Bayern München kann nach dem 2:0 im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League bei Olympique Marseille für das Giganten-Halbfinale gegen Real Madrid planen - darüber gesprochen wurde aber nicht.

Marseille. Ein 2:0 bei Olympique Marseille in einem Viertelfinal-Hinspiel der Champions League sieht auf den ersten Blick beeindruckend aus. Das ist es auch, wenn man nur das Ergebnis betrachtet. Der Halbfinal-Einzug von Bayern München ist nur noch Formsache, auch wenn Verantwortliche und Spieler noch nicht über ein mögliches Giganten-Duell mit Real Madrid reden wollten. Erst müsse das Rückspiel gegen Marseille abgewartet werden, hieß es.

Dies mag von einem gewissen Respekt für Marseille zeugen, ist aber vor dem Hintergrund, dass die Bayern zuletzt ihrem großen Bundesliga-Konkurrenten Borussia Dortmund im Titelkampf ein „Super-Understatement“ vorgeworfen hatten, leicht verwunderlich. Die diesmal vornehme Zurückhaltung der Bayern, die normalerweise das „Mia san mia“ in Perfektion leben, muss man deshalb wohl nicht verstehen.

Vielleicht liegt sie aber auch darin begründet, dass der Auftritt gegen Olympique (noch) nicht halbfinalreif war. Ein Neuer, ein Gomez, ein Badstuber und ein Robben werden gegen Real nicht ausreichen, um sich den großen Traum vom Champions-League-Sieg im eigenen Stadion zu erfüllen. Schon gar nicht in einem möglichen Finale gegen Barcelona.

Obowhl niemand Kritik üben wollte (auch nicht am blutleeren Auftritt von Rückkehrer Franck Ribery): Gegen Real und Barcelona wird eine Leistung wie in Marseille nicht genügen. Selbst in der Liga dürfte sie zu wenig sein, um Dortmund noch einmal ernsthaft gefährden zu können.

In den letzten Wochen haben die Bayern nach einem Stotterstart ins Jahr 2012 den Umschwung eingeleitet und eine Krise erst einmal abgewendet, doch die großen Herausforderungen im Kampf um drei Titel kommen erst jetzt. Ein 7:1 gegen Hoffenheim oder ein 7:0 gegen Basel sind schon wieder Vergangenheit...

Rummenigge: "Ihr könnt leider nicht feiern"

Bei Jakobsmuscheln und Wolfsbarsch war nicht nur Karl-Heinz Rummenigge in Champagner-Laune - doch das „M-Wort“ war ausnahmsweise auch bei Bayern München mal tabu. Nach dem souveränen 2:0 (1:0) im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League bei Olympique Marseille ist das Giganten-Duell mit Real Madrid zwar nur noch Formsache, über das Halbfinale gegen die „Königlichen“ wollte beim Mitternachtsbankett im noblen Pullmann-Palm-Beach-Hotel aber dennoch niemand reden.

„Wir haben noch 90 Minuten gegen Marseille vor uns. Da ist es viel zu früh, schon jetzt über das Halbfinale und Madrid zu sprechen. Das hat nichts mit Zweifeln zu tun, sondern mit Respekt für den Gegner. Zu einem Viertelfinale gehören immer noch zwei Spiele, dann wird abgerechnet“, sagte Trainer Jupp Heynckes vor dem Rückspiel gegen Olympique am kommenden Dienstag (20.45 Uhr/Sky und Sat.1) und wiegelte alle Nachfragen zu seinem Ex-Klub Real, mit dem er 1998 die Königsklasse gewonnen hatte, mit Bestimmtheit ab.

Auch seine Stars waren trotz der komfortablen Ausgangslage nicht gewillt, sich schon jetzt mit M(adrid) zu beschäftigen. „Das wäre ein Fehler. Wir dürfen nicht an Madrid denken“, sagte Rückkehrer Franck Ribery, dem die Fans von „OM“ in Stade Velodrome einen ausgesprochen unfreundlichen Empfang bereitet hatten.

Der erneut starke Torwart Manuel Neuer, laut Heynckes „der Garant für Zu-Null-Spiele“, versprach ebenfalls, „dass wir nicht Larifari mit dieser Situation umgehen. Wir sind noch nicht im Halbfinale.“ Dass im Viertelfinale der Königsklasse noch etwas schief gehen könnte, glaubt bei den Bayern trotz aller Zurückhaltung aber niemand ernsthaft. Zumal die Bayern bisher in 21 von 22 Fällen bei einem Auswärtssieg im Europapokal auch die nächste Runde erreichten.

Entsprechend optimistisch schätzte deshalb auch Vorstandschef Rummenigge bei seiner Bankettrede die Lage ein. „Wenn wir früher auswärts im Europapokal 2:0 gewonnen haben, ist der Champagner in Strömen geflossen“, sagte er bestens gelaunt und sprach der Mannschaft trotz einer glanzlosen Leistung ein „Riesenkompliment“ aus: „Wir haben den Abend genossen.“

Weniger Genuss gönnte Rummenigge seinen Stars. „Liebe Spieler, ihr könnt leider nicht feiern, ihr habt jetzt schwere Spiele im Drei-Tages-Rhythmus. Es ist noch sehr viel Arbeit. Am Ende, wenn das alles vorbei ist, können wir dann hoffentlich feiern.“

Auch Sportdirektor Christian Nerlinger dachte bereits an die kommenden Aufgaben, angefangen am Samstag im bayerisch-fränkischen Derby beim 1. FC Nürnberg. „Wir müssen jetzt vier, fünf Wochen an unsere Grenzen gehen. Das wird mental und körperlich eine Herausforderung. Wir sind in allen Wettbewerben auf der Zielgeraden, die Mannschaft ist topmotiviert“, sagte er.

Dass das 2:0 gegen Marseille aber „keine spielerische Glanzleistung war“, entging auch Nerlinger nicht. Mario Gomez (44.) mit seinem elften Tor im laufenden Wettbewerb und Arjen Robben (69.) übertünchten einen äußerst farblosen Auftritt der Bayern.

Vor allem Ribery, der bei jedem Ballkontakt gnadenlos ausgepfiffen wurde, wirkte an alter Wirkungsstätte seltsam gehemmt, auch wenn Heynckes und Nerlinger eine „souveräne Leistung“ des kleinen Franzosen („Die Pfiffe sind mir egal“) gesehen haben wollen.

Zu bemängeln hatte Heynckes dann aber doch etwas, nämlich fünf Gelbe Karten gegen sein Team. Dabei kommt gerade die Verwarnung für den wiedergenesenen Bastian Schweinsteiger den Bayern eher gelegen, da der Nationalspieler nun zwar gegen Marseille gesperrt ist, im Halbfinale aber dabei sein könnte.

Dennoch war Heynckes bemüht, glaubhaft zu versichern, „dass dies völlig unnötig war“. Schweinsteiger sei gerade erst von einer Verletzung genesen, „er braucht Spielpraxis“. Auch Schweinsteiger selbst „ärgerte“ dies angeblich. Nach wochenlanger Verletzungspause und nur zwei Kurzeinsätzen seit Anfang Februar wäre es „gut gewesen, zu spielen“.

Immerhin konnte der Mittelfeldchef der Münchner nach seiner Einwechslung in der 70. Minute vermelden, „dass ich ein sehr gutes Gefühl und keine Schmerzen habe. Ich bin zwar noch nicht bei 100 Prozent, aber es ist wieder alles okay“, sagte er, wollte seine Rolle beim FC Bayern aber auch nicht überbewertet wissen: „Die Mannschaft funktioniert auch ohne mich. Das ist das Entscheidende.“