Zum sechsten Mal erleidet eine englische Nationalelf bei großen Turnieren Elfer-K.o.

Kiew. Die verfluchten, verflixten, verdammten Elfmeter! Nach dem erneuten Versagen vom verhassten Kreidepunkt hadert England wieder mal mit seinem Schicksal. Sie waren es doch, die den Fußball erfunden haben, natürlich ohne Elfmeterschießen, das hat ein Deutscher erfunden. Und in "dieser komplett anderen Sportart" (Teammanager Roy Hodgson) platzten zum sechsten Mal seit 1990 die englischen Träume vom zweiten Titel nach 1966.

Den tapferen "Three Lions" stand nach dem 2:4 gegen Italien die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben. Sie waren in torlosen 120 Minuten zwar gnadenlos unterlegen gewesen, dennoch stand Steven Gerrard nach dem Drama im EM-Viertelfinale entgeistert auf dem Platz und kämpfte mit denTränen: "Wieder fahren wir mit gebrochenem Herzen nach Hause."

Die 10 000 englischen Fans fluchten beim Verlassen des Stadions lauthals über die "bloody penalties", und auch in den Medien gab es am Montag nur ein Thema: die "Schüsse von der Strafstoßmarke zur Siegerermittlung", erfunden im Jahre 1970 von Karl Wald, einem Friseur aus Bayern.

"Schon wieder müssen wir wegen dieser verflixten Elfmeter nach Hause", schrieb der "Independent": "Die Trainer ändern sich, die Spieler kommen und gehen, aber der ständige Schmerz einer herzzerreißenden Niederlage im Elfmeterschießen bleibt immer derselbe." Die Idee des Elfmeters, 1891 zuerst ausgeheckt von einem Iren, müssen die Jungs im Mutterland des Fußballs ausbaden. Dort, wo "penalty" wörtlich Strafe heißt, wo sie zwar auf Pferderennen und die Hutfarbe der Queen wetten, aber auf solche Zockereieneigentlich keine Lust haben.

Im Trainingslager in Krakau haben die Engländer wieder geübt. Dass auf ihrem Platz zunächst kein Elfmeterpunkt aufgetragen war - eine Ironie am Rande. Aber man trug Selbstsicherheit zur Schau. Schließlich hatte der FC Chelsea im Champions-League-Finale Bayern München im Elfmeterschießen geschlagen. "Aber die spezielle Atmosphäre und Nervenanspannung kann man nicht trainieren", sagte Hodgson.

Nach dem erneuten vorzeitigen Scheitern bei einem großen Turnier will sich Hodgson nun ausgerechnet Deutschland zum Vorbild nehmen. "Schauen Sie, wo das deutsche Team 2006 stand. Sie hatten ein junges Team, das nicht jeder kannte, sie hatten einen neuen Trainer, und sie hatten noch einige erfahrene Spieler", sagte der 64-Jährige. " Jeder hat gesehen, was sich daraus entwickelt hat. Daran müssen wir uns orientieren."

England im Elfmeterschießen: 1990 WM Deutschland (Halbfinale) 3:4; 1996 EM Spanien (Viertelfinale) 4:2; 1996 EM Deutschland (Halbfinale) 5:6; 1998 WM Argentinien (Achtelfinale) 3:4; 2004 EM Portugal (Viertelfinale) 5:6; 2006 WM Portugal (Viertelfinale) 1:3; 2012 EM Italien (Viertelfinale) 2:4.