Titelverteidiger FC Barcelona verpasst trotz 1:0 das Champions-League-Finale, in dem Bayern München ohne Franck Ribéry auskommen muss

Barcelona/Lyon. Nach einer Abwehrschlacht hat Inter Mailand mit Startrainer Jose Mourinho das Finale der Champions League am 22. Mai in Madrid gegen Bayern München erreicht. Die Italiener kamen in einem emotionalen und hektischen Halbfinalrückspiel bei Titelverteidiger FC Barcelona mit 0:1 davon und erreichten nach dem 3:1 vor einer Woche in Mailand erstmals seit 38 Jahren das Endspiel des früheren Landesmeister-Cups.

Für die Katalanen, die sich von den überragend verteidigenden und teilweise überhart spielenden Gästen über weite Strecken den Schneid abkaufen ließen und trotz 76 Prozent Ballbesitz erst zum Spielende hin gefährlich wurden, kam das Tor von Gerard Pique (84.) zu spät. Inter muss im Endspiel auf Thiago Motta verzichten. Der Mittelfeldspieler sah nach einem Schlag gegen den Hals von Pedro Rot (28.) und würgte beim Gang vom Feld auch noch Sergio Busquets. Ihm droht nun eine Sperre für die komplette Champions-League-Hinrunde der nächsten Saison.

In einen schnöden Tagungssaal hatten die Oberen des FC Bayern am Dienstagabend in Lyon zum mitternächtlichen Bankett geladen. Doch nach ausschweifenden Feierlichkeiten stand Louis van Gaal und den Seinen sowieso nicht der Sinn, zu strapaziös waren die Stunden zuvor. Mit 3:0 (Hinspiel 1:0) hatte der FC Bayern das Halbfinalrückspiel der Champions League bei Olympique Lyon gewonnen. Doch nicht nur der bloße Fakt des Endspieleinzugs war es, der den Münchnern eine so beseelte Laune verlieh. "Fußball fast in Vollendung" nannte Uli Hoeneß die 90-minütige Darbietung, die die Frage aufwirft: Wie hat der FC Bayern diese wundersame Metamorphose vollzogen? Von einer Mannschaft, die es in den Wirren des Herbstes zwischenzeitlich nicht mehr in eigener Hand hatte, überhaupt in der Champions League zu überwintern, hin zu einer Mannschaft, die zu den zwei besten Europas zählt?

Rummenigge hatte die Antwort schnell gefunden: "Was den FC Bayern seit Monaten auszeichnet, ist eine große Familie, die sehr eng zusammengerückt ist." Es passte ins Bild, dass die Münchner den Sieg Anatolij Timoschtschuk und seiner mit Zwillingen schwangeren Frau widmeten. Timoschtschuk war in München geblieben. Nach der Partie offenbarte Hoeneß den Grund. Timoschtschuk weile bei seiner Frau im Krankenhaus. "Es ist eine dramatische Geschichte. Die Fruchtblase ist geplatzt, beide Kinder sind in Gefahr."

Es war der einzig nachdenkliche Moment an einem Abend, an dem die Oberen vor allem den Architekten ihres Erfolges würdigten. "Ich muss dem Trainer ein riesiges Kompliment machen. Was diese Mannschaft noch am Ende einer Saison zeigt, ist unglaublich", sagte Hoeneß. Dass die Bayern den Finaleinzug auf den Tag genau ein Jahr nach der Entmachtung Jürgen Klinsmanns vollbracht haben, ist eine Pointe des Zufalls. Van Gaal hat geschafft, was Klinsmann vorhatte. Er hat der Mannschaft eine moderne Philosophie vermittelt. Er hat ihr Struktur gegeben und den Glauben an die eigenen Stärken. Und er hat die Bayern vor allem von ihrer Abhängigkeit von einzelnen Genies befreit. Wo sie ohne Arjen Robben und Franck Ribéry stehen würden, ist hypothetisch, doch sie haben die Gewissheit, dass sie auch ohne sie bestehen können. In Lyon fehlte Ribéry nach seiner Roten Karte aus dem Hinspiel. Auch im Finale muss der Franzose aussetzen. Mit drei Spielen Pause sanktionierte ihn die Uefa.

Gefeierter Held des Abends war der Kroate Ivica Olic, der im vergangenen Sommer vom HSV nach München gewechselt war. Abseits des edlen Fünf-Sterne-Buffets saß der dreifache Torschütze vor einem Teller Spaghetti, las bei einer Cola und einem kleinen Glas Rotwein Dutzende Gratulations-SMS und telefonierte mit seiner Ehefrau Natalie. "Das war der schönste Tag in meinem Leben. Ich habe drei Kinder, sie haben alle das Spiel gesehen, und ich habe für jedes ein Tor geschossen", sagte er.

Durch den Finaleinzug der Bayern übernahm Deutschland in der Uefa-Fünfjahreswertung Rang drei von Italien und könnte ab der Saison 2011/12 vier Champions-League-Starter stellen.