Mark van Bommel, Kapitän der Niederlande, spricht über Titelfavoriten und erklärt, weshalb Deutschland durch den Ausfall von Ballack noch stärker ist

Johannesburg. Mit dem FC Bayern München gewann Mark van Bommel in diesem Sommer die deutsche Meisterschaft sowie den DFB-Pokal. Nun träumt der 33-Jährige davon, die Saison durch den Gewinn des WM-Titels zu veredeln. Im Abendblatt spricht der niederländische Kapitän über den Vorteil der Außenseiterrolle, einen möglichen Ausfall von Arjen Robben für sein Auftaktspiel heute (13.30 Uhr/ARD) in Johannesburg gegen Dänemark und ein mögliches Duell mit dem deutschen Team.

Abendblatt:

Herr van Bommel, jeder Experte wird in diesen Tagen um seinen WM-Tipp gebeten. Und kaum einer hat die Niederlande auf dem Zettel. Ärgert Sie das?

Mark van Bommel:

Nein, das ist doch gut so. Es stört uns nicht, dass alle nur auf Brasilien, Argentinien oder Spanien setzen. Das sehe ich im Übrigen genauso. Über uns muss niemand sprechen.

Weil die niederländischen Teams ihr Potenzial in einem Turnier ohnehin nicht abrufen können?

Weil es einfach besser ist, die Ziele intern zu formulieren und sich darauf einzuschwören. Wir haben in der Testphase richtig gute Ergebnisse erzielt, wissen jedoch, dass das keine Garantie darauf ist, entsprechend in das Turnier zu starten. Aber die Stimmung ist hervorragend, ebenso wie die Bedingungen in unserem Quartier. Mein Gefühl sagt mir: Wir sind bereit.

Zum Auftakt treffen Sie zunächst auf Dänemark. Wie schätzen Sie die Skandinavier ein?

Die Dänen haben sich in der Qualifikation recht souverän durchgesetzt. Das war sicherlich kein Zufall. Wir treffen auf einen Gegner, der in der Defensive sehr gut organisiert auftritt und in der Lage ist, im Spiel nach vorn schnell umzuschalten. Wir dürfen nicht ins offene Messer laufen.

Halten Sie Dänemark für den härtesten Prüfstein in der Gruppe?

Ich denke, dass uns drei schwere Herausforderungen bevorstehen. Kamerun ist immer stark, durch den Heimvorteil in Afrika erst recht. Und sie haben mit Samuel Eto'o einen überragenden Stürmer in ihren Reihen. Die Japaner haben wir in der Vorbereitung geschlagen, aber da haben sie ganz sicher nicht alles abgerufen.

Arjen Robben ist am Sonnabend in Johannesburg eingetroffen, Trainer Bert van Marwijk ließ aber offen, ob er ihn auch schon gleich gegen Dänemark einsetzen wird. Wie schwer würde sein Ausfall wiegen?

Wenn Robben nicht dabei sein sollte, dann ist das eben so, dann müssen wir das kompensieren. Wir haben einen starken Kader. Jeder will sich beweisen.

Nervt Sie der ganze Rummel, der um Robben gemacht wird?

Nein, damit müssen wir umgehen. Robben ist ein fantastischer Spieler mit unglaublich viel Qualität. Jeder Trainer wäre froh, ihn zu haben. Jedes Team würde so einen Mann vermissen. Natürlich würde er uns fehlen, und wir alle hoffen, dass er möglichst bald zur Verfügung steht. Vielleicht ja schon gegen Dänemark.

Sie zählen Brasilien, Argentinien und Spanien zu den Favoriten. Was trauen Sie der deutschen Mannschaft bei dieser WM zu?

Ich schätze sie sehr stark ein ...

... trotz des Ausfalls von Kapitän Michael Ballack?

Sogar gerade, weil Ballack verletzt ist. Glauben Sie mir, die anderen Jungs werden mit aller Macht beweisen wollen, auch ohne ihren Kapitän erfolgreich sein zu können. Das ist ein Anreiz.

Also kann Deutschland Ihrer Meinung nach den Titel holen?

Absolut. Die Deutschen spielen nicht immer schön, aber darauf kommt es am Ende ja auch nicht an. Man muss sie immer auf der Rechnung haben, sie sind für jeden Gegner gefährlich.

Im Aufgebot der DFB-Elf stehen sieben Profis des FC Bayern München. Hatten Sie seit der Ankunft in Südafrika schon Kontakt zu Ihren deutschen Vereinskollegen?

Nein, bisher nicht. Während eines Turniers konzentriert sich jeder auf seinen Job. Aber ich hoffe für meine Freunde, dass sie weit kommen - und sich unsere Wege irgendwann kreuzen.