Bye-bye: Der FC Chelsea London verlängert den Vertrag mit dem verletzten deutschen Nationalspieler nicht

Erasmia/London. Joachim Löw ist in diesen Tagen aus nachvollziehbaren Gründen ein viel beschäftigter Mann. Um die letzten Tage der WM-Vorbereitung ungestört durchführen zu können, kann es schon mal vorkommen, dass der Bundestrainer sein Handy den ganzen Tag und Abend ausgeschaltet lässt. So stellte Löw erst Dienstagnacht eine halbe Stunde vor Mitternacht fest, dass ihn Michael Ballack vergeblich versucht hatte zu erreichen. Weil er sich vorgenommen hatte, den Kapitän der Nationalmannschaft a. D. erst am nächsten Tag zurückzurufen, erfuhr Löw die Nachricht verspätet: Der FC Chelsea verlängert den Vertrag mit dem 33-Jährigen nicht.

"Ich weiß aus Gesprächen auf Sizilien mit ihm, dass er gerne in London geblieben wäre", reagierte Löw mit Mitgefühl. "Aber er kann sicher noch zwei, drei Jahre auf hohem Niveau spielen und hatte schon vor Wochen konkrete Angebote aus verschiedenen Ligen." Ballack, der derzeit in Florida seine beim Ligapokalfinale gegen Portsmouth erlittene Bänderverletzung kuriert, sei "völlig überrascht" gewesen, wie sein Berater Michael Becker gegenüber RTL mitteilte. Laut Becker habe seit drei Wochen völlige Funkstille geherrscht. Letztlich scheiterte eine Weiterbeschäftigung offensichtlich an der Laufzeit. Während Ballack bis zur Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine - das Turnier möchte er in jedem Fall noch für die DFB-Auswahl absolvieren - Sicherheit haben wollte, offerierten die Londoner nur einen Einjahreskontrakt.

"Ich kann Chelseas Verantwortliche verstehen", äußerte Franz Beckenbauer Verständnis. "Die Mannschaft ist überaltert, man ist dabei, das Team zu erneuern. Natürlich ist es schade für Michael, er ist ja nicht mehr der Jüngste, das eine oder andere Jahr dort hätte ihm noch gut getan." Zeitgleich mit Ballack erhielt auch Englands Nationalspieler Joe Cole von Klubeigner Roman Abramowitsch den Laufpass.

Da Ballack ablösefrei wechseln kann, begannen gestern unverzüglich die Spekulationen um seine Zukunft. Zuletzt war der torgefährliche Mittelfeldspieler auch bei Real Madrid gehandelt worden, wohin ab der kommenden Saison sein früherer Trainer José Mourinho wechselt. Dem Portugiesen glückte mit Inter Mailand gegen den FC Bayern, was Ballack in seiner Karriere bisher verwehrt blieb: der Gewinn der Champions League. Die Bilanz seiner 168 Einsätze für die "Blues", in denen er 27 Tore erzielte, fällt mit dem Gewinn der Meisterschaft in der Premier League (2010) und drei Pokaltiteln (2007, 2009, 2010) zwar positiv aus, ist aber eben mit dem Verfehlen des von Abramowitsch gesteckten Ziels in der Königsklasse verknüpft. Am nächsten dran am Pott war Ballack mit Chelsea 2008, als er im Finale in Moskau seinen Versuch im Elfmeterschießen gegen Manchester United zwar verwandelte, die Kollegen aber versagten.

Für DFB-Teammanager Oliver Bierhoff ist nun eine Rückkehr in die Bundesliga nicht ausgeschlossen: "Man kann sich alles vorstellen. Natürlich ist es so, dass er mit Bayern München und dem FC Chelsea absolute Topklubs gewöhnt war." Er müsse nun entscheiden zwischen einerseits dem Reiz, im Ausland nochmals neue Erfahrungen zu sammeln oder nach Hause zu kommen in die Bundesliga, die von der Stimmung und Atmosphäre derzeit die beste Liga sei, so Ballack.

Mit Schalke 04, das in der jüngsten Vergangenheit bereits Interesse an einer Verpflichtung gezeigt hatte, wäre allerdings sein letztes Ziel, einen großen internationalen Titel zu gewinnen, wohl kaum realisierbar. Von Werder Bremen gab es vorauseilend schon mal ein Dementi: Sie wollen Ballack nicht aufnehmen.