Udo Lattek, 75, früher u. a. beim FC Bayern, bei Borussia Mönchengladbach und dem FC Barcelona, zählt zu den erfolgreichsten Trainern.

1. Der FC Bayern München kann in dieser Saison das Triple gewinnen, also die Deutsche Meisterschaft, den DFB-Pokal und die Champions League. Trauen Sie der Mannschaft diesen historischen Erfolg zu?

Udo Lattek: Ja, die Bayern können es schaffen. Der Kader ist gut genug besetzt. Außerdem werden sie jetzt getragen von einer Welle der Euphorie. Ich habe eine ähnliche Situation 1986 als Bayern-Trainer erlebt. Als wir am letzten Spieltag im Fernduell gegen Werder Bremen Meister wurden, haben alle gedacht, wir würden es im Pokalfinale ruhiger angehen lassen. Stattdessen haben wir Stuttgart 5:2 geschlagen.

2. Nach einem durchwachsenen Saisonstart gab es Kritik an dem neuen Trainer Louis van Gaal. Wie hat er die Wende geschafft?

Wenn ein neuer Trainer kommt, dauert es oft Wochen, bis sich alles einspielt. Das Schlüsselspiel war das Weiterkommen in der Champions League durch den Sieg bei Juventus Turin. Sonst wäre es für van Gaal eng geworden. Ich glaube auch, dass van Gaal lernfähig ist. Am Anfang hat er sehr auf die Distanz zu seiner Mannschaft geachtet. Dann jedoch ist er auf seine Spieler zugegangen.

3. Wie wichtig war die Verpflichtung des Niederländers Arjen Robben für 25 Millionen Euro von Real Madrid?

Unglaublich wichtig. Ich habe zwar gehört, dass es in der Mannschaft Unruhe gab, da Robben alle anderen überstrahlt. Aber er hat in der Bundesliga 14 Treffer erzielt, in der Champions League vier und den 1:0-Siegtreffer im DFB-Pokal-Halbfinale gegen Schalke. Wo wäre Bayern ohne Robbens Tore?

4. Ist es realistisch, dass der FC Bayern international noch einmal so dominant wird wie in den Siebzigern mit drei Erfolgen in Serie im Europapokal der Landesmeister?

Das ist schwierig zu prognostizieren. Die internationale Konkurrenz ist größer geworden. Und es gibt völlig unabhängig von dem Abschneiden in dieser Saison in der Champions League noch immer eine kleine Lücke zu einem Klub wie dem FC Barcelona. Aber die Mannschaft ist auf dem richtigen Weg. Das ist auch an der Entwicklung eines Bastian Schweinsteigers zu sehen, der eine überragende Saison spielt.

5. Warum polarisiert kein deutscher Klub so sehr wie der FC Bayern?

Diesen Neid hat sich dieser Klub über Jahrzehnte erarbeitet. Auch als es am Anfang dieser Saison nicht so gut lief, gab es viel Häme. Dabei ist der Klub ein Glücksfall für den deutschen Fußball. Das Geld, was die Bayern jetzt für Spieler investieren, hat man sich über Jahre erarbeitet. Im Gegensatz zur internationalen Konkurrenz hat der Klub seriös gewirtschaftet, nie über die Verhältnisse gelebt. Er hat jeden Respekt verdient.