In der Partie am Wochenende wird sich auch zeigen, ob Kevin Kuranyi für das Nationalteam besser wäre als Gomez oder Klose.

München. Momentan lässt Kevin Kuranyi (28) ziemlich viel über sich ergehen. Die Liebe der Schalker Fans ist über ihn gekommen, und so strahlt er und macht geduldig mit, wenn er posieren soll. Nach dem Training am Donnerstag etwa warteten etliche Anhänger auf ihn, und für Aufnahmen für das Privatalbum drückten sie ihm gar Kinder in den Arm. Es hatte etwas Heilsbringendes.

Ein Foto mit dem Stürmer steht hoch im Kurs. Kuranyi ist mittlerweile zu einer Art Galionsfigur geworden und die beste Offensivkraft der Bundesliga, auf deren Tore die Schalker auch am heutigen Sonnabend im Spiel gegen den FC Bayern setzen. Es ist nicht nur ein Duell, das aufgrund der Tabellensituation Brisanz gewinnt, das gar zum entscheidenden Saisonspiel hochgejazzt wurde, weil der Tabellenführer Schalke seinem direkten Verfolger mit einem Sieg schon um fünf Punkte enteilt wäre.

Jenes Spiel heute in Gelsenkirchen hat auch auf höherer Ebene Bedeutung, weil mit Kuranyi auf der Schalker Seite der treffsicherste deutsche Stürmer spielt, aber eben auch jener, der in der Nationalmannschaft weiter außen vor ist. Und weil auf der Münchner Seite zwei Nationalspieler stehen, deren Saison wie im Fall von Mario Gomez bislang inkonstant oder wie bei Miroslav Klose äußerst miserabel verläuft.

Klose (31) droht heute wie schon am Dienstag gegen Manchester der Verbleib auf der Bank. Ivica Olic hat ihm in München den Rang abgelaufen. Zwar hielt Trainer Louis van Gaal zuletzt lange an Klose fest, doch zwei Saisontore, eine bemühte, aber unglückliche Spielweise, waren zu wenig Argumente.

Für Klose ist die Situation nicht neu, schon vor Weihnachten war die Bank sein Stammplatz, weil ihn immer wieder Verletzungen zurückwarfen. "Ich lebe von meiner Fitness", pflegt er zu sagen. Die hat er erlangt, doch die Tore bleiben aus. In München schätzen sie ihn dennoch. Er gilt als einer der Wortführer und als einer, der sich in den Dienst der Mannschaft stellt. Auch Bundestrainer Joachim Löw sagt solche Worte, wenn er über Klose spricht. Doch mit den jüngsten Vorstellungen könne er "selbst nicht zufrieden sein", sagt Klose.

Etwas anders ist die Situation bei Gomez (24). Sein erstes Jahr in München ist kein schlechtes: zehn Tore in der Bundesliga und zuletzt nach seiner Wadenverletzung ein beachtliches Kurzcomeback gegen Manchester.

Und Kuranyi? 17 Saisontore hat er bereits auf der Habenseite. Und mit jedem Treffer mehren sich die Argumente für eine Begnadigung durch den Bundestrainer. Kuranyi, das muss ihm und seinem Beraterteam zugestanden werden, macht es äußerst geschickt. Er gibt den Demütigen, betont immer wieder, dass er einen Fehler gemacht habe, als er damals das Stadion während eines Spiels verließ. Er wünscht gar seinen Konkurrenten viel Erfolg. "Ich hoffe für meine Kollegen, dass sie in den kommenden Wochen erfolgreich spielen und Tore schießen, außer wenn es gegen Schalke geht", hat er gesagt. Und dass "sie bei der WM topfit" sein sollen, damit sie so gut wie möglich für Deutschland spielen können.

Solche Sätze kommen an. Die Zahl seiner Befürworter wächst. Mittlerweile scheint es schon zum guten Ton zu gehören, Kuranyis Rückkehr in die DFB-Auswahl zu fordern. Von Franz Beckenbauer über Uwe Seeler bis hin zu ehemaligen Nationalmannschaftskollegen - alle machen sich für ihn stark. Löw hielt sich zuletzt mit Aussagen zu Kuranyi bedeckt. Auf weitere Demonstrationen des Verstoßenen legt er anscheinend auch keinen Wert. Im Schalker Stadion wird Löw jedenfalls nicht sein. Er besucht ein anderes Spiel.