst der zweite ausländische Coach bei der FA. Der Italiener ist einer der renommiertesten Trainer seiner Zeit und gilt als gewiefter, defensiv orientierter Taktiker. Mit seinen 64 Jahren verfügt der Ex-Profi, der erfolgreich den AC Mailand, Juventus Turin und Real Madrid trainierte, zudem über ein Höchstmaß an Erfahrung. Im Dezember 2007 verwirklichte er sich mit dem aktuellen Engagement seinen Lebenstraum. Da die WM-Qualifikation einem einzigen Triumphzug glich und vorzeitig gelang, stieg die Euphorie um Team und Trainer. Capello, so der Tenor, habe die stets hoch gehandelten Engländer nun auch die nötige Effizienz gelehrt. Aufgrund der schwachen Vorrunde schlug die Stimmung allerdings nicht nur im Land um. Führungsspieler John Terry kritisierte die strikten Vorgaben des Disziplinfanatikers, und Angreifer Wayne Rooney beschwerte sich über die monotonen Tagesabläufe: "Frühstück, Training, Mittagessen, Zimmer, Dinner, Bett."

Der Star: Rooney galt als Anwärter für den Titel des WM-Superstars. Für Manchester United erzielte er in der abgelaufenen Saison 26 Tore, die englischen Hoffnungen lasten komplett auf den Schultern des bulligen Angreifers. Capellos System funktionierte bislang auch deshalb nicht, da nur 50 Prozent der Vorgabe umgesetzt wurden: Hinten dichthalten, und vorne trifft Rooney. Der 24-Jährige ist noch ohne Treffer.

Die Stärken: Nach dem Ausfall von Abwehrchef Rio Ferdinand verfügt Capello vor allem in der defensiven Mittelfeldzentrale über herausragende Akteure: Frank Lampard (FC Chelsea), Kapitän Steven Gerrard (FC Liverpool) und Gareth Barry (Manchester City). Gerrard agiert vermehrt auf der linken Seite und macht die Mannschaft dank seiner Übersicht und Zweikampfstärke so noch kompakter und abwehrstärker.

Die Schwächen: Tradition verpflichtet. Dass die Engländer keine Torhüter haben, bewies Robert Green gleich im ersten Spiel, als er gegen die USA böse patzte. Nachfolger David James strahlt ebenfalls jene Torgefahr aus, die den Three Lions beim Elfmeterschießen regelmäßig abgeht. 1990, 1998 und 2006 schieden die Briten ebenso vom Punkt aus wie bei der EM 1996 und 2004. 1990 und 1996 übrigens gegen Deutschland. Stürmerlegende Gary Lineker brachte den Komplex einst auf den Punkt: "Fußball ist einfaches Spiel. 22 Männer jagen 90 Minuten einem Ball nach, und am Ende gewinnen die Deutschen."

Die WM-Bilanz: Gegen Deutschland ging es stets knapp zu. 1966 siegte England auf heimischem Boden im legendären Wembley-Finale mit 4:2 nach Verlängerung. 1970 in Mexiko war das Viertelfinale ebenfalls erst nach 120 Minuten entschieden: Deutschland gewann 3:2. 1982 in Spanien trennten sich beide Mannschaften in der 2. Finalrunde torlos. 1990 zog die DFB-Elf mit 5:4 nach Elfmeterschießen ins Finale von Rom ein und wurde Weltmeister. Nimmt man alle 31 Länderspiele zwischen beiden Verbänden, spricht die Statistik für England: 15 Siege, sechs Unentschieden, zehn Niederlagen.